Rheinland-Pfalz hat vor Kurzem eine WissKomm Academy ins Leben gerufen. Das Pilotprojekt will die Wissenschaftskommunikation systematisch fördern. Wie es gelingen soll, erklärt die Koordinatorin des Projekts, Aglaia Bianchi, im Interview.
„Wissenschaft auf den Punkt bringen”
Frau Bianchi, was hat es mit der WissKomm Academy auf sich?
Die WissKomm Academy ist ein Pilotprojekt der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz und wird vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit finanziert. Ziel ist die Etablierung eines Kompetenzzentrums für Wissenschaftskommunikation in Rheinland-Pfalz.
Wie ist es zu dem Projekt gekommen?
Wissenschaftskommunikation wird immer bedeutsamer und die Vermittlung von Wissenschaft an die Gesellschaft ist sehr komplex. Das hat die Coronapandemie allen noch mal vor Augen geführt. Ich rede dabei explizit von Wissenschaft und nicht nur von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Ergebnissen, denn die sind nur ein Teil der Wissenschaft. Genauso zentral wie die Faktenvermittlung ist es, das Wissen darüber zu stärken, wie Wissenschaft arbeitet, welche Methoden sie nutzt und wie sie sich von anderen gesellschaftlichen Bereichen unterscheidet. Es ist sehr wichtig, dass die Gesellschaft diese Hintergründe versteht und in der Lage ist, die Erkenntnisse auch einzuordnen. Deshalb verfolgt die Academy einen dialogischen Ansatz und möchte unterschiedliche Akteur*innen einbeziehen. Das wird auch der Fokus unserer ersten Veranstaltung sein.
Warum ist die Akademie ein idealer Ort für ein solches Projekt?
Die Akademie hat institutionell eine gewisse übergeordnete und überregionale Rolle, da sie viele Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Institutionen und Disziplinen als Mitglieder hat. Dadurch kann sie besondere Akzente setzen und einen einmaligen Raum für den interdisziplinären und intergenerationellen Dialog bieten – denn zur Akademie gehören auch die Mitglieder der Jungen Akademie, die eine besonders aktive Rolle in der WissKomm Academy haben werden. Hier sehe ich eine große Chance der Ansiedlung an der Akademie, gerade auch, weil es bereits ein bestehendes Netzwerk aus Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Institutionen gibt.
Wissenschaftskommunikation ist ein weites Feld. Welche Schwerpunkte setzt die Academy in ihrer Arbeit?
Wir arbeiten unter dem Motto „Wissenschaft auf den Punkt gebracht” in drei Schwerpunkten. Der erste Schwerpunkt sind zwei Veranstaltungsreihen. Die Reihe „Kernfragen der Wissenschaftskommunikation” reflektiert Wissenschaftskommunikation, die Zweite beschäftigt sich mit wissenschaftlichen Themen mit besonderer gesellschaftlicher Relevanz, wie Biotechnologien, die Digitalisierung beispielsweise in der Lehre, der Klimawandel. Der zweite Schwerpunkt – der auch schon sehr viel Nachfrage erhält – ist ein Kompetenztraining. Das Trainingsprogramm soll durch eine praxisbezogene Seminarreihe Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Karrierestufen konkrete Instrumente an die Hand geben, wie man erfolgreiche Wissenschaftskommunikation betreiben kann. Der letzte Schwerpunkt ist der Austausch mit dem Wissenschaftsjournalismus. Wir wollen exzellenten Wissenschaftsjournalismus mit einem Preis auszeichnen und auch ansonsten den Journalismus eng mit in die Gestaltung der Academy einbinden.
Wer sind die Zielgruppen der WissKomm Academy?
Natürlich sind das in allererster Linie die Wissenschaftler*innen, sowohl als Teilnehmer*innen beim Kompetenztraining als auch als Expert*innen bei den Veranstaltungen. Bei den Veranstaltungen kommen dann auch die Institutionen ins Spiel, denn die Academy möchte ihre Expertise bündeln und ihnen eine Plattform zum Austausch bieten. Dadurch soll auch die Vielfalt der Wissenschaft gezeigt und die Sichtbarkeit von Initiativen und Organisationen erhöht werden. Eine weitere Zielgruppe sind Wissenschaftsjournalist*innen und andere Akteur*innen der Wissenschaftskommunikation und der Wissenschaftspolitik. Wir wollen unterschiedliche Akteur*innen an einen Tisch bringen und ihre Bedarfe kennenlernen, um dann langfristig die Qualität der Wissenschaftskommunikation zu erhöhen.
Wer kann an den Trainingsprogrammen teilnehmen?
In den zwei Jahren des Pilotprojekts können je 50 Wissenschaftler*innen am Kompetenztraining teilnehmen. Sie können sich jeweils für eine von vier Gruppen anmelden, in der sie die Module zu Vortragsrhetorik, Interview und Paneldiskussion und Kommunikation im digitalen Raum belegen und sich austauschen und vernetzen können. In einem Auftaktmodul reflektieren sie zudem über die Rolle und das Selbstverständnis von Wissenschaftler*innen in der Wissenschaftskommunikation. Wir versuchen die beiden Durchläufe möglichst divers zu gestalten, was die Karrierestufen und wissenschaftlichen Disziplinen angeht. Aktuell läuft die Bewerbungsfrist bis zum 30. Juni.
Wir sind ganz frisch gestartet, aber haben schon jetzt viel Interesse von wissenschaftlicher Seite. Auch sonst sind die Rückmeldungen aus der Community bisher positiv, auch in dem Sinne, dass sich Leute melden, die gerne mitwirken möchten. Darüber freuen wir uns sehr, denn wir wollen gemeinsam mit den Akteur*innen arbeiten.
Blicken wir in die Zukunft. Wo sollte der Weg aus Ihrer Sicht hingehen und wann war das Projekt ein Erfolg?
Unser Ziel ist es, dass andere Einrichtungen in Rheinland-Pfalz die Plattform nutzen und mit uns weiterentwickeln und dass wir gemeinsam Wissenschaftskommunikation in der Gesellschaft präsenter und bewusster machen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man jede*n am Ende auch erreicht hat, aber wir wollen ein Angebot schaffen, dass es Menschen ermöglicht, in den Kontakt mit Wissenschaft zu kommen.
WissKomm Academy
Das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz fördert den Aufbau der WissKomm Academy an der Akademie der Wissenschaft und Literatur Mainz mit 80.000 Euro. Das Pilotprojekt richtet sich an Wissenschaftler*innen, die an akademischen Institutionen in Rheinland-Pfalz tätig sind, sowie an die Institutionen selbst. Ziel ist es, Kompetenzen in der Wissenschaftskommunikation zu fördern und weiterzuentwickeln, Wissenschaft und deren Kommunikation zu reflektieren und in der Gesellschaft präsenter und bewusster zu machen und dadurch neue Impulse im Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu setzen.