Screenshot: Science Chatter Hamburg

„Science Chatter Hamburg“ – Nachwuchsqualifizierung ganz praktisch im Blog

Im Projekt Science Chatter Hamburg werden Wissenschaftler*innen der Universität Hamburg und des Deutschen Elektronen-Synchrotron im Bloggen fortgebildet. Die Texte sind dabei keine Trockenübung, sondern werden am Ende im gleichnamigen Blog veröffentlicht. Theresa Schredelseker und Michael Büker stellen ihr Projekt im Gastbeitrag vor und erklären, was sie im Pilotdurchgang über das Format Blogworkshop gelernt haben.

Für den Kick-off des Projektes „Science Chatter Hamburg“ hatten wir uns einiges vorgenommen: innerhalb von nur zwei Tagen sollten die teilnehmenden Doktorand*innen und Postdocs in unserem Workshop zuerst einen Überblick über die wissenschaftliche Blog-Landschaft und die Vorzüge dieser (populär-)wissenschaftlichen Kommunikationsform bekommen. Dann sollten sie ein Thema für ihren ersten eigenen Blogpost wählen und auch gleich schreiben. Der Artikel sollte nicht bloß eine Fingerübung sein, sondern direkt veröffentlicht werden und auch auf Dauer öffentlich bleiben.

Ausgerichtet wurde das Ganze von PIER, der strategischen Partnerschaft von Universität Hamburg (UHH) und dem Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY). Eine zentrale Aufgabe von PIER ist die überfachliche Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses aus den Forschungsfeldern Teilchen- und Astroteilchenphysik, Nanowissenschaften, Photon Science sowie Infektions- und Strukturbiologie. Über die PIER-Education-Plattform werden Workshops zu Themen wie Karriereentwicklung, Projektmanagement, Präsentationstechniken und zum Umgang mit spezifischer Software für Promovierende und Postdocs angeboten.

„Teilnehmer*innen von einführenden Workshops zu dem Thema sind oft begeistert und voller guter Vorsätze, das Gelernte auch umzusetzen.“ Theresa Schredelseker und Michael Büker
Wissenschaftskommunikation wurde in der akademischen Nachwuchsqualifizierung lange Zeit kaum beachtet (siehe BuWiN 2021). Mittlerweile werden jedoch vor allem Grundlagenkurse zu Wissenschaftskommunikation zunehmend nachgefragt. Doch die Erfahrung zeigt: Teilnehmer*innen von einführenden Workshops zu dem Thema sind oft begeistert und voller guter Vorsätze, das Gelernte auch umzusetzen. Nur leider schlägt allzu schnell danach die hohe Arbeitsbelastung der Nachwuchswissenschaftler*innen zu. Und so scheitert die Umsetzung oft am zeitlichen und technischen Aufwand, einen eigenen Blog, Podcast oder Videokanal einzurichten und zu pflegen.

Das Projekt

„Anmelden, einloggen und losschreiben, unterstützt durch die Trainer*innen und die Gruppe.“ Theresa Schredelseker und Michael Büker
Die zentrale Idee von „Science Chatter Hamburg“ ist es daher, die Hürde zum tatsächlichen Einstieg in die praktische Wissenschaftskommunikation zu verringern und die Qualifizierung von Nachwuchswissenschaftler*innen mit der Öffentlichkeitsarbeit an Forschungseinrichtungen zu verbinden. Mit dieser Vision startete das Experiment. Unterstützt durch einen Workshop sollten die Teilnehmer*innen möglichst unkompliziert zu einem vorzeigbaren Erfolg kommen: Anmelden, einloggen und losschreiben, unterstützt durch die Trainer*innen und die Gruppe. Am Ende des Workshops sollte jede*r einen Link zu einem vorzeigbaren Blogpost unter eigenem Namen „mitnehmen“ können.

Als technische Basis dafür stand die sogenannte Blogfarm der UHH zur Verfügung, wo Mitarbeitende der UHH eigene Instanzen von WordPress betreiben können. Dort entstand der Blog „Science Chatter Hamburg“ für diesen und perspektivisch auch weitere Workshops. Theresas  Erfahrung mit dem eigenen – ebenfalls WordPress-basierten – Blog kam uns hier zugute. So dauerte die Einrichtung der Plattform nicht allzu lange. Und direkt zu Beginn des online Workshops vergab Theresa als Administratorin und Editorin von „Science Chatter Hamburg“ Autorenprofile an alle Teilnehmenden.

Als externer Coach mit langjähriger Erfahrung in der Wissenschaftskommunikation wurde Michael Büker engagiert. Er gab zunächst einen Überblick über die Szene der Wissenschaftsblogs, der dank seines Hintergrunds als Physiker ideal auf den fachlichen Hintergrund der Teilnehmenden aus der Physik und Astrophysik zugeschnitten war. Im Laufe des Workshops präsentierte er außerdem berufliche Perspektiven in und mit der Wissenschaftskommunikation und beantwortete zahlreiche Praxisfragen, etwa zu Bildrechten, der Vernetzung mit anderen Blogger*innen oder der Verbreitung von Inhalten über Social Media. Theresa erläuterte die Grundlagen des Umgangs mit WordPress, als dem weltweit meist eingesetzten Content Management Systems, und beantwortete Fragen zur Administration einer eigenen Webseite.

Learnings aus Runde eins

Die Motivation unter den zwölf Teilnehmenden war erfreulich groß: Von den sechs Promovierenden und sechs Postdocs von DESY und UHH hatten alle schon eine Idee für einen eigenen Blog-Artikel. Ein Schlüssel zum schnellen Erfolg waren großzügig bemessene Abschnitte während des Workshops, in denen die Teilnehmenden einerseits in Eigenarbeit an den Artikeln schrieben, und andererseits jederzeit mit Fragen an Theresa und Michael herantreten konnten. Da die Artikel direkt im Online-System entstanden, konnten schnell Fragen geklärt, der Fortschritt der Arbeit begutachtet und die Texte redaktionell begleitet werden. Michaels Fachwissen aus der Physik und Astrophysik war hierbei ebenfalls sehr hilfreich.

Die meisten Teilnehmenden hatten vor dem Workshop noch nie einen populärwissenschaftlichen Artikel verfasst. Trotzdem ging das Konzept auf: Knapp die Hälfte hatte schon zum Ende des Workshops einen selbst verfassten Artikel vorzuweisen. Das Klicken des „Publish“ Button konnte dann als ein Highlight zum Ende des zweiten Workshoptages gemeinsam zelebriert werden. Ein paar weitere Blogposts wurden in den folgenden Tagen fertiggestellt, sodass „Science Chatter Hamburg“ bereits kurz nach dem Workshop mit acht spannenden Artikeln aus den verschiedenen Forschungs- und Interessensgebieten der Teilnehmer*innen aufwarten konnte.

Unser Hauptziel wurde damit erreicht: Den Link zu ihrem (ersten) eigenen Blogpost konnten die Wissenschaftler*innen nach Belieben teilen. Viele von ihnen nahmen den Workshop sogar zum Anlass, sich ein Profil auf Twitter oder Linkedin zu erstellen oder ihre verwaisten Profile zu aktualisieren. Von den PIER Social-Media-Kanälen unterstützt, wurden die Artikel stolz geteilt. Die dadurch erreichten Klicks und Likes sind jedoch nur ein Sahnehäubchen, denn eine möglichst große Reichweite zu erzielen, war kein zentrales Ziel des Workshops. Die Teilnehmenden sollten vor allem die marktführende Blogging-Plattform WordPress im Praxiseinsatz kennenlernen und üben, wissenschaftlich komplexe Inhalte für ein breiteres Publikum aufzuarbeiten. Ihre Artikel dienen nun als öffentlich abrufbare Referenz-Arbeit, die ihre persönlichen Portfolios für die weitere akademische Laufbahn und/oder etwaige Ausflüge in die Wissenschaftskommunikation ergänzt.

Sowohl PIER als auch die Teilnehmenden waren rundum zufrieden mit dem Blog-Workshop als erfolgreichem Start von „Science Chatter Hamburg“. Das einfache Rezept hat sich bewährt: eine bereitgestellte Plattform und kompetent begleitetes Schreiben. Die Teilnehmenden haben ansprechende Artikel unter ihrem eigenen Namen auf die sie verweisen können, ohne sich um den technischen Unterhalt zu kümmern. Zudem stehen die Inhalte auch für die Kommunikation durch die beteiligten Forschungseinrichtungen, Arbeitsgruppen und Exzellenzcluster zur Verfügung.

Science Chatter Hamburg steht aber nicht nur den Workshop-Teilnehmenden, sondern allen Wissenschaftler*innen der beiden PIER Partnerinstitutionen am Forschungscampus Bahrenfeld offen. Wer einen Text beisteuern möchte, kann sich bei Theresa melden und bekommt in einem 60–90-minütigen Videochat die Spielregeln von „Science Chatter Hamburg“ erläutert, erhält ein paar Tipps und Tricks zum populärwissenschaftlichen Schreiben und kann dann direkt mit einem eigenen Autor*innenaccount loslegen. Theresa betreut den Blog weiterhin redaktionell und freut sich auf weitere Anfragen und Beiträge.

Ideen für die Fortführung

„Zentral bleibt die Verbindung von Nachwuchsqualifizierung mit öffentlich sichtbaren Resultaten.“ Theresa Schredelseker und Michael Büker
Es gibt viele Ideen für die Zukunft von „Science Chatter Hamburg“. Prinzipiell könnten in diesem Rahmen verschiedenste Formate der Wissenschaftskommunikation entstehen. Zentral bleibt die Verbindung von Nachwuchsqualifizierung mit öffentlich sichtbaren Resultaten. PIER plant, den Blogworkshop von nun an regelmäßig anzubieten. Zusätzlich soll demnächst ein Workshop stattfinden, in dem die teilnehmenden Wissenschaftler*innen Podcasts produzieren und über „Science Chatter Hamburg“ mit der interessierten Öffentlichkeit teilen. Eine Ausdehnung auf Videoformate oder Science Slams – präsentiert auf einer öffentlichen Veranstaltung von DESY oder UHH – könnte in den kommenden Jahren folgen.

Michael und Theresa hat der Workshop und das „Science Chatter Hamburg“ Projekt so viel Spaß gemacht, dass sie dieses Konzept auch gerne über Hamburg hinaustragen wollen. Für Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die nicht selbst über eine WordPress Plattform verfügen, könnte ein fertiges Paket angeboten werden: mit Blog-Plattform, Workshop und inhaltlicher sowie technischer Begleitung. Für Anfragen aller Institutionen, die sich solche Hands-on-Wissenschaftskommunikation“ in ihrer Nachwuchsqualifizierung wünschen, sind die beiden jederzeit offen.

Gastbeiträge spiegel nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.


Projektsteckbrief

Träger: Das PIER (Partnership for Innovation, Education and Research)ist die strategische Partnerschaft zwischen DESY und Universität Hamburg und bietet Programme zur überfachlichen Qualifizierung für den wissenschaftlichen Nachwuchs an.

Budget: Für das Projekt Science Chatter standen zwei Tagessätze für den externen Trainer Michael Büker  zur Verfügung. Dazu kam die Vorbereitungsarbeit der Koordinatorin Theresa Schredelseker, die aus dem PIER-Budget getragen wurde. Sie hat die WordPress Plattform bereitgestellt und den Workshop zu organisiert. Das Hosting läuft über die Universität Hamburg, daher sind hier keine Zusatzkosten entstanden.

Ziele: In erster Linie ist das die Qualifizierung der am Workshop teilnehmenden Nachwuchswissenschaftler*innen. Daher wird kein großer Fokus auf weitere Zielgruppen und Ziele gelegt.

Zielgruppen und Zahlen zur Zielerreichung: Es werden keinerlei Zahlen und Daten zur Reichweite der Blogplattform erhoben; einige Nachwuchswissenschaftler*innen haben Links zu ihren Artikeln über Social-Media-Kanäle geteilt. Das Feedback der Teilnehmenden zum Workshop war sehr gut.