Lassen sich Algorithmen ohne Worte beschreiben und künstliche Intelligenz auf 60 Seiten erklären? Genau das versuchen Forschende und eine Künstlerin in zwei Praxisprojekten.
Maschinelles Lernen in Katzenbildern
Ob Infografik, Foto, Zeichnung oder Comic: Bilder sind ein wichtiger Bestandteil unserer Kommunikation. Sie erregen Aufmerksamkeit, können schnell und intuitiv erfasst werden und bleiben im Gedächtnis. „Bilder werden leichter gelernt, behalten und wiedererkannt als Worte“ fassen drei Kommunikationswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in ihrem Aufsatz „Die Evidenzkraft von Bildern in der Wissenschaftskommunikation“ zusammen.1 Tatsächlich brauchen die meisten Menschen nur ein bis zwei Sekunden Betrachtungszeit, um sich langfristig an ein Bild mit mittlerer Komplexität erinnern zu können. In derselben Zeit erfassen sie dagegen nur fünf bis sieben einfache Worte.2
Visuelle Wissenschaft
Visuelle Darstellungen sind auch in der Wissenschaft ein wichtiges Kommunikationsmittel. Bilder können Zusammenhänge, Prozesse, Abhängigkeiten und Prioritäten sichtbar machen und gleichzeitig Komplexität reduzieren.3 Julia Metag, Professorin für Kommunikationswissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, macht in ihrem Aufsatz „Visuelle Wissenschaftskommunikation“ darauf aufmerksam, dass die Visualisierung von wissenschaftlichen Themen durchaus eine Herausforderung sein kann. Gerade bei abstrakten Themen könnten Bilder aber einen Mehrwert liefern.4
Zu solchen abstrakten Themen gehören beispielsweise auch Algorithmen und künstliche Intelligenz. Obwohl sie uns im Alltag in unterschiedlichsten Technologien begegnen, haben viele nur eine ungenaue Vorstellung von den Prozessen dahinter. Zwei Beispiele aus der Praxis der Wissenschaftskommunikation zeigen, wie man Algorithmen ohne Worte und künstliche Intelligenz in einem 60-Seiten-Comic erklären kann.
Ein Teaser für KI
Eine Herausforderung während des Entstehungsprozesses war die Komplexität des Themas. Bewusst zielt der Comic-Essay deshalb nicht auf Vollständigkeit ab. Er ist vielmehr ein Einstieg in die Materie und eine Einladung, sich weiter zu informieren. Gleichzeitig ist er ein kreativer Impuls, sich selbst mit KI weiter auseinanderzusetzen. Julia Schneider befasst sich gerne mit komplexen Themen: „Je größer ein Thema ist, desto kürzer halte ich es. Und deshalb wage ich mich dann auch an diese riesigen Themen heran, in dem Wissen, dass ich es auf keinen Fall zu Ende erklären werde und dass ich notwendigerweise nur einen Teaser gebe. Und der Comic ist eben unser Teaser für KI.“
Die Verflechtung von Text und Bild, die den Dialog zwischen Künstlerin und Datenwissenschaftlerin widerspiegelt, gefällt Julia Schneider. Ganz ohne Worte erklärt dagegen Professor Sándor Fekete von der Technischen Universität Braunschweig Algorithmen. Dafür nutzt er Anleitungen in der Bildsprache eines skandinavischen Möbelhauses.
Algorithmen als Ikea-Bauanleitung
Hier setzen die Idea Instructions6 an: Ohne Worte erklären sie im Stil einer Ikea-Möbelbauanleitung verschiedene Algorithmen. Schwedisch anmutende Namen und ein motiviertes „Idea-Männchen“, das durch die Anleitung führt, dürfen dabei natürlich nicht fehlen. Die Sortieralgorithmen „Quicksort“ und „Merge Sort“ werden beispielsweise als „Kvick Sört“7 und „Merge Sört“8 illustriert. „Public Key Krypto“9 erklärt, wie die Public-Key-Verschlüsselung funktioniert und „One Ströke Draw“10 zeigt, wie es möglich ist, das Haus vom Nikolaus mit nur einem Strich zu zeichnen. Fekete entwickelte die Idea Instructions gemeinsam mit Sebastian Morr, einem seiner ehemaligen Studenten. Während eine Ikea-Anleitung beispielsweise für die Montage von genau einer Sorte Schrank gedacht ist, kann mit einer Idea Instruction sozusagen jeder beliebige Schrank aufgebaut werden. „Algorithmen sind systematische Verfahren, um vorgeschriebene Aufgaben Schritt für Schritt zu lösen. Mit ihnen können viele gleichartige Probleme gelöst werden, nicht nur eines. Sie sind eine Art Universalwerkzeug“, erklärt Sándor Fekete.
Der Comic-Essay zur KI und die Idea-Bauanleitungen für Algorithmen zeigen: Abstrakte Themen bildlich darzustellen, hilft, sie zu verstehen. Beide Beispiele kommunizieren auf unterschiedliche Art und Weise mit Bildern und verfolgen doch das gleiche Ziel: Wissenschaft interessant und kreativ so zu vermitteln, dass es das Publikum zum Selberdenken anregt.
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