Mit einem Magazin zu Kartografik und Sozialwissenschaft startete Katapult 2015 in die Zeitschriftenwelt. Heute steht der Verlag für Printprodukten von Buch bis Kartenspiel. Im Interview erklärt Sven Kosanke das Katapult-Prinzip, das unternehmerische Konzept und wie (fast) jede Information in eine Karte passt.
„Man kann alles (karto)grafisch darstellen“
Herr Kosanke, was ist das Besondere an Katapult?
Das Magazin Katapult versucht, Menschen mit verschiedensten Hintergründen Themen aus den Sozialwissenschaften näherzubringen. Das ist toll, denn auf der einen Seite stehen Wissenschaftler*innen, die hochgradig spezialisiert zu ganz engen Themenfeldern forschen. Die Ergebnisse werden meist für eine ebenso kleine Fachcommunity aufgeschrieben und dann dort diskutiert. Wir haben bei Katapult die Chance, dieses Wissen einem größeren Publikum zugänglich zu machen und das vor allem über Formate wie Karten und Infografiken. Das ist das Katapult-Prinzip.
Gestartet ist Katapult mit einem Quartalsmagazin. Was gibt es heute alles von Katapult?
Das wichtigste Produkt ist immer noch unser Heft, mit dem alles begonnen hat und das aus jeweils hundert Seiten voller Karten, Infografiken und kurzen oder längeren Artikeln besteht. Darin geht es vor allem um Themen der Sozialwissenschaften, aber auch anderer Bereiche wie Medizin, Psychologie und Co, also Forschungsfelder, die sich vor allem mit Menschen beschäftigen. Zum Magazin hinzu kam relativ schnell der Knicker, das sind Fokushefte zu bestimmten Themen wie Wald oder Seenotrettung. Die Knicker heißen so, weil sie in der Mitte A1-Faltkarten haben, die Inhalte zum Thema detailliert darstellen. Dazu kommen unsere Buchproduktionen. Das erste „Die Welt in 100 Karten“ gibt es zwar schon eine Weile, in dem Bereich haben wir mit zwei weiteren Kartenbüchern aber schon nachgelegt. Außerdem ist ein Buch über die Gründung von Katapult sowie eine etwas andere Einführung zu großen Philosoph*innen und ihren Hang zum Alkohol erschienen. Außerdem gibt es noch Poster, Postkarten und Kartenspiele. Neben diesen Printprodukten sind wir auch auf Social Media sehr aktiv und posten mehrmals täglich auf Twitter, Instagram und Facebook. Dafür haben wir ein eigenes Team, das sich darum kümmert. Insgesamt sind wir also sehr experimentierfreudig und versuchen immer, herauszufinden, was unsere Leser*innen noch interessiert. Das versuchen wir dann umzusetzen und – wie wir sagen – katapultig darzustellen und dabei spielen Karten immer eine große Rolle.
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Warum sind Karten das zentrale Format bei Katapult?
Karten sind toll, weil sie sehr einfach und trotzdem komplex sind. Man kann viel Inhalt sehr komprimiert darstellen. Als Katapult gegründet wurde, wurde das Format noch nicht so häufig genutzt. Das wollten die Gründer*innen ändern und sich mit dem Fokus auf dieses Format auch von anderen Wissenschaftsmagazinen abgrenzen. Die Idee war: Menschen einfach und niedrigschwellig Informationen zu vermitteln, zum Beispiel aus der Geografie oder den Sozialwissenschaften. Da bieten sich Karten einfach an und sie stehen auch gut für sich. Man muss keine langen Texte dazu schreiben, sondern kann mit der Karte selbst schon ein Statement setzen. Das ist aber ein wichtiger Punkt. Karten polarisieren, sind am Ende auch immer irgendwie politisch. Ein Beispiel ist die Darstellung des Grenzverlaufes zwischen Israel und Palästina. Dazu haben wir regelmäßig Diskussionen mit unseren Leser*innen, wo dieser wirklich verläuft und da kommt es hierbei natürlich ganz stark darauf an, wen man fragt.
Können Karten dann überhaupt objektiv Inhalte vermitteln? Oder sind sie per se unterkomplex?
Ja, das kann man so sehen. Man muss reduzieren, auswählen und übersetzen, wenn man etwa den Inhalt von wissenschaftlichen Studien grafisch darstellen möchte. Man muss viele Entscheidungen treffen. Das gilt aber für alle Formen der Vermittlung, die eine Arbeit aus einer Fachsprache in einen anderen Kontext übertragen möchten. Für uns bei Katapult sind daher die Fragen: Was ist die Story? Was möchten wir erzählen? Was ist am interessantesten? Das ist eine Herangehensweise, die versucht das wissenschaftliche und das journalistische mit einander zu verbinden. Das heißt aber auch, dass wir Studien für verschiedene Karten und verschiedene Recherchen heranziehen können. Wir reduzieren die Studien also nicht auf eine Karte und legen sie dann zu den Akten, sondern schauen, für welche Geschichten die Informationen relevant sind. Man kann die Welt ohnehin nie komplett erklären. Man muss – wie in der Wissenschaft auch – einzelne Teile in den Blick nehmen. Eine umfassende Abhandlung eines Themas kann keine Karte, aber auch kein Paper leisten.
Gibt es Themen, die man nicht als Karte darstellen kann?
Wie arbeiten Sie bei Katapult mit Wissenschaftler*innen zusammen?
Das kommt darauf an. Wenn wir uns die Printprodukte anschauen, kontaktieren die Redakteur*innen vor allem für größere Artikel die Autor*innen der Studien, auf die sie sich beziehen, um zusammenzuarbeiten. Besonders bei aktuellen Themen ist die Studienlage außerdem häufig noch dünn, weil es dauert, bis Daten wissenschaftlich publiziert werden. Da recherchieren wir dann Expert*innen überall auf der Welt, um die Informationen zusammenzutragen, die wir für die Geschichte brauchen. Seenotrettung war so ein Thema. Wenn also etwas heute passiert und morgen gedruckt werden soll, brauchen wir unbedingt den direkten Austausch mit den Expert*innen. Bei unseren Onlineprodukten ist das ein bisschen anders. Das sind oft kleine Formate, die gut für sich stehen können und wenig Erklärung brauchen. Dafür nehmen wir dann häufiger recherchierte Informationen.
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Welche Kompetenzen gibt es im Team von Katapult?
In der Redaktion sind mittlerweile über 30 Personen. Trägt sich das Projekt alleine durch die Abos?
Ja, also zum Großteil. Katapult gehört alleine sich selbst. Es gibt keine Investor*innen und sehr wenige Anzeigen, die vor allem aus Kooperationen stammen und keine bezahlte Werbung sind. Das ist uns auch wichtig, unsere Leser*innen-Community da nicht mit Werbung zu langweilen.
Wie läuft der Kontakt zu eurer Community?
Katapult ist als kleines Magazin gestartet und hat sich langsam hochgekämpft und die Community aufgebaut. In den Jahren 2018, 2019 gab es dann so einen Turn und die Community ist stark gewachsen. Bis dahin war alles relativ familiär und die Kommentarspalten waren mit wohlwollenden Rückmeldungen und Nachfragen gefüllt. Mittlerweile ist das diverser. Es ist zum einen eine größere Fangruppe entstanden, von der es immer noch nette Nachfragen und Diskussionen über Inhalte gibt. Zu einem kleinen Teil sind in unseren Kommentarspalten aber auch andere Menschen unterwegs, die einen eher rauen und bisweilen destruktiven Kommentarstil pflegen. Im Laufe dieser Veränderung mussten wir auch mehrere Leute anstellen, die die Kommentarspalten beobachten und moderieren, um bei Bedarf zu löschen und nichts unkommentiert stehen zu lassen. Das ist aber eben online nur ein kleiner Teil der Rückmeldungen und dementsprechend nur ein kleiner Teil der Community.
Kann man als Wissenschaftler*in die eigene Studie oder das eigene Forschungsthema an Katapult schicken und Sie machen dann eine Karte daraus?
Wir sind immer offen für Themenvorschläge und auch Gastbeiträge. Wenn also jemand eine tolle Idee oder spannende Daten hat, dann bitte unbedingt eine E-Mail schreiben. Ich kann zwar nichts versprechen, weil wir ja immer auch unsere eigene Planung verfolgen. Wir schauen uns die Vorschläge aber alle an und kommen dann vielleicht ins Gespräch darüber, ob und wie man ein Thema umsetzen könnte. Wir kriegen tatsächlich schon recht viele Anfragen dieser Art.