Philipp Burkard, Leiter von Science et Cité, besuchte das 9. Forum Wissenschaftskommunikation und berichtet hier über seine Eindrücke und Erlebnisse. Das Thema der Konferenz war „Wissenschaft für alle?!“ – Kann diese Frage beantwortet werden?
Let’s face the facts: Wissenschaft nicht für alle
Unmöglich, eine dreitägige Konferenz mit über hundert Sessions, Vorträgen und unzähligen Gesprächen zusammenzufassen! Das Motto des 9. Forums Wissenschaftskommunikation1 lautete „Wissenschaft für alle?!“ – und diese Frage kann als Wunsch gerne bejaht, als Beschreibung muss sie aber deutlich verneint werden. Die Zeiten sind gemäss Keynote Speaker Andreas Zick von der Uni Bielefeld „radikal“. Laut Keynote Speakerin Melanie Smallman vom University College in London leben wir spätestens seit dem Brexit in ‚post-truth’ Europe – und Trump macht es noch schlimmer.
Was also vermag Wissenschaftskommunikation im postfaktischen Zeitalter? Was ich gehört habe: Überlassen wir das Feld nicht den Gegnern. Wenn diese auf Social Media Verschwörungstheorien verbreiten, gilt es zu reagieren: Sie nicht beschimpfen, aber freundlich und bestimmt mit eigenen Argumenten und Facts dagegenhalten. Arbeiten wir an unseren Texten und einer verständlichen Ausdrucksweise, wie die vierzig Teilnehmenden an der „Wortwerkstatt“, die zusammen eineinhalb Stunden an einem Satz herumfeilten. Nutzen wir die Möglichkeiten und Ideen von Citizen Science, mit denen Bürgerinnen und Bürger in Forschungsprozesse involviert werden können – in den Naturwissenschaften, aber auch in den Geisteswissenschaften. Und vor allem: Gehen wir zu den Leuten, hören wir ihnen zu. Wir müssen zuerst mal verstehen, was – nochmals mit Melanie Smallman – sie mit ihren teilweise ganz anderen Weltbildern, Ängsten und Werten eigentlich denken.
Daneben wie immer nützlich: Die Networking Sessions, bei denen man neue Kolleginnen und Kollegen kennen lernt; die Projektpräsentationen mit ihrem Sammelsurium an Ideen; all die Pausentreffen mit bestehenden und potenziellen Projektpartnern; und wiederum eindrücklich die Preisverleihung von „Fast Forward Science“, wo sehr junge Leute ihren kreativen filmischen Umgang mit Wissenschaft präsentierten.
Im postfaktischen Zeitalter kann ja nicht alles toll sein in der Wissenschaftskommunikation. Unser Erfolg ist nicht durchschlagend. Viel zu reden gab die Nikolaussession mit einem kostümierten Moderator und dem Titel „Von den Wünschen, den guten und den schlechten Taten der Wissenschaftskommunikation“. Darüber müssen wir vermehrt sprechen. Wer hat künftig den Mut, am Forum auch von Schwierigkeiten, Misserfolgen und hoffentlich Lerneffekten zu berichten?!
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