Bild: Wissenschaftskommunikation.de

Wir reden über… „Kommunikationskitsch“

Das Wisskomm-Update gibt alle 14 Tage einen Überblick über aktuelle Themen, Debatten und Trends. Außerdem finden Sie hier aktuelle Termine und Forschungsergebnisse zur Wissenschaftskommunikation.

Was gibt’s Neues?

Fehlende Unterstützung für Nachwuchswissenschaftler*innen

Eine Umfrage der European University Association (EUA) zeigt, dass 80 Prozent der befragten Universitäten Wissenschaftskommunikation als wichtiges oder sehr wichtiges Thema in der Ausbildung von Early Career Researchers ansehen. Auch empirische Studien, unter anderem von Adrian und van Eck, würden zudem auf die wichtige Rolle des wissenschaftlichen Nachwuchses für den Erfolg der Wissenschaftskommunikation hinweisen, schreibt Fenja De Silva-Schmidt in Forschung & Lehre. Early Career Researchers finden Wissenschaftskommunikation wichtiger als Professor*innen, sehen darin einen größeren persönlichen Nutzen und haben daran mehr Freude. Allerdings falle ihnen die Wissenschaftskommunikation oft schwerer und sie wünschten sich mehr Weiterbildung und Unterstützung. Hier würden sich die Angebote zwischen und innerhalb der Hochschulen allerdings stark unterscheiden. Ein positives Beispiel sei das hochschulübergreifende Projekt in Hamburg, das Maßnahmen wie Beratungsangebote, finanzielle Unterstützung, Vermittlung von Schlüsselkompetenzen und Vernetzungsmöglichkeiten kombiniere.

Komplexe Forschung verstehen dank KI

Journalist*innen stünden oft vor der Herausforderung, komplexe wissenschaftliche und technische Dokumente zu verstehen, schreibt die Computerwissenschaftlerin Sachita Nishal. KI-Modelle wie GPT-4 könnten helfen, indem sie Textinhalte in verschiedene Formate umwandeln und komplexe Fachbegriffe vereinfachen. In einem Laborexperiment wurden 64 Artikel aus der Informatik analysiert. Dabei zeigte GPT-4 vielversprechende Ergebnisse bei der Identifizierung von Fachjargon und fand dabei mehr Begriffe als menschliche Begutachter*innen. Das Experiment deutet darauf hin, dass Journalist*innen bereits beim Prompten ihre Expertise und ihr Wissen in einem bestimmten Fachgebiet beschreiben sollten, um bessere Ergebnisse zu erzielen.

Wie viel soll Wissenschafts-PR kosten?

Die Evaluierung der Exzellenzstrategie für universitäre Spitzenforschung ist für August 2025 geplant. Jan-Martin Wiarda berichtet, dass die Berlin University Alliance (BUA) 900.000 Euro in eine Imagekampagne mit der Agentur Futurehain investiert, um die Identifikation der Berliner Wissenschaft mit der BUA zu stärken. Diese Summe wird in den Jahren 2023 bis 2025 für Online-Aktivitäten, Social Media, bezahlte Anzeigen sowie Plakate, Postkarten und Events, insbesondere im Rahmen der Langen Nacht der Wissenschaften und der Berlin Science Week, ausgegeben. Die Kampagne „Das offene Wissenslabor – für die großen Transformationen unserer Zeit“ soll die Vision des BUA von einem integrierten Wissens- und Innovationsstandort Berlin kommunizieren. Wiarda schreibt: „Wenn das mit der Identifikation zugunsten der BUA mithilfe einer solchen Kampagne gelingt, wären das ziemlich gut angelegte 900.000 Euro. Ansonsten ist es einfach nur ziemlich viel Geld.“

Kritik am „Kommunikationskitsch“

Die Regierungskoalition hat einen Antrag zur Stärkung der Wissenschaftskommunikation beschlossen (wir berichteten). Trotz „more of the same“ und reichlich „Kommunikationskitsch“ ist das für Oliver Ruf zunächst eine gute Nachricht. Um die Wissenschaftskommunikation tatsächlich zu verbessern, müsse sich aber im Wissenschaftssystem einiges ändern. Viele der genannten Maßnahmen seien weder neu noch originell und scheinen eher bereits begonnene Projekte des Forschungsministeriums abzusichern, als sie kritisch zu hinterfragen. Klare Anreize für eine Wissenschaftskommunikation, die wissenschaftlichen und journalistischen Standards entspricht, würden fehlen. Insbesondere das Potenzial der Wissenschaftskommunikation für die Sozial- und Geisteswissenschaften bleibe weitgehend ungenutzt: „Es gibt Nachholbedarf – und die Notwendigkeit, Wissenschaftskommunikation und ihre Erforschung weniger zu fetischisieren als vielmehr ernsthaft qualitätsgeleitet und disziplinenübergreifend zu denken.“

Außerdem in diesem Update: Die Perspektive von Sportwissenschaftler*innen auf die Wissenschaftskommunikation, ein #FactoryWisskomm Talk zur Rolle der Industrie und der Wahlkampf in den USA.

Und die Forschung?

Wie können Wissenschaft und Gesellschaft zum Thema Energiewende in einen produktiven Austausch kommen? Das Ariadne-Projekt hat dies versucht – unter anderem mithilfe von Fokusgruppen und Bürgerkonferenzen. Mareike Blum, wissenschaftliche Referentin beim Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, hat beteiligte Bürger*innen und Forscher*innen gefragt, ob das Projekt ihr Verständnis voneinander – und von den politischen Optionen – verändert habe. 

Erstere berichteten begeistert von den Lernmöglichkeiten und ihrer eigenen Rolle, während Forscher*innen auch Herausforderungen ansprachen. Die Autorin unterstreicht trotz der Einschränkungen den Wert von Räumen, in denen Forscher*innen, Bürger*innen und politische Entscheidungsträger*innen zusammenkommen. 

Mit der Frage, wie Sportwissenschaftler*innen ihr Engagement in der Wissenschaftskommunikation einschätzen, haben sich Hannah Zimmermann, Birte von Haaren-Mack und Klaus Bös vom Karlsruher Institut für Technologie* gemeinsam mit Christina Niermann von der Medical School Hamburg beschäftigt. Sie befragten rund 150 Sportwissenschaftler*innen online und verglichen die Ergebnisse mit denen einer Studie von Wissenschaft im Dialog (WiD)*, dem Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) und dem Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik)*. Es zeigte sich, dass die Sportwissenschaft trotz einer positiven Einstellung zum Thema bisher nur begrenzt kommuniziert. Die Befragten nannten vor allem fehlende Zeit und mangelnde Ressourcen als Hürden.

Termine

📆 3. September 2024 |  Digitaler #FactoryWisskomm-Talk: „Wissenschaftskommunikation in der Industrie“ | Mehr

📆 23. September bis 2. Oktober 2024 | Neue digitale Themenrunde zu KI bei I’m a Scientist* | Mehr

📆 30. Oktober bis 1. November 2024 (Weitere Termine verfügbar) | CZS STEM Impact School* | Mehr

📆 10. Dezember 2024 | Junges Forum*, Berlin | Mehr

Impressionen

Kamala Harris im Gespräch mit Teilnehmenden des 2019 Iowa Democratic Wing Ding im Surf Ballroom in Clear Lake, Iowa. Bild: Gage Skidmore (CC BY-SA 2.0)

Was bedeutet die Kandidatur von Kamala Harris in den amerikanischen Präsidentschaftswahlen für die Wissenschaft? Max Kozlov, Mariana Lenharo und Jeff Tollefson haben für Nature einen Deep Dive in die Hintergründe und politischen Prioritäten der voraussichtlichen Kandidatin unternommen. Ihr Fazit: Forschende seien vorsichtig optimistisch. Auch Charli XCX ist optimistisch. Sie sagt: „Kamala IST brat“.

* Wissenschaft im Dialog (WiD) und das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) sind zwei der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.