Grafik: Philip Dunkhase

Wie KI in der Web-Analyse der Hochschulkommunikation hilft

Um die digitale Zukunft nicht zu verschlafen und überzeugende Social-Media-Strategien zu entwickeln, müssen sich Hochschulen stärker mit neuen Möglichkeiten der Web-Analyse auseinandersetzen, fordert Philip Dunkhase von der Universität Lüneburg im Gastbeitrag.

Die Komplexität und das Aufgabenspektrum in den Kommunikationsabteilungen von Hochschulen haben sich stark ausgeweitet. Vor 15 Jahren ging es in den deutschen Hochschulen vor allem um die klassische Pressearbeit mit entsprechenden Pressemeldungen, Pressekonferenzen und der Kontaktpflege zu Journalisten. Seitdem sind etliche Aufgaben hinzugekommen: Die Online-Kommunikation, Apps, Blogs, Online-Videos, Newsletter, Wikis, Online-Magazine, Podcasts und Social Media sind für die Kommunikation von Hochschulen bedeutend geworden.

Eine responsive Webseite zu haben, gehört heutzutage zum Standard, und der Einsatz von Social Media ist weit verbreitet. Darüber hinaus muss jemand alle diese Onlinepräsenzen aufsetzen, koordinieren, betreuen, weiterentwickeln und für die führenden Suchmaschinen optimieren. Heutige Webseitenbesucher – wie internationale Studieninteressierte, Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler sowie Spitzenforschende – stellen hohe Anforderungen an die digitale Präsenz der Bildungseinrichtung. Dabei erfüllen die internationalen Hochschulwebseiten und Social-Media-Kanäle der Hochschulen viele unterschiedliche Funktionen und stellen beispielsweise bei der Hochschulwahl ein wichtiges Entscheidungskriterium dar.

„Hochschulen bespielen soziale Medien eher in traditioneller Weise als zusätzlichen Kanal der Einwegkommunikation.“ Philip Dunkhase
Zugleich lässt sich konstatieren, dass die meisten deutschen Universitäten über keine ganzheitliche Social-Media-Strategie verfügen, was auch bereits 2013 eine Untersuchung des Autors zusammen mit Constance Richter, Professorin für Technische Dokumentation an der Hochschule Aalen, ergeben hatte. Sie stehen vielmehr noch weitgehend am Anfang dieser Entwicklungen und sind eher mit den Herausforderungen als mit den Chancen des Web 2.0 beschäftigt. Es zeigte sich zwar, dass die Hochschulen sich der Bedeutung von Social Media bewusst sind und sie entsprechend bedienen. Sie nutzen diese Kanäle aber vor allem für die Ansprache von aktuellen oder künftigen Studierenden und sie gehören dabei nicht zu den Innovatoren, sondern bespielen diese Medien eher in traditioneller Weise als zusätzlichen Kanal der Einwegkommunikation. Gerade in weniger kommerzialisierten Hochschulsystemen wie denen im deutschsprachigen Raum werden die unterschiedlichen Social-Media-Kanäle eher wenig dialogorientiert genutzt.

Vorteile einer kontinuierlichen Social-Media-Optimierung

Investitionen und Anstrengungen der Webredaktionen in die Social-Media-Optimierung (SMO) haben viele Vorteile. Zum einen ist dadurch mit einer Reichweitensteigerung und der erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine virale Verbreitung der eigenen Inhalte zu rechnen, etwa für veröffentliche Beiträge auf der Hochschulwebseite. Zum anderen werden durch häufigeres Sharen, Twittern und Liken der Inhalte auch regelmäßig neue Besucherinnen und Besucher auf den Hochschulwebseiten verbucht. Auch aus Sicht der Suchmaschinenoptimierung (SEO) wirkt sich SMO – unter anderem durch den Social-Media-Backlinkaufbau – positiv auf die Sichtbarkeit in den führenden Suchmaschinen aus.

„Durch häufigeres Sharen, Twittern und Liken auf Social Media werden auch regelmäßig neue Besucherinnen und Besucher auf den Hochschulwebseiten verbucht.“ Philip Dunkhase
Interessant ist dabei auch das noch relativ neue Feature der „Google OneBox“: Dabei werden nach einer Google-Suche in einem deutlich abgehobenen Kasten zusätzliche Informationen zu den üblichen Suchtreffern prominent auf der ersten Ergebnisseite platziert. Die OneBox basiert auf dem Google Knowledge Graph, für den verschiedenste Informationen herangezogen werden, zum Beispiel Inhalte von Wikipedia oder Daten, die innerhalb von Webseiten für die Suchmaschinen speziell zum Auslesen kenntlich gemacht worden sind, sogenannte „strukturierte Daten“. Bei einer Suchanfrage nach einer Universität können in der OneBox beziehungsweise im Knowledge Graph somit Youtube-Videos, Bewertungen von Studycheck, Facebook oder Google, Veranstaltungen über Ticketing-Anbieter, namhafte Alumni der Hochschule oder Kennzahlen über Wikipedia-Einträge angezeigt werden.

Die Einbindung von RSS-Feeds sowie von Social Plugins und Social Widgets, die zum Beispiel Buttons zum Sharen, Liken und Folgen auf Facebook, Twitter, Youtube, Instagram oder Linkedin aufrufen oder Inhalte von dort anzeigen, zählen bereits zum Standardrepertoire der Webseitenoptimierung. Ein wichtiger Bestandteil von SMO ist die technische Optimierung der großen Content-Management-Systeme der Hochschulwebseiten, um die Funktionalität der Social-Media-Widgets datenschutzkonform zu gewährleisten. Die größten Herausforderungen scheinen in der Einhaltung der Datenschutzbestimmungen und dem Kontrollverlust zu liegen, da jetzt neben den Pressestellen eine Vielzahl unkalkulierbarer Akteure mitreden können. Viele Fragen bleiben aber noch offen: Wie sehen die Social-Media-Angebote der Hochschulen derzeit überhaupt aus? Welche Social-Media-Anwendungen können in der Wissenschaftskommunikation und -PR sinnvoll genutzt werden und für welche Zielgruppen sind sie jeweils geeignet?

Jede achte deutsche Hochschule hat auf ihrer Website mehr als eine Millionen Unterseiten. Grafik: Philip Dunkhase

Mit künstlicher Intelligenz in Web-Monitoring und Web-Analytics zur datengetriebenen Entscheidung

Die aussagekräftigsten Daten für Analysen im Online-Marketing sind jene über die Nutzerinnen und Nutzer und deren Verhalten auf den Unterseiten der Hochschul-Webauftritte – das können, besonders bei schlecht strukturierten oder gepflegten Websites, schon mal mehr als eine Millionen einzelne Pages sein (siehe Grafik).

Die Anwendungsgebiete eines professionellen Web-Analytics in der Universität sind dabei sehr vielfältig – egal ob in der Wissenschaftskommunikation, der Studienberatung, der Öffentlichkeitsarbeit, dem Studierendenmarketing oder dem Einwerben von Drittmitteln. Vor allem vor dem Hintergrund steigenden internationalen Wettbewerbs erscheint der Einsatz von Web-Analytics für die Hochschulkommunikation zukünftig unerlässlich. Er beantwortet Fragen wie: Wie sieht die Auslastung meiner Uni-Webseite aus? Welche Hochschulwebseiten werden wann, wie lange und wie oft angeschaut? Wie sehen aktuell die Besucherzahlen aus? Welche Portale verlinken auf meine Uni-Website? Über welche verlinkten Beiträge kommen potentielle Studieninteressierte, Mitarbeitende, Forschende oder Alumni auf meine Uniwebseite? Und wie kann ich den Erfolg meiner Online-Marketing Kampagnen feststellen?

„Durch den kombinierten Einsatz von künstlicher Intelligenz und Web-Analytics lassen sich Stärken, Schwächen und Benchmarks für eine Uni-Website ermitteln.“ Philip Dunkhase
Mit der Webanalyse als Instrument ist es möglich, die Effizienz einer Website zu messen. Für die internationale Sichtbarkeit einer Universität ist entscheidend, wie gut sie im Vergleich zu ihren Wettbewerbern auch im World Wide Web steht. Durch den kombinierten Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) und Web-Analytics lassen sich Stärken, Schwächen und Benchmarks für eine Uni-Website ermitteln. Für die eigene Hochschulwebseite kommen diese Daten für gewöhnlich aus der Integration von Webanalyse-Tools wie Google Analytics, Adobe Analytics, Matomo (ehemals Piwik) oder Webtrekk. Aber auch externe Datenquellen stehen zur Verfügung: Insbesondere die großen Suchmaschinen und Werbeanbieter wie Google Adwords, Facebook, Linkedin und Twitter bieten ihren Kunden Zugang zu detaillierten Statistiken rund um die ausgespielten Inhalte in ihren Netzwerken. Ergänzend können KI-basierte Social-Monitoring-Tools die Auswahl der relevanten Daten unterstützen und bei deren Interpretation helfen. Große Tools wie Brandwatch oder Talkwalker, Simelarweb, Hootsuite, Facelift, Sproudsocial, Ryte und Google Trends verfügen inzwischen über die Fähigkeit, die wichtigen Trends und Entwicklungen in den Analytics hervorzuheben und auch auf ungewöhnliche Entwicklungen hinzuweisen, etwa von Faktoren wie Fanwachstum, Reichweite, Interaktionen mit Influencerinnen und Influencern oder Sentiment-Verhältnis, also die Rate von Kommentaren und Bewertungen mit positiven und negativen Wörtern darin.

Neben diesen KI-basierten Social-Monitoring-Tools liefern auch SEO-Tools wie beispielsweise XOVI oder Sisitrix wertvolle Informationen. SEO-Tools sind Programme, die Website-Betreiber und SEOs bei der Suchmaschinenoptimierung unterstützen. Sie dienen unter anderem der Analyse von Content, Keywords, Backlinks, Wettbewerb oder einer gesamten Website hinsichtlich ihres aktuellen Rankings und ihres Ranking-Potenzials in führenden Suchmaschinen.

Die eigentlichen Herausforderungen im datenbasierten Web-Monitoring und Web-Analytics liegt im Zusammenführen und Auswerten verschiedenster Daten und Quellen. Die datenschutzrechtliche Verwendung und das reine Vorhandensein von aussagekräftigen Daten ist dabei häufig gar nicht die Hürde. Doch damit allein ist der Weg zu datengetriebenen Entscheidungen noch lange nicht vollendet. Dass einzelne Kennzahlen massive Veränderungen zeigen, wird bei etablierten Prozessen eher die Ausnahme bleiben, weshalb eine intelligente Auswertung aller zur Verfügung stehenden Daten geboten ist. Und selbst wenn doch einmal in bestimmten Parametern signifikante Schwankungen auftreten, ist längst noch nicht analysiert, worauf diese zurückzuführen sind. Vor diesem Hintergrund wird es in der Hochschulkommunikation vor allem um die Frage gehen, wie man die Vorteile von KI als Chance für das Kommunikationsmanagement nutzen kann – um, gerade im internationalen Vergleich, die digitale Zukunft nicht zu verschlafen.

 

Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.