Welche fünf Tipps würden Sie Einsteiger*innen für den Start in die Wissenschaftskommunikation mit auf den Weg geben? Das haben wir die Herausgeber*innen unseres Portals gefragt. Hier antworten Annette Leßmöllmann, Professorin für Wissenschaftskommunikation, Markus Weißkopf, Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog, und Beatrice Lugger, Direktorin des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation.
„Suchen Sie sich ein sehr gutes Netzwerk“
Annette Leßmöllmann ist Professorin für Wissenschaftskommunikation am KIT und dort Sprecherin des Departments Wissenschaftskommunikation sowie Pro- und Studiendekanin.
1. Suchen Sie sich ein sehr gutes Netzwerk für den Austausch über Qualität, Rolle und Ziele der Wissenschaftskommunikation. Suchen Sie Menschen, die sich mit – digitalen – Medien auskennen und schon mal gehört haben, was eine Zielgruppe ist. Ein Netzwerk bietet Infos, Rat und auch mal Hilfe, wenn’s schwierig wird. Und Kommunikation kann immer schwierig werden. (Und: Überlegen Sie, was Sie diesem Netzwerk bieten können.)
2. Sind Sie Student*in? Dann suchen Sie gezielt nach Studiengängen, die Wissenschaftskommunikation im Programm haben, oder fordern Sie das in den Gremien und bei der Studiengangsentwicklung ein. Wollen Sie promovieren oder tun dies schon? Halten Sie Ausschau nach Betreuer*innen, die Ihre Kommunikationsaktivitäten unterstützen – oder zumindest nicht torpedieren. Denken Sie gut über die Gründe nach, die Ihnen genannt werden, warum Kommunikation angeblich überflüssig sei, und weisen Sie alle darauf hin, dass in der (guten) Wissenschaft sowieso ständig inter- und transdisziplinär kommuniziert wird und was daran jetzt bitte unwissenschaftlich sein soll.
3. Sind Sie Leiterin einer Arbeitsgruppe oder eines Instituts? Denken Sie mal scharf nach: Wie könnte Ihre Forschung das Leben von Menschen da draußen verändern? Zum Guten? Zum Schlechten? Welche Chancen und Risiken entstehen daraus? Erinnern Sie sich daran, dass Forschung und Lehre Teil der Gesellschaft sind und überlegen Sie, wie Sie sich bezüglich Ihres Forschungsthemas kommunikativ einbringen können. Und wenn es nur das ist, dass Sie Ihre Mitarbeitenden unterstützen (s. Punkt 3.) und sich dafür einsetzen, dass Wissenschaftskommunikation auf deren Karriere einzahlt.
4. Leiten Sie eine Forschungsinstitution oder eine Hochschule? Stellen Sie die besten Kommunikationsverantwortlichen ein und hören Sie auch darauf, was diese Ihnen sagen. Kleben Sie ein großes Schild „Gemeinwohl“ über Ihr Büro und diskutieren Sie einmal im Monat mit ganz unterschiedlichen Leuten aus Ihrer Organisation (bitte nicht den Putzdienst vergessen) und, insbesondere, von außerhalb Ihrer Organisation darüber, was Wissenschaft für sie als Bürger*innen und Wähler*innen bedeutet.
5. Und dann los: Vergessen Sie jeden Ratschlag, bürsten Sie alles gegen den Strich und machen Sie mal was ganz Neues. Fahren Sie in Ihr Dorf und reden Sie mit jemandem über Ihre Forschung, mit dem Sie noch nie über irgendetwas geredet haben. Bringen Sie eine Impfgegnerin dazu, Ihnen zumindest mal in Ruhe zuzuhören. Begeistern Sie ein Kind für den Mars. Oder für die Kohlmeise vor dem Fenster. Viel Spaß!
Markus Weißkopf ist Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog.
1. Machen Sie sich Gedanken über Ihre Rolle und Ihr Rollenverständnis. Kommunikator*innen sollten sich auch als Berater*innen von Wissenschaft im Bezug auf Kommunikation verstehen und diese Rolle auch bewusst einfordern. Und nein, Sie sind keine Journalist*innen – und das ist auch okay so.
2. Beschäftigen Sie sich frühzeitig mit der Forschung zu Wissenschaftskommunikation. Es macht vieles einfacher, wenn man mehr darüber lernt, welche Aktivitäten wie wirken.
3. Tauschen Sie sich aus und arbeiten Sie mit anderen zusammen. Das macht nicht nur mehr Spaß, sondern man kann viel voneinander lernen und von den Erfahrungen anderer profitieren.
4. Nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Ein Projekt für die „breite Öffentlichkeit“ zu konzipieren, sorgt meist dafür, dass sich keine Zielgruppe so richtig angesprochen fühlt. Überlegen Sie sich, was „Erfolg“ für Ihre Kommunikation bedeutet. Ein intensives Gespräch mit wenigen Personen kann genauso erfolgreiche Kommunikation sein wie 1.000 Klicks auf ein Video.
5. Bei aller Analyse, Planung und Evaluation: Bleiben Sie offen für neue Formate, Kanäle und Perspektiven!
Beatrice Lugger ist Direktorin des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation.
1. Die wichtigste Frage zuerst: Warum wollen Sie über Wissenschaft kommunizieren? Nehmen Sie sich für die Antwort wirklich Zeit. Das hilft auch herauszufinden, welche Zielgruppen für Sie infrage kommen und welche Themen relevant und welche Medien geeignet sind.
2. Wenn Sie sich nicht fit fühlen, lesen Sie sich erst ein, suchen Sie Kontakt zu den Profis Ihrer Einrichtung und nutzen Sie Fortbildungsangebote für Wissenschaftskommunikation. Es gibt hilfreiche Werkzeuge, Tipps und Leitlinien.
3. Wählen Sie ein oder mehrere Formate, die Ihnen liegen – Text, Bild, Audio oder Bühne? Ihr Engagement in Kommunikation soll Ihnen auch Spaß machen und Sie bereichern. Wenn Ihnen die Wahl schwerfällt, beobachten Sie erst andere, wie diese wo kommunizieren und warum. Überlegen Sie auch, ob Sie die für das Medium geeignete Frequenz überhaupt leisten können. Und dann gilt: „Machen. Machen. Machen.“
4. Zuhören! Kommunikation ist keine Einbahnstraße, sondern Dialog. Nehmen Sie Ihr Gegenüber ernst und treten Sie in den Austausch. Das kann auch bereichernd sein für Ihre Forschung oder Forschungseinrichtung.
5. Netzwerken! Du bist alleine nur so klug wie Du selbst. Und in der Not braucht man Freunde. Also vernetzen Sie sich mit anderen, um voneinander in der Kommunikation zu lernen, aber auch, um sich gegenseitig (kommunikativ) zu stärken.
Weitere Tipps gibt auch aus dem Beirat von Wissenschaftskommunikation.de hier im Beitrag „Wissenschaftskommunikation ist kein Add-on“.