Der Traum vom eigenen Wissenschaftspodcast: Welche Schritte nötig sind, um diesen zu realisieren, erklärt Podcast-Expertin Christiane Attig in ihrem Gastbeitrag. Ein Überblick von der ersten Idee bis zur Veröffentlichung.
Mikrofon an, Aufnahme läuft: Der Weg zum eigenen Podcast
Kaum ein Genre begeistert regelmäßige Podcast-Hörer*innen so sehr wie Wissenschaft.1 Vom regelmäßigen, breiten Forschungsüberblick („Methodisch inkorrekt“, „Spektrum der Wissenschaft“) über monothematische Podcasts („Sternengeschichten“ über Astronomie, „Talking Bodies“ über menschliche Kommunikation) zu bis hin zu Nischenthemen („Antiberg PodKarst“ über Höhlenforschung im deutschsprachigen Raum, „Game Changer“ über Spieltheorie): Wissenschaftspodcasts finden ihr Publikum. Kein Wunder also, dass sowohl etablierte Medienhäuser als auch wissenschaftliche Institutionen und Forschende immer mehr Wissenschaftspodcast produzieren und Podcasts auch in der Hochschullehre angekommen sind.
Eine hilfreiche Strukturierung bietet der „Podcast-Cycle“ von Brigitte Hagedorn. Im Folgenden möchte ich die fünf Schritte der Podcastproduktion erläutern und mit eigenen Erfahrungen sowie Diskussionspunkten aus den Podcast-Seminaren, die ich gemeinsam mit Isabelle Rogge und Richard Fuchs für das NaWik gebe, anreichern.
Vom groben Konzept zur fertigen Podcastepisode
Alles beginnt mit einem Konzept. Möchte ich über meine eigene Forschung sprechen? Oder über aktuelle wissenschaftliche Befunde einer ganzen Disziplin? Spreche ich allein oder mit Kolleg*innen? Welche Rollen haben wir dabei? Das sind nur ein paar der Fragen, die zu Beginn geklärt werden sollten.
Was ich gelernt habe: Podcastkonzepte sind selten von Anfang an perfekt! Hat man sein Publikum gefunden, bleibt dieses zum großen Teil auch dann dran, wenn das Konzept über die Zeit hinweg weiterentwickelt wird.
Steht das Konzept, geht es an die Technik. Was genau benötigt wird, hängt vom Format ab. Spreche ich allein, genügt ein einzelnes USB-Mikrofon, dessen Audiosignal direkt in die Aufnahmesoftware gesendet wird. Sprechen mehrere Personen im selben Raum, sind mehrere Mikrofone und ein Audio-Interface nötig, das die Stimmen in einzelnen Audiospuren einfängt. Für Remote-Aufnahmen gibt es spezialisierte Software, die die Audiosignale der Sprecher*innen nicht zu stark komprimiert. Das Equipment ist aber nicht alles: die Aufnahmesituation bestimmt die Audioqualität stark mit. Kleine Räume mit „schallschluckenden“ Eigenschaften wie Teppichen, gut gefüllten Bücherregalen und Vorhängen unterdrücken Hall. Kein Wunder, dass schon so mancher Podcast im Kleiderschrank entstanden ist! Ein wichtiges Learning aus dem Podcast-Alltag: Auch wenn sich der Klang im Nachhinein optimieren lässt, ist ein gutes Ausgangssignal immer das Wichtigste! Also: im Zweifel lieber den Raum wechseln oder das Mikrofon einmal mehr ausrichten, anstatt hinterher Zeit und Nerven bei der Rauschentfernung zu verlieren.
Loslassen auf die Welt: Veröffentlichung und Verbreitung
Ist die erste Episode fertig geschnitten, folgt das Hosting, also das Verfügbarmachen des Podcasts im Internet. Dazu gibt es Rundum-Sorglos-Dienste; es ist aber auch möglich, das Hosting und die Verbreitung auf Podcastplattformen komplett in Eigenregie zu realisieren. In diesem Schritt entsteht der RSS-Feed, das technische Rückgrat des Podcasts, in dem sowohl die einzelnen Episodendateien, aber auch das Titelbild, Beschreibungstexte und alle Metadaten des Podcasts gespeichert sind. Der RSS-Feed wird an die Podcastplattformen weitergegeben. Um möglichst vielen Menschen den Podcast zugänglich zu machen, empfiehlt es sich zusätzlich, die RSS-Feed-URL auf der Podcast-Website zu veröffentlichen, da viele Personen freie Podcast-Apps nutzen, die nicht immer auf die Datenbanken der großen Plattformen zurückgreifen. Mittels der RSS-Feed-URL können die Hörer*innen den Podcast manuell ihrer App hinzufügen.
Ist der Podcast veröffentlicht, gilt es, ihn bekannt zu machen. Typische Maßnahmen zur Vermarktung von Wissenschaftspodcasts umfassen das Bespielen begleitender Social-Media-Kanäle, Kooperationen mit anderen Podcasts sowie Ankündigungen im Rahmen von Vorlesungen, Seminaren, Konferenzen, Pressemitteilungen und Newslettern. Sind mindestens fünf Episoden veröffentlicht, ist es möglich, den Podcast bei Wisspod einzureichen. Die Plattform bietet eine kuratierte Liste von größtenteils unabhängig produzierten Podcasts. Das heißt, eingereichte Podcasts werden von mindestens zwei Personen, die selbst wissenschaftlich tätig sind, begutachtet und nur bei Erfüllung von Qualitätskriterien wie wissenschaftliche Korrektheit und angemessene Audioqualität auf der Website gelistet.3
Wann ist ein Podcast erfolgreich?
Vielleicht mag sich nun jemand denken, dass man sich von Publikumsfragen nichts kaufen kann. Warum lohnt sich ein eigener Wissenschaftspodcast dennoch, auch wenn es so schwierig ist, Reichweite aufzubauen? Abgesehen davon, dass es sehr viel Spaß macht und sinnstiftend ist, das eigene Wissen zu teilen, sind Podcasts ein toller Weg zur Vernetzung mit anderen Forschenden und Expert*innen, was sich wiederum auf die klassische wissenschaftliche Arbeit positiv auswirken kann. Darüber hinaus kann ein eigenes Podcastprojekt ein Sprungbrett sein. Ich spreche aus Erfahrung: ohne meine eigenen Podcasts wäre ich heute keine NaWik-Trainerin und würde diesen Gastbeitrag nicht verfassen. Daher: Go Podcasting!
Zum Weiterlesen:
Larissa Vassilian (2021), Podcasting! Von erfahrenen Podcastern lernen. Rheinwerk Computing, ISBN 978-3-8362-8579-7. https://www.rheinwerk-verlag.de/podcasting-von-erfahrenen-podcastern-lernen
Vera Katzenberger, Jana Keil, Michael Wild (2022), Podcasts. Perspektiven und Potenziale eines digitalen Mediums. Springer VS, ISBN 978-3-658-38711-2. https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-38712-9
Sendegate: Die Podcasting-Community. https://sendegate.de