Zeit, Geld, Ausbildung – viele Teilnehmende unserer Umfrage zur Zukunft der Wissenschaftskommunikation wünschten sich mehr Ressourcen für ihre Arbeit. Einige dieser Wünsche kann die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) erfüllen. Wir haben bei Annette Schmidtmann, Abteilungsleiterin für Forschungsförderung, nachgefragt, welche Möglichkeiten es gibt.
DFG – „Wir müssen Wissenschaftskommunikation auch finanzieren“
Frau Schmidtmann, welchen Stellenwert hat Wissenschaftskommunikation in der Forschungsförderung der DFG?
Zunächst einmal ist Wissenschaftskommunikation natürlich wichtig. Um die Gesellschaft darüber zu informieren, was in der Wissenschaft passiert und auch als gewisse Form der Rechenschaft darüber, was mit dem ausgegebenen Geld geschehen ist. Deswegen können bereits seit dem Jahr 2000 im Rahmen unserer großen Verbundformate, wie den Sonderforschungsbereichen oder den Forschungszentren, Mittel für Wissenschaftskommunikation beantragt werden. Bei den Projekten in der Exzellenzinitiative ist es sogar Pflicht, Überlegungen zur Wissenschaftskommunikation zu integrieren. Und seit 2011 kann man auch in allen anderen DFG-Förderverfahren neben Mitteln für die Forschung auch gleichzeitig Mittel für Wissenschaftskommunikation beantragen.
Bei den Sonderforschungsbereichen kann man entweder Mittel für Wissenschaftskommunikation direkt im Rahmen der zentralen Verwaltungsmittel oder als zusätzliches eigenständiges Kommunikationsprojekt beantragen. Gilt das so auch für alle anderen Projekte, die die DFG fördert?
Ja, wobei man hier gleich dazu sagen muss, dass so ein Flaggschiff wie ein Sonderforschungsbereich natürlich insgesamt viel mehr Mittel, viel mehr Teilprojekte und viel mehr Leute hat, als viele andere Forschungsvorhaben. So ist es dort einfacher, Kommunikationsprojekte umzusetzen und es gibt auch viel mehr Themen und Ergebnisse, die man kommunizieren kann. Ich erinnere mich aber auch an ein Graduiertenkolleg, dass mit den bewilligten Mitteln eine Ausstellung umgesetzt hat. Es ist also ein ganz breites Feld und für die verschiedensten Maßnahmen ausdrücklich geöffnet, die zu DFG geförderten Forschungsprojekten gehören.
Die DFG förderte allein 2016 Forschungsprojekte mit 3 Milliarden Euro. Wie hoch ist der Anteil an der Gesamtfördersumme, der für Wissenschaftskommunikation ausgegeben wird?
Die Summen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, liegen aber, wenn man die Mittel für die Exzellenzinitiative mal außen vor lässt, immer noch bei unter einem Prozent. Was genau in diesen Projekten zur Wissenschaftskommunikation passiert, interessiert uns in der DFG aber auch – deshalb haben wir eine interne Arbeitsgruppe damit beauftragt, das zu untersuchen. Fragen sind hier außerdem: Welche Fächer sind besonders engagiert? Wie lange laufen die Projekte? Wie viel Geld wird ausgegeben? Wie sind sie organisiert? Damit haben wir aber gerade erst angefangen.
Stellen Sie da auch die Frage nach dem Impact der Projekte? Befragen Sie beispielsweise Rezipienten?
Erst mal wollen wir überhaupt wissen, wie das Förderangebot der DFG angenommen wird und wofür diese Mittel verwendet wurden. Sind es Ausstellungen, Filme, Veranstaltungen, Schülerprojekte? Das stellen wir zusammen und werden dann auch die Beteiligten nach ihren Erfahrungen befragen. Was wir dann an weiteren Fragen untersuchen, wird von dieser Bestandsaufnahme abhängen. Soweit sind wir aber noch nicht.
Gibt es Empfehlungen von Ihrer Seite dafür, was zeitliche, finanzielle oder personelle Ressourcen für Wissenschaftskommunikationsprojekte im Rahmen Ihrer Förderung betrifft?
Bei den „großen Schiffen“, also Sonderforschungsbereichen, Forschungszentren oder Exzellenzclustern, erwarten wir, dass sie sich Gedanken machen, wie sie die Öffentlichkeit an den Themen, Arbeitsweisen und Erkenntnissen ihrer Forschung teilhaben lassen. Aber was den Umfang angeht, ist es schwierig, generelle Empfehlungen abzugeben. Die Projekte sind sehr unterschiedlich, auch was Kosten und Kostenarten betrifft. Was wir auf jeden Fall empfehlen ist, dass sich die Projekte Unterstützung bei der Planung und Umsetzung suchen. Sie sollten zum Beispiel Kontakt aufnehmen mit den Kommunikationsabteilungen ihrer jeweiligen Einrichtungen. Sie können deren Expertise und Infrastrukturen nutzen.
Ein Wunsch aus der Umfrage war auch, konkrete, karriererelevante Anreize für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu schaffen, sich in der Wissenschaftskommunikation zu engagieren. Wie könnte so etwas aussehen?
Da können wir als DFG nur bedingt Anreize schaffen, wenn wir begrenzte Projektmittel zur Verfügung stellen. Karriereschritte wären eher von den Hochschulen zu überlegen oder auch von den Medien oder von Institutionen, die die Wissenschaftskommunikation und den Wissenschaftsjournalismus insgesamt befördern. In diesem Gefüge kann die DFG nur der erste Schritt sein, indem wir die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermutigen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Danach sind aber andere Akteure gefragt.
Wäre es vorstellbar Wissenschaftskommunikation zu einer zusätzlichen karriererelevanten „Währung“ zu machen? Also beispielsweise, indem man sie zum Kriterium der Förderung einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder auch im Nachwuchsbereich macht?
Das muss die jeweilige wissenschaftliche Community unterstützen und auch die Hochschulen oder Forschungsinstitute, an die jemand geht. Wenn Sie sich vorstellen, ein Nachwuchswissenschaftler stützt sich primär auf Kommunikation, dann stellt sich die Frage, ob das zulasten seiner eigenen wissenschaftlichen Arbeit geht. Die Berufung erfolgt später aber in erster Linie auf Basis der Qualität der wissenschaftlichen Arbeit. Es sei denn, dass eine Hochschule eine Stelle so ausschreibt, dass hier Wissenschaftskommunikation ein Teil der geforderten Qualifikation darstellt. Die DFG kann dazu beitragen, dass Forscherinnen und Forscher in ihren Projekten Wissenschaftskommunikation betreiben können, indem wir Mittel dafür zur Verfügung stellen.
Ein weiterer Wunsch ist „mehr Identifikation der Vorgesetzten mit den Aufgaben der Wissenschaftskommunikation“. Wie oft ist Wissenschaftskommunikation in Sitzungen der Leitungsebenen ein Thema?
Das wird in den Leitungsebenen aller Forschungsinstitutionen diskutiert, weil die wachsende Unsicherheit in der Gesellschaft, die auch die Wissenschaft zu betreffen scheint, überall gesehen wird. Zudem erleben wir, zum Beispiel in den Sozialen Medien, dass nicht immer gut recherchierte Fakten immer schneller Verbreitung finden. Das stellt alle Wissenschaftsorganisationen vor die Frage: Haben wir genug Wissenschaftskommunikation und haben wir die richtige? Es muss ja eine qualitätsvolle Kommunikation sein, die auch ihre Zielgruppen erreicht. Dass wir bereits vor einigen Jahren die Fördermöglichkeit für Kommunikation auf alle DFG-Projekte ausgeweitet haben, ist eine Leitungsentscheidung, die klar konstatiert: Wir müssen uns mit diesem Thema befassen, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ermuntern, sich damit auseinanderzusetzen, und wir müssen das auch finanzieren.
Eine Idee aus der Umfrage war auch, ein „nationales Onlinemagazin zu Forschungsprojekten“ zu gründen, das von vielen Forschungsinstitutionen gemeinsam betrieben wird. Wie realistisch ist das?
Werden da auch Ergebnisse der Forschungsvorhaben veröffentlicht?
Es gibt Berichte in der Kurzfassung mit den wesentlichen Inhalten und den jeweiligen Ansprechpersonen. Die Ergebnisse der Forschung werden in der jeweiligen Fachliteratur veröffentlicht.
Viele Publikationen, in denen diese Ergebnisse veröffentlicht werden, sind Closed Access, also für die Öffentlichkeit nicht einsehbar. Der Wunsch einer Ärztin in der Umfrage war, leichter Einsicht in Ergebnisse neuester Studien zu erhalten. Gibt es hier Pläne für mehr Open-Access-Publikationen in DFG-geförderten Forschungsprojekten?
Die DFG unterstützt Open Access und finanziert beispielsweise Programme, um den Universitäten und den Bibliotheken einen Übergang in Open Access zu erleichtern. Wir haben das klare Ziel, dass mehr Forschung im Open Access publiziert werden sollte. Es ist aber nicht verpflichtend, weil wir einen breiten Zugang zu verschiedenen Publikationsmöglichkeiten erhalten wollen.
In unserer Umfrage wurde auch mehr Verständnis für und Kompetenz seitens der Forschenden für Kommunikationsaufgaben gewünscht. Welche Rolle spielt Wissenschaftskommunikation zum Beispiel in den von der DFG geförderten Graduiertenkollegs oder anderen Fortbildungsprogrammen?
Das ist eine Entscheidung der Graduiertenkollegs selbst. Sie können Fortbildungen zum Thema Wissenschaftskommunikation umsetzen, müssen es aber nicht. In der Einzelförderung im Emmy-Noether-Programm für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler oder im Heisenberg-Programm für angehende Professorinnen und Professoren können Weiterbildungsmaßnahmen zur Wissenschaftskommunikation aus den Fördermitteln finanziert werden. Außerdem gibt es auch die Möglichkeit, aus den bewilligten Mitteln eines Projekts ein spezifisches Training durchzuführen, wenn das in Zusammenhang zu den geplanten Maßnahmen zur Wissenschaftskommunikation steht.
Wie oft wird das genutzt?
Das ermitteln wir im Rahmen unserer eingangs erwähnten Erhebung zur Wissenschaftskommunikation derzeit.