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#Wisskomm nach der Bundestagswahl – das planen die Grünen

Welche Ideen hat die Politik für die Wissenschaftskommunikation in der kommenden Legislaturperiode? Zur Bundestagswahl haben wir die Parteien im Bundestag dazu befragt. Die Antworten auf unsere sechs Fragen von den Grünen im Überblick.

 1) Gibt es einen eigenen Programmpunkt zum Thema Wissenschaftskommunikation und wenn ja, welche Schwerpunkte setzt Ihre Partei dort?

Wissenschaftskommunikation ist gerade durch die Corona-Pandemie ins Zentrum der öffentlichen Diskussion gerückt. Dabei sind zwei Defizite besonders zu Tage getreten: Erstens ist in Deutschland die Wissenschaftskommunikation auf einzelne herausragende Akteur*innen in der Wissenschaft angewiesen. Wissenschaftskommunikation ist häufig wegen mangelnder zeitlicher und finanzieller Ressourcen neben der wissenschaftlichen Arbeit nicht zu bewerkstelligen. Zweitens steht der Journalismus – auch der Wissenschaftsjournalismus unter erhöhtem Druck. Die verschlechterte Finanzlage der Verlage führt zu stark gekürzten Budgets für freie Autor*innen – viele davon Wissenschaftsjournalist*innen. Deswegen haben wir Grüne das Thema als zentralen Aspekt auf unsere wissenschaftspolitische Agenda gesetzt und im Wahlprogramm mit einem eigenen Projekt versehen.

2) Wie kontrovers wird Wissenschaftskommunikation in Ihrer Partei diskutiert? Welche sind hier die wichtigsten Argumente für und wider?

Wir Grüne wollen Wissenschaftler*innen bei Wissenschaftskommunikation besser unterstützen, und sie als Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit etablieren. Dafür wollen wir Förderprogramme für die Wissenschaftskommunikation aufsetzen und die Aus- und Weiterbildung von Wissenschaftler*innen in diesem Bereich fördern. Bei der Unterstützung des Wissenschaftsjournalismus muss geprüft werden, wie eine Fördereinrichtung neuer Kommunikationsprojekte unabhängigen und innovativen Wissenschaftsjournalismus unter Beachtung aller relevanten verfassungsrechtlichen Vorgaben fördern kann. Eine solche Einrichtung könnte dann als Experimentierfeld für neue qualitativ hochwertige wissenschaftskommunikative Formate dienen und damit das Entstehen von neuen Angeboten, insbesondere in der digitalen Kommunikation, ermöglichen.

3) Welche Bedeutung hat in Ihrer Partei der Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft in Zukunft und wollen Sie diesen fördern? Wenn ja, wie?

Partizipative Wissenschaft ist ein sehr wichtiger Bestandteil unserer Wissenschaftspolitik. Wir Grüne möchten transdisziplinäre Forschung, Reallabore, Experimentierräume und Citizen Science Projekte ausweiten und stärken. Darüber hinaus nehmen wir die zahlreichen konstruktiven Impulse aus der Zivilgesellschaft als Chance für die Wissenschaft ernst und wollen auch die Partizipationsmöglichkeiten in der Wissenschaftspolitik ausbauen, beispielsweise durch die Einrichtung eines „Wissenschaftsforum Zivilgesellschaft“ und durch regelmäßigem Austausch zwischen BMBF und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

4) Welche Schlüsse zieht Ihre Partei aus der aktuellen Pandemiesituation in Bezug auf die Wechselwirkungen zwischen Wissenschaft und Politik?

Insbesondere die Pandemie hat gezeigt, dass wir eine institutionalisierte Einbeziehung der Wissenschaft in politische Prozesse brauchen. Deswegen hat unsere grüne Bundestagsfraktion seit Juni 2020 die Einrichtung eines interdisziplinären Pandemierates gefordert. Dieser soll die Politik evidenzbasiert und dynamisch beraten. Im Kontext wissenschaftsgeleiteter Politik wollen wir Grüne wissenschaftliche Expertise frühzeitiger – etwa durch „Gesetzgebungslabore“ – in die Politikentwicklung einbeziehen. Die Politik wiederum hat zur Aufgabe, beste Bedingungen für die Wissenschaft zu schaffen. Wissenschaftler*innen, die Ziel verschwörungsideologischer Anfeindungen, von Hass und Hetze oder menschenfeindlich motivierten Bedrohungen werden, müssen besser geschützt werden. Gemeinsam mit den Wissenschaftsorganisationen wollen wir Gegenstrategien zu wissenschaftsfeindlichen Tendenzen entwickeln und wissenschaftsfeindliche Straftaten systematischer erfassen.

5) Gibt es Ideen, wie die Ergebnisse der #FactoryWisskomm weiter bearbeitet werden sollen?

Ein rasches Handeln beim Thema Wissenschaftskommunikation ist von politischer Seite unabdingbar. Insbesondere die Pandemie hat gezeigt, wie entscheidend es ist, dass Forschungsergebnisse, die kommuniziert werden, auch wahrgenommen und diskutiert werden. Dabei muss die Politik unterstützen und gute Bedingungen schaffen. Deswegen sollten die Ergebnisse der Diskussion in der #FactoryWisskomm ebenfalls rasch in politisches Handeln umgesetzt werden.

6) Welche Rolle spielen in ihren Konzepten Bürgerwissenschaften und wie soll dies gegebenenfalls gefördert werden?

Das große Interesse der Öffentlichkeit an eigenständiger, bürgerwissenschaftlicher Forschung birgt doppelte Chancen: Zum einen für die bessere Nachvollziehbarkeit von wissenschaftlicher Arbeit, zum anderen für die Qualitätsverbesserung von Forschung, indem neue Perspektiven und gesellschaftliche Innovationspotentiale in die Wissenschaft einfließen. Bürgerwissenschaftliche Projekte brauchen eine verlässliche, dauerhafte wissenschaftliche Begleitung sowie Weiterbildungsmöglichkeiten für alle Beteiligten und die dauerhafte, frei zugängliche Bereitstellung der Forschungsergebnisse. Wissenschaftsläden (Science Shops) können als etabliertes und erfolgreiches Format angeführt werden, durch die Wissenschaftler*innen und Bürger*innen dauerhaft in Austausch treten können. Darüber hinaus bieten Bürgerwissenschaften die Chance, Menschen jenseits der akademisch gebildeten Milieus für Wissenschaft zu begeistern. Die Plattform „Bürger schaffen Wissen“ wollen wir Grüne darum ausbauen und weiterentwickeln.

Für diese Reihe haben wir alle Parteien angefragt, die aktuell im Bundestag vertreten sind.


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