Wissenschaft in der Altstadt, neben Läden und Cafés. Funktioniert das? Das Team des COSMO Wissenschaftsforums berichtet, wie es ihnen gelingt, Besucher*innen spielerisch für komplexe Themen zu begeistern.
Wie das COSMO Wissenschaftsforum Besucher*innen anlockt
Frauenkirche, schicke Boutiquen und belebte Straßencafés – die Dresdner Altstadt zieht mit ihrem historischen Charme viele Menschen an. Familien mit Kindern besuchen im Sommer die Eisdielen und Jugendliche treffen sich am Altmarkt vor dem Kulturpalast, der mitten im geschäftigen Treiben eine ruhige Oase bildet. Der Kulturpalast Dresden, eine öffentliche Kultureinrichtung, beherbergt unter anderem die Dresdner Philharmonie, die Zentralbibliothek und seit September 2022 auch das COSMO Wissenschaftsforum. Das Haus verbindet Kunst und Wissen und ist dank seiner Tradition ein Ort für Begegnung, was ihn zu einem unverzichtbaren Bestandteil der städtischen Gemeinschaft macht.
Im Erdgeschoss des traditionsreichen 1960er-Jahre-Baus zieht eine großflächig bedruckte Glasfront das Interesse auf sich und weckt Neugier auf Wissenschaft. Durch die Fenster sind die großen Exponate des COSMO Wissenschaftsforums zu sehen. Seine zentrale Lage im Kulturpalast bietet eine einfache Möglichkeit, mit Wissenschaft in Kontakt zu kommen und sich am Diskurs zu beteiligen. In Verbindung mit den vielfältigen Kultur- und Kunstangeboten des Kulturpalastes und den umliegenden Cafés bringt es die Wissenschaft mitten in das Alltagsleben der Menschen und schafft einen niederschwelligen Zugang zur Dresdner Forschung.
Wie wir unsere Zielgruppen erreichen
Das COSMO Wissenschaftsforum richtet sich an die breite Bevölkerung, insbesondere an Personen, die bisher wenig Kontakt zu Wissenschaftsthemen hatten. Wir möchten Kinder, Jugendliche und Erwachsene ansprechen und sie durch interaktive Exponate für Forschung begeistern. Dank der zentralen Lage des COSMO Wissenschaftsforums inmitten der Dresdner Altstadt im Kulturpalast erreichen wir täglich zahlreiche Passant*innen. Eine Umfrage ergab, dass die Mehrheit der Besucher*innen auf das COSMO aufmerksam wurde, während sie daran vorbeigingen. Daher ist der äußere Eindruck entscheidend. Eine lebendige Schaufenstergestaltung, gut lesbare Banner, ein einladender Blick in den Ausstellungsraum sowie Ausstellungsinformationen auf Bildschirmen oder Aufstellern tragen maßgeblich dazu bei, die Aufmerksamkeit der Passant*innen zu gewinnen.
So planen wir Themen
Beim Planen eines neuen Themenschwerpunktes sprechen wir zunächst Institutionen an, die zu den Ausstellungssubjekten forschen. Gemeinsam entscheiden wir dann, ob eine Kooperation möglich ist. Die Institute, die ihre Forschungsprojekte der Öffentlichkeit zugänglich machen möchten, können entweder vorhandene oder speziell dafür entwickelte Exponate einbringen. Während des Prozesses unterstützen wir unsere Partner*innen mit unserer Expertise zur Zielgruppenansprache, Zielsetzung der Exponate und Ideen für interaktive Elemente. Für unsere nächste Ausstellung „Dr. Zukunft – Medizintechnik aus der Dresdner Wissenschaft“ ab September 2024 werden 13 von 14 geplanten Exponaten eigens dafür angefertigt.
Die Wissenschaftler*innen, die die Exponate entwickeln, sind hoch motiviert, Wissenschaftskommunikation zu betreiben. Sie finden kreative Wege, um aus schwer zugänglichen, abstrakten Ergebnissen interaktive Exponate zu erschaffen. Während einige Wissenschaftler*innen mit Grafikagenturen zusammenarbeiten, nutzen andere 3D-Drucker oder greifen selbst zu handwerklichen Methoden. Ihr Engagement beschränkt sich nicht nur auf die Herstellung der Exponate. Im Rahmen des Formats „Forschende ganz nah“ bieten sie den Besucher*innen auch die Möglichkeit, direkt mit ihnen über das Thema Medizintechnik ins Gespräch zu kommen.
Wie setzen wir die Themen um?
Unsere Ausstellungsthemen orientieren wir an der Lebensrealität der Besucher*innen. Ein Beispiel dafür ist das große Interesse an dem KI-gestützten Sprachmodell ChatGPT. Das Programm verändert seit seinem Launch im Jahr 2022 den Alltag vieler Menschen spürbar und rückt KI verstärkt in den Fokus. In unserer Ausstellung „Künstliche Intelligenz erklärt“, die von September 2023 bis Januar 2024 lief, betrachteten wir daraufhin die Dresdner Forschung zu und mit KI. Die Ausstellung präsentierte Exponate, die sich Chancen und Risiken von künstlicher Intelligenz widmen. Dabei konnten die Besucher*innen erfahren, wie diese Technologie funktioniert, wie Dresdner Forschungsinstitute mit KI arbeiten und wie Architektur- und Design-Studierende sowie Künstler*innen KI hinterfragen oder nutzen.
So machten wir mit dem Kunstwerk „Mrs. Conant“ (2021) des Künstlers Christian Kosmas Mayers, einer algorithmisch animierten Fotografie, auf das Thema Deepfakes aufmerksam. Besucher*innen konnten mit dem Exponat „Fahrsimulator“ des Barkhausen Instituts spielerisch entdecken, dass ein autonomes Fahrzeug qualitativ hochwertige Daten und Training braucht, um sicher fahren zu lernen. Mit dem Exponat „Spielarkaden“ der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden konnten Besucher*innen den Umgang mit KI erleben. In einem der Spiele mussten sie entscheiden, ob Bilder, Musik oder Videos von einer KI generiert oder von Menschen geschaffen wurden.
Durch eine Befragung und den direkten Austausch mit den Besucher*innen erhielten wir kontinuierlich Feedback während der Ausstellung. Besonders die Interaktivität der Ausstellung wurde als spannend und hilfreich für das Verständnis der Themen gelobt. Lehrkräfte berichteten, dass sich ihre Schüler*innen außerordentlich lange auf die Exponate konzentrierten und voller Neugierde waren, sie zu entdecken. Neben den positiven Rückmeldungen gab es auch Raum für die Ängste und Sorgen. Einige Besucher*innen äußerten Bedenken hinsichtlich der Verbreitung von Fake News und der Auswirkungen auf die Zukunft jüngerer Generationen.
Science Cafés, Diskussionsrunden und Workshops
Wir setzen auf einen niedrigschwelligen und interaktiven Zugang zu den Forschungsthemen. Besucher*innen sollen sich spielerisch mit diesen auseinandersetzen können. Dabei erklären wir nicht alle Aspekte eines Themas, sondern ermöglichen einen ersten Einblick und wecken Neugier. Unsere Erfahrung zeigt, dass der spielerische Aspekt einen hohen Stellenwert einnimmt, da er Barrieren zwischen Laien und Forschung abbaut. Besucher*innen berichten, dass sie durch das spielerische Element leichter Zugang zu wissenschaftlichen Themen finden. Sie geben an, weniger Angst vor fehlendem Hintergrundwissen zu haben und Spaß am Entdeckungsprozess zu empfinden. Das fördert ihre Neugierde und ermutigt sie, sich auch nach der Ausstellung tiefer mit dem Thema zu befassen.
Zusätzlich zu den Exponaten bieten wir im Rahmen der Ausstellungen im COSMO ein Veranstaltungsprogramm für Erwachsene an, das unterschiedliche Formate wie Science Cafés, Fishbowls oder Diskussionsrunden umfasst. So erhalten die Besucher*innen die Möglichkeit, direkt mit Wissenschaftler*innen in den Austausch zu treten. Sie können Fragen stellen und haben die Möglichkeit eigene Ideen zu teilen.
Des Weiteren bieten wir ein spezielles Angebot für Kinder und Jugendliche an. In Workshops, die vom Lernlabor des Barkhausen Instituts organisiert werden, erhalten sie die Möglichkeit, tiefer in spezifische Themen einzutauchen. Die Themen sind inspiriert von den Forschungsbereichen des Instituts und reichen von Programmieren über Datenschutz bis zu Medizintechnik. Die Workshops werden mit unseren Wissenschaftler*innen gemeinsam entwickelt und oft in Zusammenarbeit mit anderen Kooperationspartnern angeboten. So haben wir einen Workshop zum Thema „Wie lernt eine KI?“ mit einer Autorenlesung eines Kinderbuchs in der Zentralbibliothek im Kulturpalast kombiniert.
Darüber hinaus stellen wir das COSMO allen Dresdner Forschungseinrichtungen als Plattform für einen wissenschaftlichen Austausch zur Verfügung. Parallel zum Veranstaltungsprogramm der Ausstellungen organisieren wir kontinuierlich in Kooperation mit Partnern anderer Forschungsinstitute und der TU Dresden Veranstaltungen zu unterschiedlichen Themen, wie Nachhaltigkeit, Architektur oder Mobilität. Ein Höhepunkt ist die jährliche Teilnahme an der Dresdner Langen Nacht der Wissenschaften.
Projektsteckbrief
Das Projekt wird gemeinsam vom Barkhausen Institut und dem vom Department Speculative Transformation der TU Dresden betrieben und kooperiert mit Partnern der Wissenschaftsallianz DRESDEN-concept e. V. und dem Kulturpalast Dresden.
Das Wissenschaftsforum COSMO wurde im September 2022 im Zentrum der Dresdner Altstadt eröffnet. Der Raum erstreckt sich im Kulturpalast Dresden über etwa 120 m², hat zwei große Fensterfronten und ist barrierefrei. Das COSMO ist jeden Dienstag bis Donnerstag von 13 Uhr bis 18 Uhr kostenfrei für Besucher*innen geöffnet. Zusätzlich zu den regulären Öffnungszeiten wird der Raum vormittags häufig für Workshops für Kinder und Jugendliche und an Abenden für Veranstaltungen genutzt.
Zielgruppe: Die breite Bevölkerung, besonders Menschen, die bisher wenig Kontakt zu Wissenschaftsthemen hatten.
Team: Betrieben wird das COSMO vom Department Speculative Transformation der TU Dresden und dem Barkhausen Institut.
Träger/Budget: Träger des COSMO Wissenschaftsforums ist das Barkhausen Institut, ein Institut, das an der Vertrauenswürdigkeit für die vernetzte Welt forscht. Die Finanzierung des Barkhausen Instituts erfolgt auf Grundlage des vom Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Mit diesen Mitteln wird auch das COSMO finanziert.
Daten zur Zielerreichung: Seit der Eröffnung im Jahr 2022 wurden fünf Ausstellungen organisiert. Zusätzlich zu den Ausstellungen fanden 70 öffentliche Veranstaltungen und 40 Workshops statt. Die Besucher*innenzahlen der Ausstellungen und Veranstaltungen sind stetig gestiegen. Insgesamt haben Stand April 2024 mehr als 3.400 Personen die Ausstellungen besucht und 650 Schüler*innen an Workshops sowie 2.100 Personen an Veranstaltungen teilgenommen.
Die redaktionelle Verantwortung für diesen Gastbeitrag lag bei Anna Henschel. Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.