Trotz Herausforderungen in Sachsen gibt es kreative Projekte für demokratische Bildung. Die Plattform EINFACH GUT GEMACHT macht sie sichtbar. Wie politische Bildung wirklich wirkt, erklärt Projektleiterin Kathleen Markwardt.
Politische Bildung, die tatsächlich ankommt
Fehlende Zeit für Transfer aus der Forschung
Seit gut 50 Jahren wird zu den Fragen geforscht, wie Menschen am besten über Politisches und Politik lernen, wie sie sich in der Demokratie beteiligen können und wie Bildungs- und Beteiligungsformate aussehen müssen, damit sie wirklich wirken. Das Problem mit dieser Forschung ist, dass sie von relevanten Akteur*innen in der Praxis, aber auch in den staatlichen Förderstrukturen kaum wahrgenommen wird.
Diese Akteur*innen haben auch aufgrund der förderstrukturellen Rahmenbedingungen nicht genügend Zeit, sich durch umfangreiche Forschungsberichte durchzuarbeiten. Ihnen fehlt zudem oft eine politikdidaktische Grundausbildung1, um Angebote nach wissenschaftsbasierten Kriterien gestalten zu können.
Kurze Projektlaufzeiten, Personalfluktuation durch befristete Arbeitsverträge, fehlende Ressourcen für begleitende Evaluationen und ein zunehmender gesellschaftspolitischer Rechtfertigungsdruck sind weitere Faktoren, die sich auf die Qualität von Bildungs- und Beteiligungsangeboten auswirken. Erfahrungs- und Wissenstransfer werden dadurch behindert, Experimentier- und Erprobungsräume verengt.
Orientierung und Inspiration für die Demokratieförderung
Damit demokratische Bildung gelingt, sollte sie inklusiv vermittelt werden, methodisch vielfältig und partizipationsorientiert sein. Dafür benötigt es kompetente Akteur*innen, die gute Angebote gestalten. Diese benötigen wiederum evidenzbasierte Quellen für Wissenstransfer, Qualifizierung und Inspiration. Die Plattform EINFACH GUT GEMACHT ist eine solche Quelle.
Das Projekt der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie (JoDDiD) an der TU Dresden möchte politikdidaktische Kernkonzepte und Gütekriterien so zusammenfassen, niedrigschwellig aufbereiten und attraktiv gestalten, dass sie für die Aktiven im Feld der demokratischen Arbeit verständlich und einfach nutzbar sind. EINFACH GUT GEMACHT soll ein für viele Menschen leicht zugängliches Qualifizierungs-, Orientierungs- und Inspirationsangebot sein, das sich langfristig auch auf die Qualität der Demokratieförderung auswirkt.
Wie funktioniert die Plattform?
EINFACH GUT GEMACHT ist ein Angebot, das den Erfahrungsschatz der Bildungspraxis wertschätzt und mit Forschungswissen verknüpft. Dafür wurde ein positiver, ressourcenorientierter Best-Practice-Ansatz gewählt.
EINFACH GUT GEMACHT
Das Projekt EINFACH GUT GEMACHT der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie (JoDDiD) veranschaulicht wissenschaftliche Konzepte für die außerschulische demokratische Jugend- und Erwachsenenbildung. Auf der Webplattform www.einfachgutgemacht.joddid.de werden neue Wege, unentdeckte Lernorte und erfrischende Formatideen für politische Bildung präsentiert.
EINFACH GUT GEMACHT ist damit auch eine „Lobplattform“. In der herausfordernden Lage, in der sich Akteur*innen im Bundesland Sachsen befinden, haben diese ausgezeichnete Strategien für demokratische politische Bildung und Beteiligung entwickelt, die aus wissenschaftlicher Perspektive nachhaltig sind.

Interviews mit Expert*innen aus der Praxis sowie Kommentierung und Analyse
Um akademische Konzepte und Begriffe einfach verständlich und schnell rezipierbar für Praktiker*innen zu machen, wurde das Medium „Video“ gewählt. Die ausgewählten Beispiele wie „Mobiler Demokratie-Baukasten“ oder „b:all inclusive“ visualisieren praktische Umsetzungen von niedrigschwelliger, aufsuchender, und raumbezogener Demokratiebildung. Dabei werden politikdidaktische Prinzipien und Gütekriterien sichtbar gemacht. Sie zeigen, wie demokratische Werte eingeübt, politische Urteils- und Handlungskompetenzen gestärkt werden können und Demokratie erlebbar wird. Wissenschaftliche Theorie wird auf diesem Weg konkret veranschaulicht.
Die interviewten Praktiker*innen geben Einblicke in ihre Arbeit und berichten authentisch von ihren Erfahrungen. Der Transfer von politikdidaktischer Theorie findet neben der Visualisierung der ausgewählten Ansätze über eine Kommentierung der Sozial- und Erziehungswissenschaftlerin Anja Besand in den Videos statt. Die dokumentierte Praxisarbeit wird in den Kommentaren mit politikdidaktischer Brille analysiert und in erweiterte Fachkontexte eingeordnet. Es wird deutlich, welche konkreten Strategien und Wirkungen im Beispiel zu beobachten sind.
So setzen wir benutzer*innenfreundliches Design um
Die Plattform soll für unterschiedliche Nutzer*innen attraktiv und hoch zugänglich sein. Sie selbst soll den Qualitätskriterien eines inklusiven, niedrigschwelligen Bildungsangebots entsprechen. Dafür wurde eine Webseite entwickelt, die sich an die Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzergruppen anpasst – von Neugierigen über Lösungsorientierte bis hin zu Weiterbildungsinteressierten. Die Plattform sorgt mit Hörversionen, Untertitelung, Texten in Einfacher Sprache und technischen Rahmenbedingungen (zum Beispiel für Screenreader) für eine möglichst barrierefreie Nutzung.
Die visuellen Inhalte werden durch kurze Begleittexte, thematisch passende Videos und weiterführende Informationen ergänzt, um den Nutzer*innen erweiterte Zugänge anzubieten. Die Kontaktdaten der Organisator*innen und die Darstellung der Projektstandorte erleichtern die Vernetzung.

Ein Angebot für die Zielgruppen demokratischer Bildung
Als kostenfreies digitales Angebot steht die Webplattform seit Juni 2023 zur Verfügung.
Das Projekt richtet sich insbesondere an all jene, die sich für die Stärkung von Demokratie einsetzen und selbst Bildungs- und Beteiligungsprozesse organisieren. Dazu gehören pädagogische Fachkräfte, Mitarbeitende von Bildungsinstitutionen und Projektträgern oder auch ehrenamtliche Initiativen2. Sie können sich auf der Webplattform weiterqualifizieren und Inspirationen für die eigene Arbeit finden.
Wir sprechen aber auch jene an, die Projektanträge bewerten oder mit politischen Entscheidungen Weichen für Förderrichtlinien stellen und deren professionelle Perspektive oftmals keine bildungsbezogene ist. Die vielfältigen Beispiele erweitern den Blick auf die Praxis und die eigene Vorstellung was gute demokratische Bildung und Beteiligung sind. Das kann ein besseres Verständnis von zivilgesellschaftlicher Bildungsarbeit und eine zukünftige Diversifizierung von Demokratieförderung bewirken.
Als Bildungsmaterial ist EINFACH GUT GEMACHT auch interessant für die universitäre Ausbildung im Bereich Politikdidaktik. Gerade wenn es um Jugend- und Erwachsenenbildung außerhalb von Schulen und um fachdidaktische Konzepte und Gütekriterien geht.
Weiterentwicklung und Praxistests
Die Plattform wird in Bildungsserver und Materialdatenbanken integriert. Ihre Inhalte können in Aus- und Weiterbildungen genutzt werden – sowohl in Schulen als auch in anderen Bildungsbereichen. Die Beispiele helfen dabei, neue Ansätze und Ideen zu vergleichen, zu besprechen oder anzupassen.
Die Inhalte der Webplattform sind vielseitig einsetzbar, können weiterentwickelt und angepasst werden. Erste Ideen für weiterführende Bildungskonzepte auf der Grundlage von EINFACH GUT GEMACHT werden in der John-Dewey-Forschungsstelle für die Didaktik der Demokratie bereits erprobt.
Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider. Die redaktionelle Verantwortung für diesen Gastbeitrag lag bei Anna Henschel.