Panoptikum 23-12 #Foolproof #Abstraktion #Fehlinformationen

Eine kritische Diskussion des Fehlinformation-als-Virus Narrativs, die Leiter der Abstraktion als Werkzeug in der Wisskomm, Forschung zu Fehlinformationen zum Thema Impfungen auf YouTube und zu KI in der Gesundheitskommunikation. Das plus aktuelle Jobs und Termine sind die Themen im Panoptikum.

Augen und Ohren auf

🦠 Dan Williams rezensiert in einem pointierten Artikel das neue populärwissenschaftliche Buch des Psychologen Sander van der Linden: „Foolproof“. Das Buch stellt die These auf, dass Fehlinformationen einem Virus ähneln und dass es eine Art Impfung („prebunking“) dagegen gibt. Der Philosoph Williams hingegen argumentiert, dass dies eine stark vereinfachte Sicht auf eine komplexe Realität sei. Tatsächlich seien Menschen nicht so leicht mit Fehlinformationen zu infizieren, wie es das Narrativ von der Fehlinformation als Virus suggeriert: „In general, people are already sophisticated and vigilant social learners, if anything too skeptical than too credulous.“

🥼 Der Philosoph C. Thi Nguyen bietet eine erkenntnistheoretische Perspektive auf die „Desinformationskrise“. In einem Twitter-Thread erklärt er, dass Menschen in der Informationsflut kognitive Abkürzungen nutzen, die sie letztlich verletzlich machen. Vertrauen spiele eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Informationen. Aber auch hier sind kognitive Abkürzungen fehleranfällig: Weiße Laborkittel und eine beeindruckende institutionelle Zugehörigkeit können blenden. Nguyen schreibt: 


🔨 Eine Möglichkeit, unsere komplexe wissenschaftliche Welt zu erklären, ist die sogenannte Abstraktionsleiter. Jyoti Madhusoodanan erklärt, wie Journalist*innen und Kommunikator*innen die Abstraktionsleiter als Werkzeug nutzen können, um Texte über komplexe Themen greifbarer zu machen. Als Beispiel führt sie einen Artikel an, in dem der Einwegstrohhalm als Metapher für die Leere im modernen kapitalistischen Amerika verwendet wird. Madhusoodanan schreibt: „Truly effective ladders are bidirectional like this, inviting readers to carry the meaning they encounter within a story back into their everyday lives.“

🤖 Die Sorge vor Manipulation und Desinformation treibt auch den Aachener Professor Holger Hoos um. Gemeinsam mit anderen Expert*innen hat er einen Aufruf unterzeichnet, der vor generativer KI wie ChatGPT warnt. In einem Interview mit der Wirtschaftswoche vergleicht er die potenzielle Zerstörungskraft generativer KI mit einer Pandemie oder einem Atomkrieg. „Schon heute können mit ChatGPT pseudowissenschaftliche Artikel erstellt werden, die nicht nur auf den ersten, sondern auch auf den dritten Blick hin überzeugend aussehen, aber eben überhaupt nicht auf Fakten beruhen“, sagt er. Angesichts der rasanten Entwicklung sieht Hoos die gesamte Wirtschaft und Gesellschaft betroffen.

Mehr Wissen

📚 Welche Auswirkungen haben Fehlinformationen über Impfungen auf YouTube? Das haben Sabrina Heike Kessler von der Universität Zürich und Edda Humprecht von der Norwegian University of Science and Technology in einer Studie untersucht. Die Teilnehmenden sahen zuerst ein YouTube-Video und suchten anschließend im Internet nach weiteren Informationen. Es zeigte sich, dass die Fehlinformationen tendenziell negative Auswirkungen hatten, besonders auf ungeimpfte Teilnehmende. Nachdem diese das Video gesehen hatten, zeigten sie weniger Vertrauen in die Wirksamkeit der Impfstoffe. Ihre Internetrecherchen führten jedoch zu einer positiveren Einstellung gegenüber Impfungen. Ein Ansatz, um Fehlinformationen vorzubeugen, könnte deshalb laut der Forscherinnen sein, Nutzer*innen zu motivieren, Online-Inhalte durch eine eigene Informationssuche zu überprüfen. 

📚 Wie hängt das Vertrauen in die Klimawissenschaft mit der Akzeptanz des menschengemachten Klimawandels zusammen? Ein Forschungsteam um Bruce Tranter von der University of Tasmania hat das am Beispiel vom Vertrauen in Prognosen des Intergovernmental Panel on Climate Change untersucht. Es zeigt sich, dass eine knappe Mehrheit der befragten Australier*innen den Prognosen des IPCC vertraut und ihr Vertrauen in positivem Zusammenhang mit der Akzeptanz des anthropogenen Klimawandels steht. Nur eine Minderheit derjenigen, die den menschengemachten Klimawandel anerkennen, zeigte geringes Vertrauen in den IPCC und hielt die Computermodelle der Wissenschaftler*innen für unzuverlässig. 

📚Welches Potenzial hat künstliche Intelligenz in der Gesundheitskommunikation? Sue Lim und Ralf Schmälzle von der Michigan State University haben mittels KI Tweets zum Thema Folsäure generiert. Testpersonen bewerteten die Wirkung dieser Nachrichten im Vergleich zu viel retweeteten und von Menschen geschriebenen Nachrichten zum Thema. Die Forscher*innen führten außerdem eine computergestützte Textanalyse durch, um die Tweets zu untersuchen. Die KI-generierten Nachrichten schnitten bei der Bewertung durch die Testpersonen in Bezug auf Qualität und Klarheit besser ab. Laut der computergestützten Analysen waren die KI-generierten Nachrichten hinsichtlich der Stimmung, Lesbarkeit und Inhalt mit den von Menschen geschriebenen Nachrichten vergleichbar.

Von Praktikum bis Professur

🔉 Das Projekt “Forum Wissenschaftskommunikation” von Wissenschaft im Dialog* sucht Unterstützung. Mit dem Bewerbungsschluss des 25.06.2023 werden jeweils ein*e Studentische Hilfskraft sowie ein*e Praktikant*in für befristete Stellen im Veranstaltungsmanagement für die Tagung in Bielefeld gesucht. 

🔉 Am Zentrum verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI) in Darmstadt ist eine Stelle als Wissenschaftskommunikator*in (w/m/d) in Sozialen Medien – 50 % befristet bis zum 31.12.2024 zu besetzen. Es handelt sich um die Social Media Arbeit insbesondere bei Twitter, LinkedIn sowie Mastodon. Bewerbungsschluss ist der 30.06.2023.

🔉 Das BMBF geförderte Verbundprojekt „Professionelle Netzwerke zur Förderung adaptiver, handlungsbezogener, digitaler Innovationen in der Lehrkräftebildung in Musik, Kunst und Sport (KuMuS-ProNeD)“ sucht nächstmöglich eine*n Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (m/w/d) im Bereich Transfer und Dissemination. Es gibt keine Bewerbungsfrist.

🔉 Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften sucht zum 01.09.2023 eine*n Volontär*in (m/w/d) für das Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Die Aufgaben bewegen sich an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit und umfassen redaktionelle Arbeit sowie Veranstaltungsmanagement. Bewerbungsfrist ist der 01.07.2023.

🔉 Scienceslam.de sucht ab sofort ein*e (Junior-)Projektmanager (m/w/d) für die Science-Slam-Organisation in Hamburg. Der Job umfasst Aufgaben der Planung, Organisation und Nachbereitung von Veranstaltungen sowie Online-Marketing und die Pflege der Website. Bewerbungsschluss ist der 15.07.2023.

🔉 Scienceslam.de sucht ab sofort ein*e Werkstudent*in im Bereich Social Media Manager (m/w/d) in Hamburg. Zu den Aufgaben gehören die eigenständige Betreuung und Weiterentwicklung der Social Media Kanäle. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 15.07.2023.

🔉 Das Kiel Science Communication Network (KielSCN) sucht Wissenschaftliche Mitarbeitende (m/w/d) zur Promotion. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf der Forschung zu Emotionen in der Wissenschaftskommunikation mit dazugehörigen Aufgaben von der Konzeption bis hin zur Publikation empirischer Studien. Bewerbungsfrist ist der 27.06.2023.

Weitere Stellenangebote finden Sie in unserer Jobbörse – exklusiv für Stellen aus der Wissenschaftskommunikation. Hochschulen, Forschungsinstitutionen, Stiftungen und Co können ihre Stellenangebote direkt an Besucher*innen unseres Portals richten.

Was kommt?

📆  Für Nachwuchskräfte aus Wissenschaft, Technik, Journalismus und Wirtschaft: Vom 11. bis 13. September 2023 findet die kostenlose Lernwerkstatt Technikkommunikation organisiert von acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaft und Wissenschaft im Dialog* statt. Das Thema ist die Bedeutung und der Stellenwert neuer Technologien der Kommunikation innerhalb der Wissenschaftskommunikation. Veranstaltungsort ist das Deutsche Museum in München. Bewerbungen für die Lernwerkstatt sind bis zum 25.06.2023 möglich

📆 Auch in diesem Jahr findet die PARTWISS ‘23 statt – die zweite Tagung zur Vernetzung und Stärkung von Partizipation in der Wissenschaft. Aktuell läuft der Call for Participation mit der Bitte zur Einreichung von Formaten für die aktive Teilnahme an der Konferenz. Noch bis zum 30.06.2023 können Vorschläge für Fachvorträge, Workshops, geschlossene Panels und Postpräsentationen eingereicht werden. Themen der Konferenz sind Fragen zur Wirkungen und Evaluation in der Wissenschaft und Gesellschaft sowie ethische und institutionelle Herausforderungen. Die Tagung findet vom 22. bis 24. November 2023 an der TU Chemnitz statt. 

📆 Das Nachwuchsnetzwerk politische Kommunikation (NAPOKO) veranstaltet am 28. Juni 2023 von 9:30 bis 17 Uhr einen Praxis-Workshop. Der Workshop richtet sich an alle Nachwuchswissenschaftler*innen aus der Politik- sowie Kommunikationswissenschaft und an alle, die sich für politische Kommunikation interessieren. Die Anmeldung zum Workshop bittet die Teilnehmenden, ein wissenschaftliches Profil zu hinterlassen und bisherige Erfahrungen in der Wissenschaftskommunikation anzugeben

📆 Die Erice International School of Science Communication and Journalism bietet in diesem Jahr wieder 20 Stipendienplätze für Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und Kommunikationsexpert*innen am Italian Institute of Nuclear and Physics (INFN) auf Sizilien an. Vom 9. bis zum 10. Oktober 2023 lautet das Thema „The Big Data Society – What Quantum, supercomputing and AI can and cannot do for science“. Bewerber*innen müssen einen Lebenslauf sowie ein Motivationsschreiben mitsenden. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis zum 2. Juli. 

📆 BürgerSchaffenWissen* startet im Juli die D.A.C.H-AG-Reihe #OpenData in #CitizenScience. Die Veranstaltung startet mit einem einführenden Webinar am 3. Juli von 15 bis 16:30 Uhr. Prof. Dr. Stefan Scherbaum der Universität Dresden und Dr. Melanie Röthlisberger der Universität Zürich werden zunächst einen Input zum Thema Open Data für Citizen Science-Projekte geben – danach ist Zeit für Fragen und eine Diskussion geplant. Anmeldungen erfolgen über diesen Link. 

Das Panoptikum gibt alle vierzehn Tage einen Überblick über aktuelle Aktionen, Debatten und Trends. Außerdem sind hier aktuelle Stellenangebote, Veranstaltungen und Ergebnisse aus der Forschung über Wissenschaftskommunikation zu finden.

*Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) und Wissenschaft im Dialog (WiD) sind die drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.