Für „herausragende Kommunikation in der Corona-Pandemie“ hat der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité einen einmaligen Sonderpreis im Rahmen der Communicator-Preisverleihung erhalten. Die Kommunikationswissenschaftlerin Hannah Schmid-Petri erklärt, warum sie diese Auszeichnung für gerechtfertigt hält.
Zu Recht preisgekrönt: Christian Drosten als Vorbild für die Wissenschaftskommunikation
Frau Schmid-Petri, der Virologe Christian Drosten hat einen Sonderpreis im Rahmen des Communicator-Preises erhalten. Wie bewerten Sie seine Art, Wissenschaft zu kommunizieren?
Ich finde auch, dass er sehr gut kommuniziert und zu Recht ausgezeichnet wurde. Es gelingt ihm gut, ein komplexes Problem sehr anschaulich, fundiert, sachlich und transparent zu erklären, ohne Unsicherheiten zu verschweigen. Ebenfalls sehr positiv finde ich, dass er nicht nur seine eigene Forschung präsentiert, sondern einen Überblick über den Forschungsstand insgesamt liefert. Damit gibt er eine wichtige Einordnung und leistet einen sehr zentralen Beitrag zur Kommunikation in der Zeit der Pandemie. Der Preis ist also vollkommen verdient.
Eine weitere wichtige Rolle, die Herr Drosten einnimmt, ist die als Berater der Politik.
Auch das macht er aus meiner Sicht sehr gut. Er zeigt die Grenzen der Wissenschaft auf und stellt ihre Rolle in der Gesellschaft heraus. Hier teile ich seine Sichtweise, dass die Wissenschaft kein demokratisches Mandat hat und keine politischen Entscheidungen treffen kann und sollte, sondern erstmal die faktische Basis erarbeitet. Das herauszustellen ist denke ich sehr wichtig.
Gibt es etwas, was man aus Herrn Drostens Art zu kommunizieren lernen kann – gerade mit Blick auf andere wissenschaftliche Themen, die es zu kommunizieren gilt, wie beispielsweise den Klimawandel?
Was sicherlich an dem Interesse an Drosten deutlich wird, ist die Bedeutung der Personalisierung in solchen Phasen und bei solchen Themen. Das hat man bei Greta Thunberg im Bereich des Klimawandels gesehen und auch Herr Drosten wird als Person ja sehr stark in seiner Rolle aufgebaut. Das hängt vor allem auch mit der Medienlogik zusammen, die eine starke Personalisierung immer bevorzugt. Das hat positive und negative Seiten, aber es ist auf jeden Fall ein Phänomen, was immer wieder auftritt.
Herr Drosten nutzt nicht nur die klassischen Medien, sondern ist beispielsweise auch auf Twitter sehr aktiv. Wie wichtig ist es, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch in diesen Medien aktiv sind?
Ich finde es prinzipiell gut und wichtig, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in sozialen Medien aktiv sind und den Dialog suchen. Man ist in diesen Medien allerdings sehr viel angreifbarer als in einem Zeitungsartikel oder einem Radiointerview und ich denke, diese Erfahrung macht beispielsweise Herr Drosten derzeit auch. Das erleben viele Personen, die sich in die Öffentlichkeit begeben. Ich denke aber trotzdem, dass sich Expertinnen und Experten dort äußern und sich dem Austausch stellen sollten.
Glauben Sie denn, dass die aktuelle Art und Weise zu kommunizieren langfristig etwas an der Wissenschaftskommunikation verändert?
Ich denke und hoffe, dass der Wissenschaftsjournalismus vielleicht davon profitiert. Dessen Bedeutung wird ja derzeit sehr deutlich und vielleicht schlägt sich dies ja in neuen Förderkonzepten wieder. Eine weitere Entwicklung, die ich positiv finde und von der ich denke und hoffe, dass sie anhält, ist, dass derzeit viel Kommunikation über Prozesse und Methoden der Wissenschaft stattfindet. Nur selten zuvor wurde so viel über die Funktionsweise wissenschaftlicher Publikationen oder auch Methoden berichtet wie jetzt gerade. Langfristig kann und wird diese Art der Kommunikation hoffentlich zu einem größeren Verständnis von Wissenschaft in der Bevölkerung und einem größeren Vertrauen in die Wissenschaft führen. Auch denke ich, dass man aus seinem Verständnis des Zusammenspiels von Politik und Wissenschaft etwas für die Zukunft lernen kann. Diesen Diskurs brauchen wir und es gibt auch Menschen, die anderer Meinung sind als Herr Drosten und ich, aber ich finde die Debatte darum sehr wichtig. Insgesamt erfährt die Wissenschaftskommunikation – auch durch die Krise – einen weiteren Aufschwung und dadurch vielleicht auch langfristig noch mehr Anerkennung.