Das Public-Philosophy-Projekt „denXte“ erhält den diesjährigen Communicator-Preis, Fiona Fox vom SMC UK schreibt über politische Spins bei der Kommunikation in der Pandemie und die Forschung widmet sich partizipativer Wissenschaftskommunikation und Vertrauen. Das plus aktuelle Jobs und Termine sind die Themen im Panoptikum.
Panoptikum 22-8 #CommunicatorPreis #Vertrauen #Partizipation
Augen und Ohren auf
Der diesjährige Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft geht an das Public-Philosophy-Projekt „denXte“. In der Begründung heißt es, „dass es [ihm] mit einem partizipativen Ansatz gelinge, Bürgerinnen und Bürger unterschiedlichsten Alters und verschiedener Bildungshintergründe für philosophische Zusammenhänge zu begeistern.“ Hinter dem Projekt steckt ein siebenköpfiges Team um Markus Schrenk, Amrei Bahr und David Löwenstein von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
In ihrem Gastbeitrag im Guardian schreibt Fiona Fox, Direktorin des britischen Science Media Centre, darüber, wie Politiker*innen wissenschaftliche Erkenntnisse in der Coronapandemie häufig in ihrem Sinne nutzen wollen. Sie berichtet von der Frustration vieler Politiker*innen darüber, dass Forschende offen über Unsicherheiten und Wissenslücken in der Covid-19-Forschung sprachen. Dabei sei es entscheidend für das Vertrauen in die Wissenschaft, gerade diese Aspekte nicht zu beschönigen. Denn – so schreibt sie: „There was no such thing as the science on Covid.“
Ist Wissenschaft verpflichtet, gegenüber der Öffentlichkeit zu kommunizieren? Das fragt die Wissenschaftsjournalistin Sibylle Anderl die Physikerin Viola Priesemann im Interview für die FAZ. Darin spricht die Wissenschaftlerin über Angriffe, die besonders sichtbare Forschende in der Pandemie erfuhren, den Vorwurf der Expertokratie und über die Prognosefähigkeit wissenschaftlicher Modelle. Nach zwei Jahren Coronakrise gibt Priesemann anderen Wissenschaftler*innen den Tipp, „sich auf die Kommunikation einzulassen, aber klar Nein zu sagen, wenn man etwas nicht öffentlich kommunizieren möchte oder wenn man zu einer Frage nichts sagen kann“.
Für das Nieman Journalism Lab blicken Stephan Lewandowsky und Anastasia Kozyreva aus Sicht der Kognitionswissenschaften auf die sozialen Medien. Algorithmisch kuratierte Newsfeeds versuchen Nutzer*innen mit häufig Empörung erzeugenden und negativen Inhalten möglichst lange auf der Plattform zu halten. Die beiden Wissenschaftler*innen gehen darin der Frage nach, wie Social-Media-Plattformen in Zukunft weniger manipulierend gestaltet werden können.
„Es wird immer wichtiger, dass man Forschung gut kommuniziert“, sagt der Chef des Helmholtz Zentrums München Matthias Tschöp im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Allerdings sei noch „Luft nach oben“ im Zusammenspiel von Forschenden und Kommunikator*innen, um wissenschaftliche Erkenntnisse an die Bevölkerung zu vermitteln. Im Interview spricht der Neuroendokrinologe über Wissenschaftskommunikation bei TikTok und in Science Slams, seine Begeisterung für ein Projekt zu „Planetary Health“ mit dem Deutschen Museum, dem bayerischen Naturkundemuseum Biotopia und den Münchner Universitäten und darüber, wie der schnelle Informationsaustausch oft verhindert, sich tiefer gehend mit Inhalten auseinanderzusetzen.
Mehr Wissen
Passend zum aktuellen Schwerpunktthema auf Wissenschaftskommunikation.de widmet das Journal of Science Communication partizipativer Wissenschaftskommunikation eine Sonderausgabe. Präsentiert werden Praxisbeispiele, Studien und Essays mit Einblicken in verschiedene Länder. Fallstudien zeigen, wie verschiedene Zielgruppen – von Schüler*innen über indigene Gruppen bis hin zu Landwirt*innen – einbezogen werden. Die Themen reichen von Meeresforschung über Gesundheitskommunikation, Klimawandel, Energiewende bis hin zu städtischer Biodiversität.
Ist Vertrauen im Kampf gegen Covid-19 ein zweischneidiges Schwert? Jon Reiersen, Kristin Roll, Jesse Dylan Williams und Michael Carlsson von der University of South-Eastern Norway in Kongsberg schreiben, dass Vertrauen in die Gesellschaft zwar zur Akzeptanz von öffentlichen Maßnahmen führen könne. Gleichzeitig, so argumentieren die Wissenschaftler*innen, könne das aber die Risikowahrnehmung beeinflussen. Wer glaube, dass die Regierung die Krise kompetent manage, erachte womöglich individuelle Schutzmaßnahmen als weniger wichtig. Wer davon überzeugt sei, dass alle Menschen vertrauenswürdig seien, sähe sie womöglich weniger als Gefahr. Auf Grundlage von Daten aus 127 Ländern hat das Forschungsteam festgestellt, dass die Zahl der Covid-19-Todesfälle mit dem Vertrauen in die Regierung und dem Vertrauen in die Wissenschaft abnimmt, während sie mit dem sozialen Vertrauen zunimmt.
Was motiviert Menschen, Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie zu befolgen? Das haben Lilian Kojan, Laura Burbach, Martina Ziefle und André Calero Valdez von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen und der Universität zu Lübeck an einer repräsentativen deutschen Stichprobe untersucht. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass der einflussreichste Faktor die wahrgenommene Wirksamkeit der Maßnahmen ist. Danach folgten normative Überzeugungen wie beispielsweise die eigene moralische Verpflichtung, die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern, und die Wahrnehmung der „Kosten“ für das jeweilige Verhalten. Die Ergebnisse legen nahe, dass Kommunikationsstrategien rund um Covid-19 die Wirksamkeit von Maßnahmen betonen und ans Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen appellieren sollten.
Von Praktikum bis Professur
Am Zentrum verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI) ist in der Geschäftsstelle eine Projektstelle (w/m/d) Wissenschaftskommunikation ausgeschrieben. Zu den Aufgaben zählen Öffentlichkeitsarbeit, Kommunikation und Social Media. Die Bewerbungsfrist endet am 9. Mai.
Job in der Wissenschaftskommunikationsforschung gesucht? Das Kiel Science Communication Network hat eine Stelle als Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in ausgeschrieben. Bewerbungen sind bis zum 15. April möglich.
Am 14. April endet die Bewerbungsfrist für die Position als Wissenschaftskommunikator*in am Dienstort DESY in Hamburg. Das Forschungszentrum ist Teil der Helmholtz-Gemeinschaft.
Zudem finden sich diverse Praktikumsstellen, Volontariate und Stellengesuche für studentische Hilfskräfte in der Jobbörse.
Weitere Stellenangebote finden Sie in unserer Jobbörse – exklusiv für Stellen aus der Wissenschaftskommunikation. Hochschulen, Forschungsinstitutionen, Stiftungen und Co können ihre Stellenangebote direkt an Besucher*innen unseres Portals richten.
Was kommt?
Die Registrierung für die Future of Science Communication Conference 2.0 von Wissenschaft im Dialog* ist ab sofort möglich. Im Mittelpunkt steht der Austausch von Praxis und Forschung zu Wissenschaftskommunikation. Die Konferenz findet am 26. April in Brüssel statt.
Was passiert, wenn wissenschaftliche Expertise mit Verschwörungstheorien sowie Wissenschaftsskepsis konkurrieren muss? Über diese und weitere Fragen der Wissenschaftskommunikation diskutieren die Kommunikationswissenschaftlerin Birte Fähnrich und die Wissenschaftsjournalistin Korinna Hennig beim digitalen Salon Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft in Berlin zum Thema „Expertise in der Krise“ gehen. Er findet am 27. April 2022 ab 19 Uhr statt. Interessierte können vor Ort sowie per Livestream daran teilhaben.
Das 3. WIMACamp/digital widmet sich dem Thema „Wissenschaftskommunikation und Pandemie“. Bei der Online-Veranstaltung am 30. August soll von 10 bis 14 Uhr die Frage diskutiert werden, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in Ausnahmesituationen erfolgreich kommuniziert werden können.
Der K3-Preis für Klimakommunikation zeichnet Menschen, Initiativen, Projekte und Redaktionen aus dem deutschsprachigen Raum für herausragende Leistungen im Bereich der Klimakommunikation aus. Die aktuelle Bewerbungsphase läuft vom 1. April bis zum 12. Mai 2022.
Die Konferenz „The Science of Science Communication: Mapping the Field“ im Vorfeld der Jahrestagung der International Communication Association findet am 25. Mai in Paris statt. Keynotes und Paneldiskussionen sind auch als Livestream geplant.
Das Webinar zum Thema „Informiertes Vertrauen in Wissenschaft: Das Konzept und eine Zwischenbilanz nach zwei Jahren Pandemie“ zieht ein erstes Fazit zur Wissenschaftskommunikation in der Coronakrise. Die Onlineveranstaltung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften findet am 17. Mai ab 19 Uhr statt.
Das Panoptikum gibt alle vierzehn Tage einen Überblick über aktuelle Aktionen, Debatten und Trends. Außerdem sind hier aktuelle Stellenangebote, Veranstaltung und Ergebnisse aus der Forschung über Wissenschaftskommunikation zu finden.
*Wissenschaft im Dialog ist einer der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.