Foto: Nicola Kuhrt

Scientists for Future – wer unterstützt die Initiative und warum? (4)

Fridays for Future fordert einen verstärkten Klimaschutz und macht mit verschiedenen Aktionen Druck auf die Politik. Unterstützt wird die Initiative durch die „Scientists for Future“. Warum engagieren sich die Forschenden, was wollen sie bewirken – und wie politisch darf Wissenschaft ihrer Meinung nach sein?

Im Rahmen unseres Schwerpunkts zur Klimakommunikation und der weltweit stattfindenden Aktionen zum Thema haben wir nachgefragt, wer sich bei den Scientists for Future engagiert und warum. Im vierten und letzten Teil unserer Reihe kommen Vertreterinnen und Vertreter der Regionalgruppen Frankfurt am Main, Braunschweig und Mainz/Wiesbaden zu Wort.


Julia Krohmer, Koordinatorin der Regionalgruppe Frankfurt am Main

Julia Krohmer ist promovierte Geoökologin und Wissenschaftskommunikatorin. Sie ist bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung im Stab Wissenschaftskoordination für Wissenstransfer, Veranstaltungen und Vernetzung zuständig und war von 2017 bis 2019 Organisatorin des March for Science Frankfurt. Foto: privat

Ich mache mir seit Jahrzehnten Sorgen um den Zustand der Erde und die Zukunft, da alle Fakten und Rufe aus der Wissenschaft ungehört verhallen. Ich bin unendlich dankbar für dieses neue Momentum, das die Fridays-for-Future-Schülerinnen und -Schüler hier angestoßen haben, und sehe die Wissenschaft in der Pflicht, jede nur mögliche fachliche Unterstützung zu liefern.

Die Unterstützung der Scientists for Future für Fridays for Future ist einerseits äußerst wichtig und wertvoll für die Aktivistinnen und Aktivisten selbst, das merkt man immer wieder in der direkten Zusammenarbeit vor Ort. Und auch für die gesellschaftliche Wahrnehmung der FFF-Bewegung und deren Motive und Ziele ist es sehr hilfreich, auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Bereichen als fachliche Basis, Faktenlieferanten und zur Rückenstärkung zurückgreifen zu können. Dies sah man zum Beispiel am großen Echo auf die Veröffentlichung des S4F-Statements und die fast 27.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner im deutschsprachigen Raum.

„In der aktuellen Situation muss Wissenschaft meiner Ansicht nach politisch sein, die vornehme Zurückhaltung der letzten Jahrzehnte hat uns ja nicht weitergebracht.“ Julia Krohmer
Wir liefern, wo immer nötig, möglich und gewünscht, wissenschaftliche Fakten. Wir sind regional eigentlich bei jeder FFF-Demonstration als S4F sichtbar dabei und ansprechbar, organisieren Veranstaltungen zu aktuellen relevanten Themen (z.B. kürzlich eine Podiumsdiskussion zur Verkehrswende und das Open-Air-Symposium „Debates for Future“ anlässlich der IAA, bei dem einen Tag lang renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Vorträge zum Thema Verkehr hielten) und sind auch bei zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen vom 20. bis 27. September dabei.

In der aktuellen Situation muss Wissenschaft meiner Ansicht nach politisch sein, die vornehme Zurückhaltung der letzten Jahrzehnte hat uns ja nicht weitergebracht – dabei jedoch natürlich immer faktenbasiert!


Felix Büsching, Vertreter der Regionalgruppe Braunschweig

Felix Büsching ist Postdoc an der Technischen Universität Braunschweig in der Informatik. Seit April 2019 koordiniert er gemeinsam mit anderen die Aktivitäten der Regionalgruppe Scientists for Future in Braunschweig und Umgebung. Foto: privat

Wenn den Forschungsergebnissen der Klimaforschenden von politischer und wirtschaftlicher Seite widersprochen wird, obwohl die wissenschaftlichen Erkenntnisse eindeutig sind, dann ist das nicht nur ein Problem der Klimawissenschaft, sondern es ist ein Problem für die gesamte wissenschaftliche Gemeinschaft. In solchen Fällen muss sie zusammenstehen und einfordern, dass Forschungsergebnisse in allen Bereichen Entscheidungsgrundlage sein müssen – nicht die Meinung weniger Populistinnen und Populisten. Wenn sich Entscheidungsträgerinnen und -träger allen Ernstes den menschengemachten Klimawandel in Frage stellen, dann verhalten sie sich wissenschaftsfeindlich und das kann nicht unwidersprochen bleiben. Schließlich basiert der Großteil unseres Wohlstandes auf wissenschaftlich gewonnen Erkenntnissen.

„Ihre Erkenntnisse mögen nicht immer schön und komfortabel sein, aber Wissenschaft ist in der Regel fundiert und fordert ein entschiedenes und mutiges Handeln.“ Felix Büsching
Ich erhoffe mir, das Bewusstsein für Wissenschaft allgemein zu stärken: Ihre Erkenntnisse mögen nicht immer schön und komfortabel sein, aber sie ist in der Regel fundiert und fordert ein entschiedenes und mutiges Handeln – und keine „kreativen Lösungen“ wie sie manche Politikerinnen und Politiker fordern.

Wir als Ortsgruppe Braunschweig unterstützen Fridays for Future bei ihren Aktionen – aus dem einfachen Grund: Die Schülerinnen und Schüler haben recht! Bei der internationalen Klimademo am 20. September sind wir symbolisch um „5 nach 12“ vom Forumsplatz der TU gestartet und haben uns dann der Demo angeschlossen. Am Parking Day am 21. September hatten wir einen eigenen Infostand in der Innenstadt, um über Scientists for Future, aber auch über aktuelle und lokale Forschung mit Klimabezug zu informieren. Generell sind alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in unserer Region immer herzlich zum Mitmachen eingeladen.

Wissenschaft ist an sich unpolitisch – schließlich ist Unvoreingenommenheit eine wichtige Voraussetzung, um vernünftige wissenschaftliche Arbeit leisten zu können. Dabei dürfen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler persönlich sicherlich unterschiedliche politische Überzeugungen haben und auch dafür einstehen – als ordentliche Forschende wird die politische Einstellung bei der Arbeit in der Regel keine Rolle spielen. Wenn aber politische Entscheidungen gegen den wissenschaftlichen Konsens getroffen werden, dann ist es sogar die Pflicht der Wissenschaft, politisch zu sein. Und das betrifft alle Disziplinen – nicht nur die Klimaforschung.


Franziska Teubler, Co-Koordinatorin der Regionalgruppe Mainz/Wiesbaden

Franziska Teubler ist promovierte Meteorologin und Postdoc am Institut für Physik der Atmosphäre der Universität Mainz. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit der Analyse und Vorhersage großer Wellenbewegungen in der Erdatmosphäre. Neben ihrer Forschung bietet sie unter anderem jährlich zum „Girls Day“ Workshops zum Thema Meteorologie für Schülerinnen an. Foto: privat

Zum einen bin ich Meteorologin, und damit von Haus aus mit dem Thema Klima und Klimawandel vertraut, und zum anderen Mutter zweier kleiner Kinder. Als die Fridays for Future begonnen haben auf die Straße zu gehen, war mir dann klar, dass ich mich engagieren möchte, um für meine Kinder eine lebenswerte Zukunft zu sichern, in der sie nicht unter den Versäumnissen ihrer Vorgängergeneration leiden müssen.

Wir als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Verantwortung, unser Wissen weiterzugeben. Daher ist es besonders wichtig, der Politik, aber auch der breiten Bevölkerung klarzumachen, dass wir auf ein Massensterben zusteuern, wenn wir nicht sofort handeln. Ich vermisse in den Diskussionen häufig das Aufzeigen der Konsequenzen, mit denen wir zu rechnen haben, wenn wir jetzt nicht handeln, und dass wir keine andere Wahl haben. Ich hoffe sehr, dass ich bald nicht mehr gefragt werde, ob der Klimawandel wirklich stattfindet und ob es wirklich so schlimm wird, sondern: Was können wir tun?

„Ich hoffe sehr, dass ich bald nicht mehr gefragt werde, ob der Klimawandel wirklich stattfindet und ob es wirklich so schlimm wird, sondern: Was können wir tun?“ Franziska Teubler
Wir als Regionalgruppe Mainz/Wiesbaden bemühen uns daher um Aufklärung. So haben wir bereits Infostände organisiert, Flugblätter bei Demonstrationen verteilt oder Vorträge organisiert. Wir waren auch als Sachverständige bei der Anhörung des Mainzer Stadtrats zur Ausrufung des Klimanotstands eingeladen und nehmen an Podiumsdiskussionen teil.

Spätestens bei solchen Veranstaltungen merkt man, dass Wissenschaft und Politik nicht immer voneinander zu trennen sind. Jedoch ist unsere Botschaft klar: Wir unterstützen mit den wissenschaftlichen Fakten, der Rest ist Sache der Politik. Und wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden solange weitermachen und mit den jungen Menschen demonstrieren, bis die wissenschaftlichen Fakten endlich gehört werden.


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