Welche Ansätze nutzt die Wissenschaft, um mit der Politik ins Gespräch zu kommen? Forschungsverbünde, Universitäten und Institutionen geben Einblicke wie es ihnen gelingt und wo es hakt.
Politikberatung in der Praxis – Perspektiven aus der Wissenschaft (2)
Im zweiten Teil dieser Statement-Reihe berichten Vertreterinnen und Vertreter von Forschungseinrichtungen und Universitäten, welche Strategien sie verfolgen, um Wissenschaft in die Politik zu bringen. Sie nennen Ihren Auftrag, die eingesetzten Formate für den Austausch und auch Chancen und Grenzen der Kommunikation.
Caroline A. Lodemann leitet den Präsidialstab und die Kommunikation der Leibniz-Gemeinschaft.
Die Mission der Leibniz-Gemeinschaft ist Forschung „in der Gesellschaft für die Gesellschaft“. Ihre derzeit 96 Einrichtungen, acht Forschungsmuseen inklusive, betreiben diese über ganz Deutschland verteilt. Es ist diese Mission und die disziplinäre Vielfalt, die enge Beziehungen zu den politischen Institutionen von Bund, Ländern und Kommunen sowohl thematisch als auch in der Governance begründen.
Die gesellschaftliche Relevanz der Forschungsthemen in der Leibniz-Gemeinschaft und die spezifische Expertise machen ihre Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler genuin zu Ansprechpartnern und Beraterinnen, die in parlamentarischen und ministeriellen Konsultationen gehört werden.
Astrid Bergmeister arbeitet in der Strategischen Entwicklung und Kommunikationseinheit des Karlsruher Institut für Technologie als Projektleiterin für Political Relations.
Politik ist Wirklichkeitskonstruktion, Politik definiert die Rahmenbedingungen, in denen das Leben stattfindet – in Forschung und Innovation, der Energieversorgung und im Klimaschutz, in der Entwicklung der Mobilität, der Wirtschaft und Gesellschaft. Um dem zu entsprechen, baut das KIT im Rahmen der Dachstrategie KIT 2025 die Politikkommunikation in einem Umsetzungsprojekt strategisch aus.
In der ersten Projektlaufzeit stand für meinen Vorgänger der Aufbau von Strukturen, die Etablierung von Kontakten und das Beziehungsmanagement im Vordergrund. In der nun beginnenden zweiten Projektlaufzeit liegt die strategische Fokussierung auf den Profilthemen in der Politikkommunikation: Wer hat eine Schlüsselrolle in der Politik? Wer trifft Entscheidungen und hat komplexe Fragen, zu denen das KIT eine Lösung bieten kann? Welche spannenden Schlüsselfragen unserer Zeit werden aktuell in der Politik diskutiert, zu denen das KIT zukunftsweisende Forschungsprojekte als Antworten anbieten und zur Diskussion stellen kann?
Das KIT versteht sich als ‚Die Forschungsuniversität in der Helmholtz Gemeinschaft‘, damit verbunden ist das Selbstverständnis einer Forschungs- und Lehreinrichtung mit den Kernaufgaben zwischen Forschung, Lehre und Innovation, also den Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft.
Mit meiner Position als Projektleiterin Political Relations als Teilprojekt der Dachstrategie KIT 2025 suche ich den offenen, themenorientierten Diskurs mit der Politik. Crossmedial werde ich viele Formate nutzen – orientiert an dem Ziel, das KIT mit seinen international renommierten Profilbereichen als Partner zu positionieren.
Politische Beziehungen sind Politikkommunikation – eine sehr spannende Aufgabe bei den enormen Potenzialen des KIT in einer internationalen Liga.
Matthias Chardon ist wissenschaftspolitischer Referent in der Abteilung für Wissenschaftspolitik und Strategieprozesse in der Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft.
Wissenschaft lebt vom Austausch – nicht nur zwischen Forscherinnen und Forschern, sondern auch mit Politik und Gesellschaft. Wir als Max-Planck-Gesellschaft (MPG) werben für die Notwendigkeit und den Nutzen reiner Grundlagenforschung, denn dafür stehen wir und darum sind wir für viele Forschende so attraktiv. Ohne Grundlagenforschung gibt es keinen Erkenntnisgewinn. Und den brauchen wir, wenn wir uns als Gesellschaft entwickeln und verbessern wollen.
Um unsere Mission erfüllen zu können, brauchen wir Autonomie, so können wir uns ganz der Wissenschaft widmen. All unser Tun gegenüber der Politik leitet sich davon ab: Manchmal benötigen wir Handlungsmöglichkeiten, die noch geschaffen werden müssen. Oder wir brauchen ihre Unterstützung zur Umsetzung großer Projekte und Vorhaben, etwa bei Forschungsinfrastrukturen. Im Übrigen sind wir in der Finanzierung von Bund und Ländern abhängig.
Wir nutzen verschiedene Kommunikationsformate mit der Politik: in Strukturen und Prozessen, die die Politik vorgibt, durch Gespräche der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder der Leitung der MPG mit Abgeordneten in Bund und Ländern, Ministerinnen und Ministern und Regierungschefinnen und Chefs.
Politikerinnen und Politiker zeigen in der Regel großes Verständnis und unterstützen uns. Die Prinzipien, nach denen Politik und Wissenschaft funktionieren, sind aber nicht immer kompatibel. Da können Reibungsflächen entstehen. Dass die großen außeruniversitären Forschungsorganisationen mit dem Pakt für Forschung und Innovation bis 2030 verlässlich planen können und von einem finanziellen Aufwuchs profitieren, zeigt das grundsätzlich gute Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik in Deutschland. Letztlich gilt wie für die Politik generell – siehe Max Weber – dass harte Bretter zu bohren sind. Es lohnt sich!
Weitere Teile der Reihe:
Politikberatung in der Praxis – Perspektiven aus der Wissenschaft (1)
Politikberatung in der Praxis – Perspektiven aus der Wissenschaft (3)
Politikberatung in der Praxis – Perspektiven aus der Politik