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Wir reden über… politische Einflussnahme auf die Wissenschaft

Das Wisskomm-Update gibt alle 14 Tage einen Überblick über aktuelle Themen, Debatten und Trends. Außerdem finden Sie hier aktuelle Termine und Forschungsergebnisse zur Wissenschaftskommunikation.

Was gibt’s Neues?

„Science“ appeliert an Integrität

Wie sollten Forschende auf Zweifel an der Integrität ihrer Forschung reagieren? In ihrem Science-Beitrag Breaking the Silence argumentieren H. Holden Thorp und Meagan Phelan, dass Schweigen oder ein „No Comment“ schnell als Eingeständnis gewertet werden kann – besonders in politisch aufgeheizten Debatten. Während Institutionen aus Sorge um ihren Ruf oft zurückhaltend reagieren, zeigen Beispiele, dass transparente Kommunikation sich langfristig auszahlen kann. Forschende müssten sich zudem darauf einstellen, nicht nur ihre eigene Arbeit, sondern auch etablierte wissenschaftliche Erkenntnisse gegen gezielte Angriffe zu verteidigen – von der Klimaforschung bis zur Impfdebatte.

Die Auslöschung der amerikanischen Wissenschaft

Die Trump-Administration setzt die Wissenschaft massiv unter Druck, wie Katherine J. Wu in The Atlantic beschreibt. Forschende vermeiden es zunehmend, Begriffe wie „Klima“ oder „Umwelt“ in Förderanträgen zu verwenden. Manipulierte oder verschwundene Daten könnten langfristige Forschungslücken hinterlassen – mit Folgen für das Vertrauen in die US-Wissenschaft, auch international. „Für mich würde es sich ein bisschen verfälscht anfühlen“, sagt die Gesundheitsforscherin Deshira Wallace über die künftige Forschungslage. Wu befürchtet, dass langfristig das Vertrauen in die US-Wissenschaft auf dem Spiel stehen könnte.

Was, wenn amerikanische Verhältnisse drohen?

Jan-Martin Wiarda stellt in seinem Blog die Frage, wie widerstandsfähig die deutsche Wissenschaft wäre, sollte sie selbst unter politischen Druck geraten. Während die US-Forschung mit massiven Eingriffen wie Kürzungen bei den National Institutes of Health und politisch motivierten Förderentscheidungen kämpft, verlässt sich die deutsche Wissenschaft laut Wiarda auf den Staat als neutralen Garant der Wissenschaftsfreiheit. Doch wie belastbar ist dieses Vertrauen? Die BMBF-Fördermittelaffäre zeige, dass schon der Anschein politischer Einflussnahme für Unruhe sorge. Anstatt sich mit einem „Massenexodus amerikanischer Wissenschaftler nach Europa und Deutschland abzulenken“, mahnt Wiarda, dass man sich stärker mit der Resilienz hiesiger Institutionen beschäftigen solle. 

Europäer*innen haben positive Einstellungen zu Wissenschaft und Technologie

Wie viel Vertrauen haben die Europäer*innen in Wissenschaft und Technologie? Laut der jüngsten Eurobarometer-Umfrage schätzen 8 von 10 Europäern (83%) den Einfluss von Wissenschaft und Technologie insgesamt als positiv ein. Zwei Drittel der Befragten (67%) sind außerdem der Meinung, dass Wissenschaft und Technologie unser Leben einfacher, gesünder und angenehmer machen. Darüber hinaus möchte die Mehrheit der Europäer*innen mehr über wissenschaftliche Entwicklungen erfahren (58%). 

Wenn es um die Verbreitung wissenschaftlicher Ergebnisse und die Einbeziehung der Öffentlichkeit geht, stimmen acht von zehn Befragten (80 %) der Aussage zu, dass die Ergebnisse öffentlich finanzierter Forschung kostenlos online zur Verfügung gestellt werden sollten. Sechs von zehn Befragten (63%) sind der Meinung, dass die Beteiligung von Nicht-Wissenschaftler*innen an Forschung und technologischer Entwicklung sicherstellt, dass sie den Bedürfnissen, Werten und Erwartungen der Gesellschaft entsprechen. Philipp Schrögel findet die Ergebnisse wenig überraschend, aber wichtig, „dass nicht alle Bürger:innen zu allem beteiligt werden wollen, und dass auch rein informierende Formate weiter eine wichtige Rolle spiele[n]“.  

Überblickstabelle aus dem Eurobarometer: „Do you think that the overall influence of science and technology on society is…?“ Bild: Eurobarometer

Und die Forschung?

Fragen zum Klimawandel? Zu einem ganzheitlichen Verständnis der globalen Herausforderung soll ClimateGPT beitragen. Das Open-Source-KI-Tool wurde von Erasmus.AI in Zusammenarbeit mit dem Club of Rome und anderen Partnern entwickelt. Die Plattform nutzt Large-Language-Modelle, um globale Daten für komplexe Zusammenhänge bereitzustellen. ClimateGPT sei darauf trainiert, interdisziplinäre Forschung zu synthetisieren, schreiben die Macher*innen. Wer das Tool nutzen möchte, kann über die Webseite eine Anfrage stellen. 

Inwieweit KI beim wissenschaftlichen Arbeiten zum Einsatz kommen darf, ist umstritten. In einem Kommentar argumentieren Yana Suchikov und Natalia Tsybuliak von der Berdyansk State Pedagogical University in der Ukraine dafür, die Vorteile von generativer künstlicher Intelligenz beim Verfassen von wissenschaftlichen Texten zu nutzen. Bisher ist deren Einsatz stigmatisiert – auch aufgrund traditioneller Vorstellungen von Autor*innenschaft. Die Wissenschaftlerinnen plädieren für einen verantwortungsvollen und transparenten Umgang mit KI, um Effizienz zu steigern und mehr Menschen Zugang zum wissenschaftlichen Publizieren zu ermöglichen.

Termine

📆 5. März 2025 | Info- und Netzwerk-Event – Launch Grants Wissenschafts- und Datenjournalismus (online) | Mehr

📆 5. März 2025 | Lunch Talk: Wissenschaftskommunikation und KI (online) | Mehr

📆 11. März 2025 | ChatGPT: Wie veränderst du die Wissenschaft? (online) | Mehr

📆 28. März 2025 | Konferenz: Haltung zeigen!? Diversitätsdiskurse und Konfliktbearbeitung (Europa-Universität Viadrina) | Mehr

📆 31. März 2025 | Call for Participation ScienceComm25 | Mehr

📆 30. April 2025 | Teilnahme an den Fast Forward Science* Awards | Mehr

“Fundstück” des Monats

Die Sozialpsychologin Marlene Altenmüller hat eine Woche lang den Bluesky-Account der Real Scientists kuratiert und über ihre Forschung zu Vertrauen in die Wissenschaft geschrieben. Dabei schildert sie auch Situationen aus ihrem Alltag:

Ich bin jetzt im Zug zurück nach Trier. Zugfahren ist ja immer ein Füllhorn an Situationskomik: Ich arbeite hier gerade an einem Ethikantrag für eine neue Studie zu Wissenschaftsrezeption und -vertrauen und die Dame gegenüber arbeitet emsig ein Lehrbuch für Bachblütentherapie durch. 🙃

— Joschka @ Real Scientists DE (@realscide.bsky.social) 22. Februar 2025 um 12:11

Jobs

🔉 Referent*in (m/w/d) für Wissenschaftskommunikation | Zentrum für interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld (Bewerbungsschluss: 5. März 2025)

🔉 Koordinationsassistenz | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (Bewerbungsschluss: 9. März 2025)

🔉 Pressesprecher*in (w/m/d) | Hochschule Landshut Hochschule für angewandte Wissenschaften (Bewerbungsschluss: 15. März 2025)

Weitere Stellenangebote finden Sie in unserer Jobbörse – exklusiv für Stellen aus der Wissenschaftskommunikation. Hochschulen, Forschungsinstitutionen, Stiftungen und Co können ihre Stellenangebote direkt an Besucher*innen unseres Portals richten.

Impressionen

Ein Forscher untersucht eine Kurzschwanzfledermaus. Bild: Freepik

„Pictures or it didn’t happen“, schreibt die Wissenschaftskommunikatorin Mariëtte van der Walt bei Nature. Fotos, so die ehemalige Fledermausforscherin, seien ein unschätzbares Instrument für Public Engagement Aktivitäten.