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„Wir fördern die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft aktiv“

Der Technologiepark Adlershof ist eine der besten Adressen für Hochschultechnologie. Doch wie gelingt hier die Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft? Im Interview erklärt Cindy Böhme, warum die räumliche Nähe der Forschungseinrichtungen und Unternehmen Kooperationen fördert und wie der Standort dabei hilft, Innovationen voranzutreiben.


Der Technologiepark Adlershof ist einer der führenden Wissenschafts- und Technologieparks in Deutschland. Was steckt dahinter?

Cindy Böhme hat Germanistik und später berufsbegleitend Kommunikationsmanagement studiert. Jetzt ist sie Pressesprecherin der Wista Management GmbH, zu ihren Aufgaben gehört die Kommunikation und Außendarstellung des Unternehmens und des Wissenschafts- und Technologieparks Adlershof. Foto: WISTA Management GmbH

Im Technologiepark Adlershof geht es vor allem um Nähe und Austausch. Menschen treffen sich aufgrund der Dichte der Einrichtungen zufällig, tauschen sich über ihre Arbeit aus und entdecken Gemeinsamkeiten, die zu Kooperationen oder neuen Projekten führen können. Bei Fragen gibt es immer jemanden, der oder die helfen kann oder jemanden kennt, der die Antwort weiß. Daher wird Adlershof als „Wissenschaftsstadt“ bezeichnet – eine Art Stadt in der Stadt, wo sich viele kennen und Zusammenarbeit gefördert wird.

Das funktioniert aber auch nur, weil sowohl die naturwissenschaftlichen Einrichtungen, wie die MINT-Institute der Humboldt-Universität zu Berlin, als auch die Unternehmen in Adlershof aus gleichen Technologiefeldern, Branchen und Disziplinen kommen.

Neben der Nähe und dem Austausch ist es wichtig, spezifische Themenfelder zu haben, um eine gute Kooperation zu ermöglichen. Wir haben Unternehmen und wissenschaftliche Einrichtungen, die Grundlagenforschung betreiben, anwendungsorientierte Forschung machen und daraus Produkte entwickeln. So entsteht eine gute Wertschöpfungskette. In Adlershof wird aber auch produziert: Meistens handelt es sich dabei aber eher um Mikrosysteme, wie Chips oder bestimmte Komponenten.

Wie funktioniert ein Technologiepark als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft?

Wir fördern die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft aktiv. Ein Beispiel ist das Thema Ausgründung. Viele Wissenschaftler*innen nehmen an Mentoring-Programmen teil, die von der Humboldt-Universität und anderen Institutionen angeboten werden. Diese Programme zeigen die verschiedenen Möglichkeiten auf, die ihnen nach dem Studium offenstehen, zum Beispiel in einem Unternehmen tätig zu werden oder selbst ein Unternehmen zu gründen.

„Studierende kommen mit wirtschaftlichen Lösungen in ihrem Forschungsfeld in Kontakt und sehen Karrieremöglichkeiten außerhalb der Uni.“ Cindy Böhme

Es gibt an der Humboldt-Universität auch einen Gründungsservice, der die Wissenschaftler*innen bei diesem Prozess begleiten. Der Gründungsservice der HU richtet sich an alle Studierenden, unabhängig von Fach und Standort. Besonders in Adlershof, wo die Naturwissenschaften angesiedelt sind, wird das Gründen durch den nahen Technologiepark gefördert. Studierende kommen mit wirtschaftlichen Lösungen in ihrem Forschungsfeld in Kontakt und sehen Karrieremöglichkeiten außerhalb der Uni. Ausgründungen können direkt in Adlershof bleiben und z.B. in eines der Gründungszentren einziehen, wo sie die nötige Infrastruktur und ein unterstützendes Netzwerk finden.

Natürlich gibt es auch andere Formen der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, etwa im Bereich der Forschungsförderung. Wissenschaftler*innen und Mitarbeitende von Unternehmen besuchen gemeinsame Veranstaltungen, die einen fachlichen Schwerpunkt haben, und inspirieren sich gegenseitig. Ein Beispiel für diesen produktiven Austausch ist das Ferdinand-Braun-Institut. Es ist im Bereich Lasertechnik tätig und kooperiert eng mit vielen Laserunternehmen am Standort. Auch komplexe Infrastruktur im Technologiepark wird gemeinsam benutzt: Das Helmholtz-Zentrum hat in Adlershof einen Elektronenspeicherring und einen Teilchenbeschleuniger, die hauptsächlich von der Wissenschaft genutzt werden, aber auch Wirtschaftsunternehmen offenstehen.

Technologiepark Adlershof

Der Technologiepark Adlershof im Südosten Berlins ist der größte in Deutschland und gilt mit etwa 1.330 ansässigen Unternehmen als eine der Top-Adressen für Hochtechnologie – sowohl national als auch international. Der Fokus der dortigen Firmen und Forschungseinrichtungen liegt auf Photonik und Optik, Photovoltaik und Erneuerbaren Energien, Mikrosystemen und neuen Materialien, Informationstechnik und Medien sowie Biotechnologie und Umwelt. Weitere Informationen.

Welche Projekte oder Unternehmen sind besonders erwähnenswert, die aus der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft im Technologiepark Adlershof hervorgegangen sind?

Neben den bereits erwähnten Beispielen ist die Weltraumforschung ein weiteres interessantes Thema. Wir sind einer von mehreren Standorten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), das in Adlershof mit einem Institut für Verkehrssystemtechnik und einem Institut für Planetenforschung vertreten ist. Diese Institute sind an den meisten laufenden Weltraummissionen beteiligt. Letztes Jahr startete zum Beispiel eine Mission zum Jupiter, bei der die Kameratechnik des DLR zum Einsatz kam. Viele Unternehmen am Standort beschäftigen sich ebenfalls mit Raumfahrt, sei es im Satellitenbau oder im Komponentenbau für Weltraumtechnik.

Der mRNA-Impfstoff von BioNTech ist ein weiteres bekanntes Beispiel. Die Peptide für den Impfstoff wurden von einem Tochterunternehmen in Adlershof hergestellt. Ohne diese Zusammenarbeit wäre der Impfstoff nicht so schnell verfügbar gewesen. Auch Robotik ist ein Thema in Adlershof. Ein Unternehmen stellt Unterwasserroboter her, die unter Wasser kommunizieren, vermisste Menschen und Minen aufspüren können. Diese Roboter nutzen die Delfinkommunikation und sind den Formen von Meerestieren nachempfunden. Insgesamt ist Adlershof also ein Standort mit vielen spannenden Projekten und Innovationen.

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Wie fördern Sie die Zusammenarbeit zwischen den wissenschaftlichen Einrichtungen und den Unternehmen in Adlershof?

Die Maßnahmen sind vielfältig. Bei unseren Veranstaltungen, wie zum Beispiel den Sommerempfängen, lernen sich die Menschen besser kennen und und kommen niederschwellig in einen Austausch. In den letzten Jahren haben wir uns als Standortbetreibergesellschaft verstärkt auf das Thema Menschen, also Mitarbeiter*innen und Fachkräfte, fokussiert.

Das heißt, wir initiieren vermehrt Programme, um Jugendliche und Studierende zu motivieren, eine Karriere im Bereich Naturwissenschaften einzuschlagen. Leider haben wir immer noch viel zu wenig Leute in diesen Bereichen, vor allem zu wenig Frauen und Mädchen, die sich diesen Weg zutrauen. So haben wir in den vergangenen Jahren beispielsweise das Diversity Festival Adlershof initiiert, das sichtbar machen soll, wie wir von Vielfalt in der beruflichen Zusammenarbeit alle profitieren.

Wir gehen auch direkt auf die Postdocs und Promovierenden zu und arbeiten eng mit der Humboldt-Universität zusammen, um ihnen mögliche Karrierewege außerhalb der Wissenschaft aufzuzeigen. Die Humboldt-Universität hat verschiedene Programme, zum Beispiel „WiNS“ – Women in Natural Sciences. Das ist ein Mentoringprogramm für Frauen in den Naturwissenschaften, das relativ offen gehalten ist.

Im Technologiepark Adlershof sind mehrere Akteure an der Wissenschaftskommunikation beteiligt. Welche Strategien werden hier eingesetzt, um komplexe wissenschaftliche Themen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen?

Die Wissenschaftskommunikation des Technologieparks umfasst mehrere Ebenen. Es gibt die verschiedenen Einrichtungen, die zum Teil eigene Kommunikator*innen haben. Ein Beispiel dafür ist der Forschungsverbund der Leibniz-Institute bei uns am Standort. Dieser Verbund übernimmt teilweise die administrativen Aufgaben und die Kommunikation für die Leibniz-Forschungseinrichtungen, wie das Max-Born-Institut oder das Leibniz-Institut für Kristallzüchtung.

Dabei steht die Kommunikation von Themen für ein Fachpublikum wie Wissenschaftsjournalist*innen und die wissenschaftliche Community im Vordergrund. Einer der wichtigsten Kanäle, um die allgemeine Bevölkerung zu erreichen, ist die Lange Nacht der Wissenschaften in Berlin. Das ist ein wahnsinnig gutes Format. Dieses Jahr wurden zum Beispiel Einblicke in den Teilchenbeschleuniger gegeben und um das Thema Solarzellenschichten ein bisschen greifbarer zu machen, wurden diese anhand von Crêpes erklärt.

Lange Nacht der Wissenschaften: Tour im Großen Windkanal. Foto: WISTA Management GmbH

Darüber hinaus haben wir eine Initiative in Kooperation mit dem Berliner Radiosender FLUX FM gestartet, um einen Blick hinter die Türen des Technologieparks Adlershof zu ermöglichen. In einem Podcastformat kommen sowohl Vertreter aus Unternehmen als auch aus der Forschung zu Wort und berichten, was es hier am Standort zu sehen gibt. Es gibt aber auch immer wieder spezielle Formate für Kinder, wie die Zusammenarbeit des Helmholtz-Zentrums Berlin mit dem Kinderradiosender Radio Teddy, um kindgerecht zu erklären, was Forscher*innen tun. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die direkte Kommunikation, etwa mit Anwohner*innen vor Ort.

Wie profitiert die Wissenschaft von dieser engen Zusammenarbeit, die in Adlershof möglich ist?

Je näher Wissenschaft und Wirtschaft zusammenarbeiten, desto höher ist die Chance, dass wissenschaftliche Erkenntnisse auch umgesetzt werden. Wenn die Forschung nur in der Schublade verschwindet, hat das weniger Auswirkungen, als wenn sie zeitnah umgesetzt werden kann. Besonders bei Themen wie Klimawandel oder Ressourcenknappheit spüren die Naturwissenschaftler*innen eine große Motivation und den Wunsch, etwas zu verändern.

Ein Umfeld, in dem die passenden Leute diese Erkenntnisse im nächsten oder übernächsten Schritt umsetzen können, ist daher eine gute Sache. Zusammenfassend würde ich sagen, dass es wichtig ist, Wissenschaft gegenüber der Öffentlichkeit und der Politik sichtbar und nachvollziehbar zu machen, damit die Forschung die Ressourcen erhält, die sie für ihre Arbeit benötigt.

„Je näher Wissenschaft und Wirtschaft zusammenarbeiten, desto höher ist die Chance, dass wissenschaftliche Erkenntnisse auch umgesetzt werden.“ Cindy Böhme

Welche langfristigen Ziele verfolgt der Technologiepark im Hinblick auf die Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft?

Ein zentraler Bestandteil unserer Strategie für Adlershof ist es, Lösungen für die „Grand Challenges“ wie den Klimawandel und die Ressourcenknappheit zu entwickeln. Wir konzentrieren uns auf technologische Innovationen, darunter fallen zum Beispiel neue Materialien, Wiederverwendbarkeit von Materialien und alternative Technologien im Bereich Energie wie Salzbatterien. Unsere Strategie umfasst auch gesellschaftliche Aspekte, wie die Schaffung einer positiven Arbeitsumgebung und die Förderung von Toleranz und demokratischen Werten im Technologiepark. Wir möchten der Gesellschaft verdeutlichen, dass Vielfalt und Toleranz entscheidend für den Erfolg unserer Wirtschaft und Wissenschaft sind.

Ein strategisches Ziel ist es, den Bereich der Quantentechnologie weiter auszubauen. Das ist ein komplexes Feld, das gerade hier in Berlin und Adlershof durch die Berlin Quantum vorangetrieben wird. Diese Initiative fördert den Aufbau einer starken Community für Quantentechnologie. Außerdem arbeiten wir eng mit dem Land Brandenburg zusammen, um in der Lausitz einen neuen Technologiepark, den Lausitz Science Park, zu entwickeln.