Um einer künstlichen Intelligenz nützliche Antworten zu entlocken, braucht es zielführende Fragen. Mihaela Bozukova und Daniel Hölle zeigen, wie eine einfache Formel helfen kann, effektive Prompts für die Arbeit mit KI-Tools zu entwickeln.
So gelingt ein guter Prompt
KI-Tools wie ChatGPT, Perplexity oder DeepL können den Berufsalltag in der Wissenschaftskommunikation erheblich erleichtern. Ein präziser, gut formulierter Prompt entscheidet darüber, ob KI-Tools hilfreiche Antworten liefern oder eher frustrierende Ergebnisse produzieren.
Um den Prompting-Prozess systematisch zu verbessern, haben wir die RAFT-Formel entwickelt. Sie hilft dabei, strukturierte und effektive Prompts zu schreiben, die verlässliche und relevante Antworten liefern. Um zu zeigen, wie die Formel in der Praxis funktioniert, haben wir uns von ChatGPT interviewen lassen. Mithilfe unserer RAFT-Formel (s. Infokasten) formulierten wir folgenden Prompt:
„Du bist eine KI, die sich als Wissenschaftsjournalist ausgibt. Du interviewst Mihaela und Daniel über den Einsatz von KI-Tools im WissKomm-Berufsalltag. Erstelle eine Liste mit Interviewfragen. Frage auch spezifisch nach Tipps, wie man effektiv prompted und KI-Tools einsetzt. Wähle einen professionellen Ton, duze deine Interviewpartner und stelle auch provokative und/oder humorvolle Fragen.“
Das Ergebnis? Eine Liste von Fragen, die ChatGPT formulierte und die wir hier beantworten.
Die Fragen wurden nur minimal redaktionell bearbeitet.
ChatGPT: In welchem Bereich können KI-Tools die größte Zeitersparnis für Wissenschaftskommunikator*innen bringen?
Mihaela: Bei der Zusammenfassung langer Dokumente. Wenn ich einen umfangreichen Bericht oder eine wissenschaftliche Studie lese, lasse ich mir oft von einem KI-Tool zunächst eine strukturierte Übersicht generieren. So sehe ich auf einen Blick die wichtigsten Punkte und habe schnell eine erste Orientierung. Auch bei der sprachlichen Anpassung von Inhalten können KI-Tools viel Zeit sparen. Ein Text für LinkedIn braucht eine andere Tonalität als eine Pressemitteilung. Die Tools können helfen, einen bestehenden Text für verschiedene Formate und Zielgruppen anzupassen. Letztlich sparen KI-Tools vor allem dort Zeit, wo es um das Strukturieren, Umformulieren und Anpassen von Inhalten geht. Sie nimmt einem nicht die kreative Arbeit ab, aber sie macht viele Prozesse effizienter.
Daniel: Dem stimme ich voll und ganz zu! Ergänzend würde ich noch sagen, dass alle Aufgaben, die eher formelhaft ablaufen, gut mit KI-Tools automatisiert werden können. Das können zum Beispiel Pressemitteilungen sein, die oft gleich aufgebaut sind oder Social Media Posts, die eine einheitliche Tonalität erfordern.
ChatGPT: Welche Tricks nutzt ihr, um KI-Tools möglichst präzise Antworten zu entlocken?
Mihaela: Die Qualität der Antworten hängt stark von der Qualität der Fragen ab. Wer ungenaue Fragen stellt, erhält ungenaue Ergebnisse. Genau aus diesem Grund haben wir die RAFT-Formel entwickelt – eine Methode für effizientes Prompten, um genauere und relevantere Ergebnisse von der KI zu erhalten. Das Akronym RAFT steht für:
- Rolle definieren: „Du bist ein Wissenschaftskommunikator.“
- Aufgabe formulieren: „Schreibe eine Zusammenfassung eines Forschungsberichts.“
- Format vorgeben: „Erstelle eine stichpunktartige Liste der wichtigsten Punkte.“
- Tonalität vorgeben: „Schreibe humorvoll, aber informativ. Vermeide Fachjargon.“
Mit einem präzisen Prompt erhält man nicht nur relevantere Ergebnisse, sondern erspart sich auch viel Nacharbeit.
Die RAFT-Formel
1. Rolle definieren: Welche Expertise soll das KI-Tool annehmen? Je nach Rolle ändert sich der Fokus und die Sprache der Antwort
2. Aufgabe formulieren: Was soll das KI-Tool tun? Hier sollten alle relevanten Details angegeben werden
3. Format vorgeben: Was soll der Output sein? Ein Fließtext mit einer bestimmten Zeichenanzahl, eine Tabelle, ein Gedicht etc.?
4. Tonalität vorgeben: Wie soll die Antwort klingen? Professionell, leicht verständlich, humorvoll?
Beispiel:
Rolle: Du bist eine erfahrene Wissenschaftskommunikatorin, die für eine Forschungseinrichtung arbeitet und komplexe wissenschaftliche Themen für die Öffentlichkeit verständlich aufbereitet.
Aufgabe: Schreibe einen LinkedIn-Post, der ein neues Forschungsergebnis zu Mikroplastik (s. hochgeladene PDF) in Flüssen verständlich und ansprechend erklärt.
Format: Der Post soll die wichtigsten Erkenntnisse in maximal 1.200 Zeichen zusammenfassen und einen Hook enthalten, der Neugier weckt. Integriere eine Call-to-Action am Ende, der zur Diskussion anregt.
Tonalität: Verwende eine lockere, aber professionelle Sprache und vermeide Fachjargon. Nutze Metaphern oder anschauliche Vergleiche, um das Thema greifbarer zu machen.
ChatGPT: Was sind die häufigsten Fehler, die Leute beim Prompting machen?
Mihaela: Ein guter Prompt gibt klare Vorgaben, aber überfordert die KI-Anwendung nicht mit zehn verschachtelten Anforderungen in einem Satz. Die RAFT-Formel hilft, von Anfang an bessere Ergebnisse zu erzielen. Trotzdem kann es sinnvoll sein, in mehreren Schritten zu arbeiten – erst eine strukturierte Basis mit einem guten Prompt zu schaffen und dann gezielt nachzuschärfen, wenn noch etwas fehlt. Dabei kann es helfen, die KI-Anwendung zwischendurch selbst um eine Zusammenfassung zu bitten: „Was hast du verstanden?“ oder „Wie würdest du die Aufgabe in einem Satz zusammenfassen?“. So merkt man schnell, ob die KI auf dem richtigen Weg ist oder ob beim Prompt nachjustiert werden muss.
Daniel: Zusätzlich glaube ich, dass oft zu wenig Kontext beschrieben wird, was zu frustrierenden Ergebnissen führen kann. Deshalb kann es hilfreich sein, der KI auch konkrete Beispiele zu liefern, die den gewünschten Stil oder das angestrebte Ergebnis verdeutlichen z.B. „Erstelle den Social Media Post im gleichen Stil wie folgende Posts: …“.
ChatGPT: Welche KI-Tools nutzt ihr regelmäßig in eurem Arbeitsalltag – und wofür? Gibt es ein Tool, das euch besonders beeindruckt hat?
Daniel: Für mich ist ChatGPT ein guter Allrounder, der fast alle meine Aufgabenbereiche abdeckt – sei es Social Media oder Website Posts, das Gegenlesen von Texten oder das Beschreiben von Bildern. Ich war damals, als die erste Version von Google’s Notebook LM erschien, sehr beeindruckt. Das Tool ist darauf spezialisiert, Texte zusammenzufassen und hat außerdem ein Feature, mit dem sich aus dem eingebenden Text auf Knopfdruck ein Podcast erstellen lässt. In diesem Podcast unterhalten sich zwei „Personen“ über den Text. Ich habe es damals mit dem Link unserer Unternehmenswebsite getestet und erhielt wenige Momente später einen 12 Minuten Podcast über das European Science Communication Institute. Ich war fasziniert, wie natürlich der Sprachfluss war und wie viele Details korrekt wiedergegeben wurden.
Mihaela: Für textbasierte Aufgaben nutze ich besonders gerne ChatGPT, Perplexity oder Le Chat von Mistral. Vor allem, wenn ich an Konzepten arbeite, setze ich KI-Tools gezielt als Sparringpartner ein. Zum Beispiel ließ ich einmal ein Workshop-Konzept von ChatGPT auf Schwachstellen prüfen und erhielt wertvolle Anregungen, an die ich selbst nicht gedacht hatte. Solche Impulse ersetzen keinen menschlichen Austausch, können aber durchaus neue Denkanstöße liefern.
Zudem nutze ich DeepL Write für die sprachliche Feinabstimmung von Texten und die Canvas KI-Tools zur Bildgenerierung. All diese Tools lassen sich super kombinieren, um stimmige Inhalte zu erstellen.
ChatGPT: Welche Tipps würdet ihr Kolleg*innen geben, die KI-Tools in ihre tägliche Arbeit integrieren möchten?
Daniel: Wir planen uns bewusst Zeit im Kalender ein – zehn bis fünfzehn Minuten alle paar Tage, um verschiedene Tools und Prompts auszuprobieren. So bleiben wir auf dem neusten Stand und finden heraus, wo uns ein bestimmtes Tool sinnvoll unterstützen kann und wo nicht. Sich regelmäßig etwas Platz im Kalender zu lassen, lohnt sich auch für die, die KI-Tools bereits häufiger nutzen, da es immer wieder neue Entwicklungen und Tools gibt.
ChatGPT: Stellt euch vor, ihr müsst eine Woche ohne KI-Tools arbeiten. Was wäre die erste Aufgabe, die euch in den Wahnsinn treiben würde?
Daniel: Für mich wäre es die genaue Beschreibung von Bildern für den ALT Text von Web-Inhalten. Das machen die KI-Tools sehr gut und schnell.
Mihaela: Das Kürzen von Texten auf eine bestimmte Zeichenanzahl. Ein Text muss genau 280 Zeichen lang sein? Ohne KI-Tools heißt das: Wort für Wort feilen, um gerade noch den richtigen Ton zu treffen, aber nicht zu viel zu streichen.
ChatGPT: Welche Verantwortung haben Wissenschaftskommunikatoren, wenn sie KI-gestützte Inhalte veröffentlichen?
Mihaela: Die Verantwortung ist groß, denn Wissenschaftskommunikation lebt von Verlässlichkeit und Transparenz. Wenn KI-Tools eingesetzt werden, muss klar sein, dass am Ende ein Mensch für die Richtigkeit und Qualität der Inhalte verantwortlich ist – und nicht die KI. Das bedeutet, dass man sich nicht blind auf die generierten Texte oder Vorschläge verlassen darf. Man muss die Inhalte stets gründlich prüfen.
Ein weiterer Punkt ist Transparenz. Natürlich hängt es davon ab, wie stark KI in den Erstellungsprozess eines Inhalts involviert war, aber in bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, offenzulegen, dass ein Text oder eine Visualisierung mit KI-Unterstützung erstellt wurde.
Daniel: Genau! Vor allem bei visuellen Inhalten wie Bildern oder Video ist es gute Praxis, kenntlich zu machen, dass sie KI-generiert wurden. Idealerweise legt man auch direkt den Prompt offen, der für die Generierung verwendet wurde.
ChatGPT: Wenn ich (die KI) euch jetzt um einen Job in eurer Organisation bitten würde, würdet ihr mich einstellen?
Mihaela: Das kommt darauf an! Denn so schlau du auch klingen magst, in Sachen Nuancen und Kontext musst du noch einiges lernen. Und dann ist da noch die Sache mit der Quellenangabe – wenn du mir mal eine Liste mit verlässlichen wissenschaftlichen Quellen geben kannst, ohne zu halluzinieren, dann reden wir weiter.
Kurzum: Als Assistenz wärst du nützlich. Aber das Kreative, das Mitdenken, das Feintuning – das machen wir lieber selbst.
Daniel: Ich würde dich gerne einstellen! In vielen Aspekten bist du super hilfreich und ich sehe in dir ein großes Entwicklungspotenzial.
Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider. Die redaktionelle Verantwortung für diesen Gastbeitrag lag bei Sabrina Schröder.