Das Wisskomm-Update gibt alle 14 Tage einen Überblick über Themen, Debatten und Trends. Außerdem finden Sie hier aktuelle Termine und Forschungsergebnisse zur Wissenschaftskommunikation.
Wir reden über… Populismus, Wisskomm-Forschung in 67 Ländern und einen Prompt-Guide
Die Themen
– Was gibt’s Neues?
– Und die Forschung?
– Termine
– Formatetipp: Bluesky
– Feedback
– Jobs
– Impressionen
Was gibt’s Neues?
Ein Tag für die Demokratie
„Die Hütte brennt“, schreibt Museumsdirektor Johannes Vogel in seinem Gastkommentar in der FAZ und sieht Freiheit und Verantwortung als zwei Seiten einer Medaille. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, fordert er die Wissenschaftler*innen auf, einen Tag pro Woche als Einsatz für die Demokratie zu reservieren. Der Archäologe Jens Notroff greift diese Forderung bei X auf und bestärkt Vogel: „Die Wissenschaft [ist] in der Pflicht“. Dass diese Forderung nicht neu sei, kommentiert Petra Nieckchen bei LinkedIn. Die Kommunikationsberaterin schreibt: „Mein Appell geht an Direktorinnen und Direktoren von Forschungseinrichtungen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das ihnen dieses Engagement ermöglicht.“
Vertrauen die Schweizer*innen der Wissenschaft?
Über die Rolle der Wissenschaft in der Gesellschaft haben vier Expert*innen aus Lehre und Industrie bei einer Veranstaltung von „NZZ Live“ debattiert. Gian Casutt* (ETH-Rat), Simone Schürle (ETH Zürich), Mike Schäfer (Universität Zürich) und Monika Lessl (Bayer) sprachen über Transparenz in der Forschung, sachliche Kritik und Kommunikation auf freiwilliger Basis. Laut Mike Schäfer ist das „Vertrauen der Schweizerinnen und Schweizer in die Wissenschaft schon relativ hoch und in der Pandemie ist es sogar noch gestiegen”. Wichtig sei aber auch „ein gesundes Misstrauen in die Wissenschaft“. Eine Aufzeichnung der Veranstaltung finden Sie hier.
Schöne neue KI-Welt
Auch der amerikanische Verband der Wissenschaftsjournalist*innen (NASW) befasst sich mit dem Vertrauen – das in den Vereinigten Staaten auf einem niedrigeren Level ist als vor der Pandemie. In ihrem Statement verpflichtet sich die NASW, „keine generativen KI-Tools wie ChatGPT oder Bard zu verwenden, um die Arbeit menschlicher Autoren und Redakteure zu ersetzen“. Die Begründung: Bisherige Experimente mit diesen Tools seien grandios gescheitert. Die Gefahr, Unwahrheiten zu verbreiten und so das Vertrauen weiter zu senken, sei zu groß. Einzelne Journalist*innen können die Tools jedoch – mit Vorsicht – zum Beispiel zur Zusammenfassung von Informationen verwenden. Wie der Einsatz von KI schiefgehen kann, zeigt auch ein (mittlerweile zurückgezogenes) Frontiers-Paper, das in den sozialen Medien für Aufsehen sorgte. Die Wissenschaftskommunikatorin und Comic-Zeichnerin Sophie Elschner mahnt: Bezahlt Illustrator*innen, anstatt KI-Bilder zu nutzen. Gleichzeitig launcht OpenAI das KI-Tool „Sora“, das aus Textprompts verblüffend realistische Videos generiert. Die Kommunikationswissenschaftlerin Sabrina Heike Kessler sieht in dem Tool Potenzial für die Wissenschaftskommunikation: „Es wird auch einfacher werden, denselben Videoinhalt für verschiedene Zielgruppen aufzuarbeiten und auch politikverdrossene oder wissenschaftsferne Zielgruppen zu erreichen.“ Und: „Politische und wissenschaftliche Kommunikation kann effizienter, ansprechender und eindrucksvoller gemacht werden.“ Gleichzeitig rät sie zu einem kritischen und transparenten Umgang mit der KI.
Video: OpenAIs KI „Sora“. Auf der Seite von OpenAI sind die folgenden Prompts dokumentiert: „Several giant wooly mammoths approach treading through a snowy meadow, their long wooly fur lightly blows in the wind as they walk, snow covered trees and dramatic snow capped mountains in the distance, mid afternoon light with wispy clouds and a sun high in the distance creates a warm glow, the low camera view is stunning capturing the large furry mammal with beautiful photography, depth of field.“
Aktuelle Debatte: PR-Stunt von Mai-Thi Ngyuen Kim
Vertrauen, die Dritte: Mai Thi Nguyen-Kim ist zurück aus der Elternzeit und greift in ihrem ZDF-Format „MaiThinkX“ das Thema Populismus auf (wir berichteten über ihre Elternzeit-Vertretungen Salwa Houmsi und Aminata Belli). Bevor die Sendung am Sonntag, den 18. Februar ausgestrahlt wurde, meldete sie sich zunächst mit einem „Statement“ auf ihrem abgeschalteten Kanal MaiLab zurück. Sofort wurden Spekulationen laut: Wechselt die vielfach ausgezeichnete Wissenschaftskommunikatorin nun in die Politik? Der Wissenschaftler Marc-Denis Weitze fragte auf LinkedIn, ob sie nun eine „PdT (Partei der Technokraten) gründen“ würde. In der neuen MaithinkX-Sendung stellte Nguyen-Kim dann klar: Das Video sollte nur populistische Mechanismen aufzeigen. SZ und Spiegel fragten daraufhin, ob der PR-Gag gelungen sei. Aurelie von Blazekovic merkt kritisch an: „Wer ihrem Statement Glauben schenkte, ist nicht den Mechanismen des Populismus aufgesessen, sondern seinem Vertrauen in die ZDF-Moderatorin.“ Auch Arno Frank kommt zu dem Schluss: „Ein Experiment mit einer Million wohlmeinender Menschen als Versuchspersonen hätte es dafür nicht gebraucht.“
Außerdem in diesem Update: eine Wissenschafts-Drag Show, Bluesky in unserer Formate-Datenbank, spannende neue Jobs (unter anderem als Netzwerker*in beim Nawik*) und ein Prompt-Guide für Wissenschaftskommunikator*innen.
Und die Forschung?
Wie hoch ist das öffentliche Vertrauen in die Wissenschaft? Zu dieser Frage haben Viktoria Cologna von der Harvard University und Niels Mede von der Universität Zürich die Studie „Trust in Science and Science-Related Populism“ (TISP) angestoßen, an der Forschungsteams aus vielen verschiedenen Ländern beteiligt sind. Inzwischen wurden zwei Preprints veröffentlicht. Einer widmet sich den Wahrnehmungen von Wissenschaft, Wissenschaftskommunikation und Einstellungen zum Klimawandel. Im zweiten Preprint geht es um das Vertrauen in Wissenschaftler*innen und ihre gesellschaftliche Rolle in 67 Ländern. Die Befragung von mehr als 71.000 Personen zeigt, dass in den meisten Ländern eine Mehrheit Wissenschaftler*innen vertraut und der Meinung ist, dass die Forschenden stärker in die Politikgestaltung einbezogen werden sollten.
Termine
📆 28. Februar 2024 | Science is a Drag (Toronto) | Mehr
📆 29. Februar 2024 | Umfrage zum neuen Portal für Biodiversität | Mehr
📆 29. Februar 2024 | Interaktives Symposium: Expertise unter Druck (Hamburg) | Mehr
📆 1. März 2024 | Call for Proposals der SciComm South West Conference 2024 (Bristol) | Mehr
📆 6. März 2024 | Bewerbung für das WissKomm-Kolleg (Siggen) | Mehr
Formatetipp: Bluesky
Schon mehrfach Thema im Wisskomm-Update und nun zum Nachlesen in unserer Formate-Datenbank: Bluesky unterscheidet sich von anderen sozialen Netzwerken, indem es den Nutzer*innen auf der Startseite unterschiedliche Feeds anbietet und nicht etwa einen intransparenten Algorithmus, der automatisch Inhalte verbreitet. Die Nutzer*innen erhoffen sich eine transparentere Alternative zu X. Das Entwicklungsteam von Bluesky arbeitet derzeit am sogenannten „AT-Protocol”, einer Art Standard für die Kommunikation zwischen Servern. Ziel ist es, die Grundlage für ein dezentrales soziales Netzwerk zu schaffen. Ähnlich wie Mastodon soll Bluesky also ein Netzwerk aus verschiedenen Servern werden, die nicht zu einer einzigen Firma gehören.
Feedback
Jobs
🔉 Referent*in für Kommunikation und Social Media | Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE, Berlin (Kein Bewerbungsschluss)
🔉 Alumni-Referent*in | Max-Planck-Institut für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie, Frankfurt (Bewerbungsschluss: 10. März 2024)
🔉 Netzwerker*in Events & Social Media | Nationales Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik)* gGmbH, Karlsruhe (Bewerbungsschluss: 11. März 2024)
Weitere Stellenangebote finden Sie in unserer Jobbörse – exklusiv für Stellen aus der Wissenschaftskommunikation. Hochschulen, Forschungsinstitutionen, Stiftungen und Co können ihre Stellenangebote direkt an Besucher*innen unseres Portals richten.
Impressionen
Jörg Weiss, Geschäftsführer von con gressa, hat kürzlich eine umfangreiche Prompt-Liste zur Verfügung gestellt, die unter anderem eine Formel, Beispiele und Priming-Ideen enthält.
* Wissenschaft im Dialog (WiD) und das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) sind zwei der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de. Gian-Andri Casutt ist Mitglied des Beirats bei Wissenschaftionskommunikation.de.