Positionen beziehen, „Klartext“ reden: Die Ansprüche an Hochschulen sind hoch – gerade in Krisenzeiten. Wie begegnen Kommunikationsabteilungen aktuellen Herausforderungen? Um Fragen von Haltung, Vertrauen und Kompetenz ging es bei der Jahrestagung des Bundesverbands Hochschulkommunikation.
Wenn Hochschulen Haltung zeigen müssen
Sei es der Ukraine-Krieg oder der Nahost-Konflikt: Die Krisen dieser Zeit treffen Hochschulen mit voller Wucht – und stellen Kommunikationsabteilungen vor Herausforderungen. Universitäre Räume werden zu Austragungsorten für Proteste. Die Wissenschaft ist gefordert, Erklärungen zu liefern. Und die Ansprüche an Hochschulen, zu komplexen politischen Fragen Position zu beziehen, scheinen zu steigen. Aufgeheizte Debatten in den sozialen Medien verschärfen die Gefahr von verkürzten Debatten, Missverständnissen und Shitstorms. Mittendrin: Hochschulkommunikator*innen, die durch die Untiefen gesellschaftlicher, politischer und interner Debatten lavieren und versuchen, Lösungen zu finden.
Brauchen Hochschulen eine klare politische Haltung?
Dass Hochschulen Austragungsorte gesellschaftlicher Debatten sind, ist nicht neu – und auch durchaus erwünscht. Aber war der Anspruch schon immer da, zu politischen Fragen Stellung zu beziehen? „Wann hat es angefangen, dass Universitäten sich positionieren müssen?“, fragt Katja Bär in ihrer Eröffnungsrede. Die Vorsitzende des Bundesverbands Hochschulkommunikation und Chief Communications Officer der Universität Jena stellt die Selbstverständlichkeit in Frage, mit der eindeutige Antworten von Hochschulen erwartet werden. Welche Rolle sie gesellschaftlich spielen, welche Verantwortung sie übernehmen und wann sie sich wie positionieren, unterliegt einem Aushandlungsprozess. Die Hochschulkommunikation gestaltet diesen maßgeblich mit.
Eine Hochschule, viele Meinungen
Bei der Jahrestagung des Bundesverbands geht es um inhaltliche und strategische, aber auch viele praktische Fragen. Neben Workshops zur Präsenz auf Social-Media-Kanälen, Studierenden- Marketing, Corporate Design oder Wissenschaftskommunikation in ländlichen Räumen, stehen auch immer wieder grundsätzliche Debatten im Fokus.
Ist es besser, sich herauszuhalten? Nein, argumentiert eine andere Teilnehmerin. Sie sagt, dass Universitäten die Verantwortung hätten, sich einzubringen – gerade bei komplexen Themen wie dem Nahostkonflikt. „Da, wo wir schweigen, entsteht ein Vakuum.“
Eine weitere Teilnehmerin berichtet, dass oft von außen nicht verstanden werde, wie Hochschulen funktionieren. Das zu erklären, sei aktuell eine weitere Aufgabe der Kommunikationsabteilungen. Auch Katja Bär verweist auf die dezentrale Struktur der Hochschulen, in der einzelne Gruppen ein hohes Maß an Autonomie genießen, wenn sie fragt: „Wie können Hochschulen überhaupt eine Haltung vertreten?“ Auch diese Frage ist keine, auf die es eindeutige Antwort gibt. Der Erfahrungsaustausch zeigt: Die Meinungsbildungsprozesse an Hochschulen sind unterschiedlich, themenabhängig – und nicht immer ganz einfach.
Es zeigt sich auch: Von außen werden Hochschulen häufig einheitlicher wahrgenommen, als sie es sind. Das wird deutlich, wenn Professor*innen, Fachbereiche, Studierenden oder externe Institutionen Veranstaltungen in universitärem Kontext anbieten. Insbesondere dann, wenn es Kritik gibt – und Schuldige gesucht werden. Wie viel Verantwortung aber trägt DIE Hochschule für das, was innerhalb, aber auch außerhalb ihrer Räume geschieht? Wo sollte sie Grenzen setzen? Wann sollte sie sich aktiv einmischen?
Umgang mit extremen Positionen
Zum Umgang mit der AfD rät Simon T. Franzmann, nicht im Sinne einer „Brandmauer“ Meinungen auszuschließen. Stattdessen sei es sinnvoller, gezielt „Stoppschilder“ zu setzen, wo Grenzen überschritten werden. „Wer die Spielregeln nicht achtet, mit dem sollte nicht gespielt werden.“ Eine Situation, in der ein klares Stoppschild aufgestellt werden müsse sei die Frage nach einer gemeinsamen Regierungsbildung mit Personen, die die repräsentative Demokratie verachten und den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. „Da muss ein klares Stopp stehen“, sagt Franzmann.