„Wir wollen auch etwas zurückbekommen“

Mit ihrem Podcast „Krautnah“ wollen David Spencer und Caspar Langenbach nicht nur Wissen zum Thema Pflanzenforschung vermitteln, sondern auch direkte Fragen des Publikums einbinden und eine Diskussion anstoßen. Einblicke zu den Hintergründen und Erfahrungen dieses neuen Podcasts gibt David Spencer im Interview.

Herr Spencer, Sie und Ihr Kollege Caspar Langenbach haben dieses Jahr einen neuen Podcast gestartet. Wie kamen Sie auf diese Idee?

Caspar und ich waren uns schon lange einig, dass man eigentlich mehr Aufklärung über Gentechnik betreiben müsste. Wir haben oft festgestellt, dass wir uns vor Nachbarn und Nachbarinnen oder im Freundeskreis dafür rechtfertigen müssen, warum wir mit Gentechnik arbeiten. Die Notwendigkeit für Pflanzenforschung oder -züchtung wird oft nicht erkannt, dafür scheint es ganz normal zu sein, dass man im Winter Erdbeeren im Supermarkt kaufen kann. Dass dies auch etwas damit zu tun hat, wie Pflanzenzucht betrieben wird, ist vielen gar nicht klar.

David Spencer ist Science-Slammer, Hobby-Gärtner und Doktorand im Fachbereich Biochemie und Molekularbiologie der Pflanzen an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. Seit März 2020 produziert er mit seinem Kollegen Caspar Langenbach den Pflanzenforschungspodcast „Krautnah“. Foto: IVA Presse

Wie sind Sie mit dem Podcast gestartet?

Ende 2018 habe ich an einem Science-Slam an der RWTH Aachen teilgenommen und mit meinem Slam zum Thema Gentechnik sogar gewonnen. Anschließend erhielt ich wöchentlich Anfragen und Rückmeldungen von Leuten, die sich darüber freuten, dass endlich mal jemand etwas zu diesem kontroversen Thema sagt. Kurz darauf wurde ich dann auf die Ausschreibung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für den Hochschulwettbewerb hingewiesen. Ich hatte die Idee mit dem Podcast und Glück, dass Caspar auch Lust auf Wissenschaftskommunikation hatte.

Warum haben Sie sich für einen Podcast entschieden?

Wir haben überlegt, was sich in unseren normalen Arbeitsalltag einbinden lässt und womit wir viele Leute erreichen können. Ein Podcast erschien uns noch am einfachsten umsetzbar im Vergleich zu Videos. Das wäre für uns viel mehr Aufwand und neben der Forschung nicht realisierbar. Wir hatten beide wenig bis keine Erfahrung mit Podcasts. Uns gefiel, dass man einen Podcast in allen möglichen Lebenssituationen hören kann und es passte zum Gedanken, möglichst viele Menschen zu erreichen.

Und wen wollen Sie erreichen?

Zum einen wollen wir natürlich das interessierte Publikum ansprechen – zum Beispiel junge Leute wie die Generation Fridays for Future, die in Zukunft etwas ändern können. Zum anderen wollen wir aber auch Menschen erreichen, die gerne Podcasts hören und zufällig über unseren stolpern. Daher versuchen wir einen Wissenschaftspodcast mit einer Prise Unterhaltung zu bieten, bei dem man gerne dabei bleibt.
Wir haben allerdings auch festgestellt, dass es gar nicht so einfach ist, Menschen außerhalb der Wissenschaftscommunity zu erreichen. Auf Twitter ist es zum Beispiel schwer, die Blase von Menschen zu verlassen, die uns wohlgesonnen sind. Deshalb freut es mich umso mehr, dass die Stadt Aachen sich dazu entschieden hat, Werbung für unseren Podcast in den Bussen zu bringen und wir so vielleicht auch andere Personen außerhalb unserer Blasen erreichen.
Um noch mehr Menschen anzusprechen, hatten wir anfangs auch überlegt, den Podcast auf Englisch zu machen. Da wir aber das Gefühl hatten, dass gerade in Deutschland besonders viel Kommunikation zum Thema Gentechnik nötig ist, wollten wir erstmal hier ansetzen.

Wie viele Menschen erreichen Sie?

Das ist schwer zu sagen, da der Podcast auf drei verschiedenen Plattformen – Itunes, Spotify und unserer Webseite – abrufbar ist. Auf Spotify haben wir circa 300 Follower und die Episoden wurden bereits 1800 Mal heruntergeladen. Ich habe allerdings keinen Vergleich, ob das gut oder schlecht ist. Basierend auf unseren Rückmeldungen bin ich aber sehr zufrieden. Ich höre auch andere Wissenschaftspodcasts, bei denen die Moderatoren und Moderatorinnen auf die Einladung, Fragen zu schicken, sehr wenig Resonanz von der Hörerschaft bekommen. Wenn wir auf Twitter und Instagram Fragen für die jeweiligen Podcastfolgen von Hörerinnen und Hörern sammeln, bekommen wir relativ viele Zuschriften. Das finde ich immer besonders schön, denn so können wir in jeder Episode die Fragen des Publikums direkt mit einbringen.

Warum ist Ihnen diese Beteiligung wichtig?

Für uns als Wissenschaftler ist es oft schwierig, aus dem eigenen Denken auszubrechen. Zum Beispiel nutzen wir ganz automatisch Fachbegriffe und erst im Nachhinein fällt uns auf, dass wir sie hätten erklären müssen. Solche Fragen helfen uns dabei, zu lernen, wie man etwas sehr Komplexes mit einfachen Worten erklärt. Meine Mutter ist da übrigens meine beste Referenz. Ich frage sie nach jeder Episode, wie sie sie fand. Episode fünf („Die Retter der Kokosnuss“) zum Thema Pflanzenschutz fand sie zum Beispiel super. Die Folge davor („Inglorious Bärlauch“) zu pflanzlichen Inhaltsstoffen sogenannten Sekundärmetaboliten war ihr ein bisschen zu kompliziert wegen der vielen chemischen Formeln, die dort besprochen wurden.

Sie haben sich zunächst auf zehn Episoden festgelegt. Warum nur zehn?

Ach, es werden wahrscheinlich eh mehr. Für den Hochschulwettbewerb mussten wir ein Konzept einreichen und dort haben wir angegeben, dass wir eine Folge pro Monat rausbringen wollen. Aber dann kam Corona und wir konnten nicht mehr ins Labor. Da haben wir die Zeit für unseren Podcast genutzt, denn das konnten wir auch von zu Hause aus machen. Deswegen gab es am Anfang ein paar mehr Folgen in einem etwas schnelleren Rhythmus. Jetzt machen wir nur noch eine Folge pro Monat.

Könnten Sie sich denn vorstellen, den Podcast auch im nächsten Jahr weiterzuführen?

Auf jeden Fall! Wir merken fast in jeder Episode, dass noch längst nicht alles erzählt ist. Es gibt so viele Aspekte, die wir eigentlich nur anreißen. Darauf weisen uns auch Kollegen und Kolleginnen oft hin. Wir haben viele Ideen und dank Tagungen in der Vergangenheit auch viele Kontakte in die Wissenschaft und in die Industrie, die wir als Gäste in unseren Podcast einladen können. Die Themen, die wir in unserem Podcast ansprechen, interessieren uns und wir lernen selbst viel dabei. Wir genießen es, uns in unserem eigenen Forschungsfeld ein bisschen nach rechts und links umzuschauen.

Welchen Herausforderungen haben Sie seit dem Start des Podcast überwinden müssen?

Wir haben beide noch nie so etwas produziert oder gemischt. Da steckt schon mehr dahinter als bei einer Whatsapp Sprachaufnahme. In der coronabedingten Laborpause konnte ich mich ein bisschen einlesen und mit der Technik vertraut machen. Eine weitere Herausforderung war und ist, einen Feedbackmechanismus aufzubauen. Wir wollen nicht nur Mono- bzw. Dialoge untereinander führen, sondern auch etwas zurückbekommen. Daher freuen wir uns über inhaltliche Anmerkungen, die auch zu Diskussionen führen können, oder Hinweise, was wir verbessern oder anders machen sollten. Die nächste Herausforderung wird wahrscheinlich sein, weitere wissenschaftliche Themen zu finden, die noch so sehr mit dem Leben der Menschen zu tun haben, dass sie bei der Stange bleiben – Themen, die für alle interessant sind.

 

Der Podcast „Krautnah“ wird im Rahmen des Hochschulwettbewerbs von Wissenschaft im Dialog* und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

 

*Wissenschaft im Dialog ist einer der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.

* Das Bundesministerium für Bildung und Forschung ist einer der Förderer des Portals