Welche psychologischen Faktoren zur Verdrängung der Klimakrise beitragen, warum fehlerhafte Studien häufig viel Aufmerksamkeit erfahren und Forschung zu Covid-19-Tracing-Apps. Das plus aktuelle Jobs und Termine sind die Themen im Panoptikum.
Panoptikum 22-16 #Reels #JWST #Apps
Augen und Ohren auf
Ferne Galaxien, das Aufleuchten eines sterbenden Sterns, der Carinanebel: Mit den ersten Aufnahmen des James-Webb-Teleskops ließ die NASA Wissenschaftler*innen wie Astronomiefans schwärmen. Aber wie macht man die Fotos für Menschen zugänglich, die sie nicht oder nur eingeschränkt sehen können? In der Washington Post lobt Theresa Vargas die vorbildliche Kommunikation der Weltraumorganisation. Denn in den sozialen Medien waren alle Aufnahmen mit kleinteiligen Alt-Texten versehen, also einer kurzen Beschreibung, die den Inhalt des Bildes in einen Text übersetzt. „Making […] breathtaking views accessible”, lautete eine der Reaktionen auf Twitter. Das Royal National Institute of Blind People lobte die Beschreibungen als vorbildliches Beispiel für Barrierefreiheit.
Weil in den Medien zu viele Falschinformationen über die Pandemie kursierten, entschloss sich Amelie Reigl selbst über Wissenschaft zu kommunizieren. „Zusätzlich hat mir die Wissenschaft in sozialen Medien gefehlt, hier gab es eine Lücke, die ich versuchen wollte zu schließen“, sagt sie im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Darin spricht sie über das öffentliche Bild als Wissenschaftlerin, warum sie auch private Seiten neben dem Forschungsalltag im Labor zeigt und wie man Wissenschaft in Reels kommuniziert.
In seiner Spiegel-Kolumne nimmt der studierte Psychologe und Journalist Christian Stöcker eine aktuelle Studie des EU-Projekts PERITIA zum Anlass, um zu erklären, warum wir die Realität oft enorm verzerrt wahrnehmen. Ein Drittel der Deutschen gab an, „sehr besorgt“ über die Auswirkungen des Klimawandels zu sein. Knapp die Hälfte sei „etwas besorgt“. Laut Planetary Health Action Survey (PACE) der Universität Erfurt, das regelmäßig die Risikowahrnehmung und Einstellung zur Klimakrise abfragt, sei die Handlungsbereitschaft mit Blick auf Klima aber sehr ungleichmäßig in der Bevölkerung verteilt. Stöcker beschreibt darauf aufbauend die psychologischen Faktoren, die zu Verdrängung und zum Zögern in der Klimakrise führen.
In einem Twitter-Thread kritisiert die Sozialpsychologin Pia Lamberty, dass es keine öffentliche Debatte zu Wissenschaftler*innen gibt, die selbst „Falschinformationen oder Verschwörungserzählungen“ verbreiten.
Die Professorin für Sozialpsychologie an der University of Kent stellt eine Plattform für Forschung zu Verschwörungsglauben vor.
Die Sendung „Zeitfragen“ von Deutschlandfunk Kultur widmet sich der Frage, warum fehlerhafte oder gar manipulierte Studien – die letztlich zurückgezogen werden – oft sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Mehr Wissen
Welche Rolle spielen die Science Media Center in der Pandemie? Ausgehend von einer etnografischen Forschung im Januar und Oktober 2020 untersuchen Irene Broer und Louisa Pröschel vom Hans-Bredow-Institut, welche Praktiken, kommunikativen Beziehungen, Ziele und normativen Annahmen die Stellung des Science Media Center Germany in der Wissenschaftskommunikationslandschaft prägen. Die Forscherinnen arbeiten heraus, dass das SMC Deutschland während der Pandemie zum Wissens-, Vertrauens-, und Wertevermittler geworden ist.
Wovon hängt es ab, ob Menschen Covid-19-Tracing-Apps auf ihr Handy laden? Das hat ein Forschungsteam um Frans Folkvord von der niederländischen Tilburg University und der spanischen Forschungs- und Beratungsfirma Open Evidence Research in Barcelona in einer Pilotstudie untersucht. Die Forscher*innen führten eine Online-Umfrage in den Niederlanden und in der Türkei durch. Dabei zeigte sich: Wird der Datenschutz gewahrt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Befragten eine solche App nutzen würden.
Welche Forschungsergebnisse werden in der Öffentlichkeit als plausibel erachtet? Elizaveta P. Sheremet und Inna F. Deviatko von der National Research University Higher School of Economics in Moskau haben zwei Umfragen unter Studierenden durchgeführt. Es zeigte sich unter anderem, dass die Befragten soziologische und kriminologische Forschungsergebnisse im Vergleich zu neurowissenschaftlicher und physiologischer Forschung als weniger plausibel wahrgenommen haben. Das Prestige der jeweiligen Forschungsinstitution und die Höhe der Gelder, die in die Forschung geflossen sind, zeigten hingegen keinen Effekt darauf, wie plausibel die Ergebnisse wahrgenommen wurden.
Von Praktikum bis Professur
Die WissensWerkStadt in Bielefeld sucht Verstärkung. Ausgeschrieben ist eine Stelle als Mitarbeiter*in Didaktik und Bildungsangebote sowie als Mitarbeiter*in MakerSpace und Co-Creation. Die Bewerbungsfrist für beide Jobs endet am 7. August.
Auch Wissenschaft im Dialog sucht Verstärkung. Noch bis zum 28. August können sich Interessierte als Onlineredakteur*in beim Online–Portal Wissenschaftskommunikation.de bewerben.
Weitere Stellenangebote finden Sie in unserer Jobbörse – exklusiv für Stellen aus der Wissenschaftskommunikation. Hochschulen, Forschungsinstitutionen, Stiftungen und Co können ihre Stellenangebote direkt an Besucher*innen unseres Portals richten.
Was kommt?
Die Weltgesundheitsorganisation bietet einen sechsstündigen Online-Workshop zum Thema „Storytelling for Infodemic Management“ an. Er findet an zwei Tagen – am 16. und 18. August oder am 23. und 25. August – statt. Bewerben können sich Menschen aus der Kommunikation, Wissenschaft und Forschung, dem Gesundheitssektor oder Infodaten-Management, die Erfahrung in der Gesundheitskommunikation und im Umgang mit Fehlinformationen im Gesundheitsbereich haben. Die Frist endet am 8. August.
Das Panoptikum gibt alle vierzehn Tage einen Überblick über aktuelle Aktionen, Debatten und Trends. Außerdem sind hier aktuelle Stellenangebote, Veranstaltung und Ergebnisse aus der Forschung über Wissenschaftskommunikation zu finden.
*Das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik) und Wissenschaft im Dialog sind zwei der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.