Klare Ziele, Fokus auf Kernthemen und regelmäßige Posts: Das sind einige LinkedIn-Tipps von Jasmin Wiefek. Im Gastbeitrag teilt die Psychologin und Transformationsforscherin Erfahrungen, die sie zum Thema Wissenschaftskommunikation auf der Plattform gesammelt hat.
WissKomm auf LinkedIn: Ideen für den Einstieg
Meine Reise in die Welt der Wissenschaftskommunikation auf LinkedIn begann im November 2023. Als Teilnehmerin des Programms „Berlin sucht den Sciencefluencer“ habe ich sechs Monate lang im Schnitt zweimal pro Woche auf LinkedIn einen Beitrag über meine Forschung und Arbeit als Wissenschaftlerin veröffentlicht. Meine Themen sind Nachhaltigkeit, gemeinwohlorientiertes Wirtschaften und Transformation. Das regelmäßige Posten hat mir viel Spaß gemacht, bedeutet aber auch viel Arbeit. Ich möchte meine Erfahrungen teilen, um anderen Wissenschaftler*innen, die LinkedIn aktiv für sich und Wissenschaftskommunikation nutzen möchten, den Einstieg zu erleichtern.
Start mit einem klaren Ziel
Bevor es los geht, sollten die eigenen Absichten geklärt werden: Was möchtest du erreichen? Mögliche Ziele könnten sein:
- Die eigene Forschung bekannter zu machen.
- Den Austausch mit einer bestimmten Gruppe zu suchen oder zu intensivieren.
- Sich für einen Karrierewechsel zu positionieren.
Wer regelmäßig postet, wird als Expert*in für die Themen wahrgenommen, über die er*sie schreibt. Klare Ziele helfen, sich auf die Themen zu konzentrieren, die dazu passen.
Fokus auf zwei bis drei Kernthemen
Wenn man LinkedIn aktiv nutzt, formt man das Bild, das andere von einem haben. Damit andere verstehen, worin die eigene Expertise liegt, kann es hilfreich sein, sich auf wenige Hauptthemen zu beschränken. Meine Tipps:
- Zwei bis drei Themen auswählen, die die eigene Expertise widerspiegeln und für die Zielgruppe relevant sind. Vielleicht lassen sich auch Verbindungen zwischen diesen Themen schaffen?
- „Keep it personal, but not private“. Diesen Tipp habe ich von Irène Kilubi: Interessant sind Inhalte, die einen persönlich betreffen oder interessieren, man muss jedoch nicht privat werden.
- Es fehlt an Inspiration? Ein Tipp von Jamie Gallagher: Eine Fragestellung aus deinem Forschungsfeld googlen und nachschauen, was andere Menschen zu dem Thema für Suchanfragen an Google gestellt haben. Vielleicht findet sich dort einen Aufhänger für einen Post.
Mit einem klaren Fokus positioniert man sich als Expert*in und baut langfristig ein interessiertes und engagiertes Netzwerk auf. Ein klares Ziel im Hinterkopf hilft zudem, die eigene Zielgruppe einzugrenzen und sich auf die Themen zu fokussieren, die für diese Gruppe relevant ist.
WissKomm in einem Post: Einfachheit ist der Schlüssel
Ein LinkedIn-Post ist kein wissenschaftliches Paper. Lange Texte schrecken ab. Daher meine Tipps:
- Pro Post nur ein inhaltlicher Aspekt! Was in einem wissenschaftlichen Paper ein Absatz ist, kann Stoff für drei Posts sein.
- Wichtig sind wirklich kurze Absätze (!) und einfache Erklärungen.
- Emojis können den Text auflockern. Sie machen das Geschriebene aber auch beispielsweise für Menschen, die Screenreader nutzen, schwerer zu lesen. Emojis besser am Ende eines Absatzes platzieren und nicht mittendrin, um den Lesefluss und die Screenreader-Ausgabe zu erleichtern.
Es kann gerade am Anfang schwierig sein, die Balance zwischen einer ansprechenden Länge eines Posts und dem wissenschaftlichen Anspruch zu finden. Man sollte die (Kontext-) Informationen geben, die man unbedingt braucht, um das wissenschaftliche Ergebnis einordnen zu können. Alles Weitere kann gegebenenfalls über die Diskussion in den Kommentaren geklärt werden.
Qualität vor Quantität – aber regelmäßig posten
LinkedIn belohnt Konsistenz. Nur wer regelmäßig postet, kann an Reichweite gewinnen. Doch das ist auch extrem zeitaufwendig. Meine Learnings dazu:
- Lieber einmal pro Woche, alle zwei Wochen oder sogar noch seltener hochwertigen Content posten, statt an der Qualität zu sparen oder sich zu überfordern.
- Statt in einer Woche fünfmal zu posten und dann fünf Wochen gar nicht, empfiehlt es sich, regelmäßig zu posten. Posts vorzuschreiben und ein Content-Management-System anzulegen um die Veröffentlichung zu planen, hilft sich in ruhigeren Zeiten auf stressigere Zeiten vorzubereiten.
- Vorsicht vor KI-generierten Inhalten! Diese können von der KI frei erfunden sein. Wenn man sich von einer KI bei der Erstellung von Content unterstützen lässt, ist immer ein gründlicher Faktencheck nötig.
Generische Inhalte und ein zu starker Fokus auf Eigenwerbung können abschreckend wirken. Ein guter Mix aus Inhalten über Sachthemen, Berichte über eigene Arbeiten und Leistungen, Hinweise auf Veranstaltungen und über Arbeiten und Leistungen anderer ist erfolgsversprechender.
Social Media ist Arbeit
Der größte Stolperstein ist der Zeitaufwand. Die Arbeit auf Social Media setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen:
- Die Planung und Erstellung von Inhalten können je nach Inhalt und Gestaltung mehrere Stunden pro Post in Anspruch nehmen.
- LinkedIn wird Inhalte nur ausspielen, wenn man sich mit anderen austauscht. Nach dem Veröffentlichen eines Posts sollte man Zeit einplanen, um auf Kommentare zu reagieren. Hier beginnt der wirklich spannende Teil der WissKomm!
- Je mehr Reichweite man aufbaut, desto mehr persönliche Nachrichten erhält man. Falls einem das zu viel wird, kann man bei den Nachrichten-Einstellungen eine automatische Abwesenheitsnotiz einrichten, in der man erklärt, dass man aufgrund der hohen Nachrichtenflut erst später antworten wird.
Ich empfehle, feste Zeiten für LinkedIn-Aktivitäten einzuplanen und sich selbst und sein Social-Media-Nutzungsverhalten zu beobachten. Man sollte nicht vergessen, dass es in Ordnung ist, die Aktivitäten auf LinkedIn zu reduzieren, wenn es einem zu viel wird. Die Qualität der Inhalte und vor allem die mentale Gesundheit gehen immer vor.
Netzwerken ist das A und O
LinkedIn ist eine Plattform, die auf den aktiven Austausch seiner Mitglieder setzt. Wer bloß Inhalte teilt, ohne sich in der Community zu engagieren, wird mit seinen Beiträgen kaum jemanden erreichen. Daher meine Tipps :
- Durch das Kommentieren und Liken der Beiträge anderer entsteht nicht nur ein interessanter Austausch, man wird damit auch sichtbarer und erweitert sein Netzwerk.
- Kommentare sind auch Content. Wenn man LinkedIn bisher nur passiv genutzt hat, kann das Kommentieren von Beiträgen ein erster Schritt sein, die Plattform aktiv zu nutzen. Insbesondere in Zeiten, in denen man keine Posts erstellen will, kann das Kommentieren eine Alternative sein.
- Sich mit anderen zusammenschließen: Insbesondere, wenn man neu auf LinkedIn ist, macht es das den Start einfacher, wenn man sich zwei bis drei Menschen sucht, die selbst auch auf LinkedIn aktiv sind, und sich gegenseitig unterstützt.
LinkedIn aktiv zu nutzen, macht Spaß und kann zu neuen, spannenden Kontakten führen. Zugleich kann die zunehmende Sichtbarkeit aber auch neue Herausforderungen bringen.
Kritik gefasst aufnehmen, sich aber nicht einschüchtern lassen
Als ich angefangen habe, aktiv zu posten, war meine größte Sorge die vor einem Shitstorm. Dieser ist zwar (bisher) ausgeblieben, aber mit wachsender Sichtbarkeit kam Kritik – und diese Erfahrung habe nicht nur ich gemacht. Häufige Kritikpunkte sind:
- Kolleg*innen fühlen sich unter Druck gesetzt, da sie das Gefühl haben, nun ebenfalls mehr Energie in die Wissenschaftskommunikation stecken zu müssen.
- Mit zunehmender Sichtbarkeit werden Personen aus dem engeren Umfeld gegebenenfalls ebenfalls sichtbarer, ohne dass diese jene zunehmende Sichtbarkeit wollen.
- Bei LinkedIn gehe es um reine Selbstdarstellung.
Insbesondere, wenn die Kritik aus dem persönlichen Umfeld kommt, bietet es sich an, sich über die eigenen LinkedIn-Erfahrungen auszutauschen und Learnings zu teilen. Es kann helfen offen zu kommunizieren, warum man auf LinkedIn aktiv ist, und wie man davon profitiert.
Sicherlich gibt es Menschen, die LinkedIn ausschließlich zur Selbstdarstellung nutzen. Ich bin der Ansicht, man sollte hier aber differenzieren. Es gibt sehr gute Content Creator, die eine Mission haben und auf ein wichtiges Thema aufmerksam machen wollen. Auf Social Media sind Fake News weit verbreitet. Es ist daher sinnvoll, dass wir uns Wissenschaftler*innen und den Ergebnissen unserer wissenschaftlichen Arbeit mehr Sichtbarkeit verschaffen.
Mein Fazit: WissKomm auf LinkedIn birgt Potential, aber auch Risiken
Wissenschaftskommunikation auf LinkedIn ist eine großartige Möglichkeit, Forschung sichtbar zu machen und neue Kontakte zu knüpfen. Wenn man sich regelmäßig aktiv engagiert, kann man relativ schnell eine gewisse Reichweite und ein interessantes Netzwerk aufbauen. Zugleich bedeutet dies auch ein Balanceakt zwischen Aufwand und Nutzen. Denn die erforderliche Regelmäßigkeit kann auch belasten. Man sollte zudem nie vergessen, dass Social Media immer nur einen kleinen Teil der Realität zeigt. Über Social Media wird man nie eine Person, ihre Arbeit und ihre Gedanken als Ganzes erfassen können.
Ich hoffe, meine Erfahrungen geben Orientierung für den persönlichen Weg auf LinkedIn. Wer sich zu den Themen WissKomm, Nachhaltigkeit und Transformation austauschen möchte, weiß ja, wo man mich finden kann.