Foto: Christian Humm, CC BY-SA 4.0

Kurz vorgestellt: Neues aus der Forschung im Juni 2021

Welche Faktoren beeinflussen die Empfänglichkeit für Verschwörungsmythen? Wie berichten deutsche Medien über autonomes Fahren? Und welche Rolle spielen Plattformen wie „The Conversation Africa“ für die Wissenschaftskommunikation und den Journalismus? Das sind die Themen im Forschungsrückblick für den Juni.

In dieser Rubrik besprechen wir regelmäßig neue Forschungsergebnisse zum Thema Wissenschaftskommunikation. Sollten Sie etwas vermissen, schreiben Sie uns gerne eine E-Mail oder hinterlassen Sie einen Kommentar.

Welche Faktoren tragen zu Verschwörungsglauben bei? 

Wer an Verschwörungsmythen glaubt, zeigt möglicherweise weniger Bereitschaft, sich an Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu halten. Von welchen Faktoren aber hängt es ab, ob Menschen offen für verschwörungstheoretische Aussagen sind? Das haben Eric Allen Jensen, Axel Pfleger, Lisa Herbig, Brady Wagoner, Lars Lorenz und Meike Watzlawik von der Sigmund Freud Privatuniversität Berlin untersucht.

Methode: Für ihre Studie nutzen die Forscher*innen Daten aus einer Umfrage, die zwischen Ende Oktober 2020 und Mitte Dezember 2020 durchgeführt wurde. Untersucht wurden Antworten von 725 Teilnehmenden, die in Hinblick auf bestimmte demographische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Bundesland, Migrationshintergrund und Schulabschluss repräsentativ für die deutsche Bevölkerung sind. Die Forscher*innen wollten wissen, wie hoch die Zustimmung der Teilnehmenden zu folgender Aussage ist: „Das Coronavirus ist Teil einer globalen Bewegung, verpflichtende Impfungen durchzusetzen“. Außerdem fragten sie nach der Zustimmung zu anderen verschwörungstheoretischen Thesen wie: „Das neue 5G-Netzwerk macht uns anfälliger für das Virus“. Auf diese Weise wollten sie erfahren, wie empfänglich die Befragten generell gegenüber Verschwörungsmythen sind. 

In Berlin erhielt die verschwörungstheoretische Aussage zum Thema Impfen am wenigsten Zustimmung, in Brandenburg und Schleswig-Holstein am meisten.
Die Studienteilnehmenden wurden auch gefragt, wie wahrscheinlich es ist, dass sie sich impfen lassen und wie häufig sie verschiedene Social-Media-Plattformen nutzen. Außerdem gaben sie an, wie hoch ihr Vertrauen in bestimmte Informationsquellen zur Corona-Lage ist – darunter die WHO, Jens Spahn, Angela Merkel und Christian Drosten.

Ergebnisse: 75 Prozent der Befragten stimmten der verschwörungstheoretischen Aussage zum Thema Impfen nicht zu. 15 Prozent stimmten ihr zumindest teilweise zu, darunter zwei Prozent, die der Aussage voll und ganz zustimmen. Große Unterschiede beobachteten die Wissenschaftler*innen zwischen Menschen aus unterschiedlichen Bundesländern. In Berlin erhielt die Aussage am wenigsten Zustimmung, in Brandenburg und Schleswig-Holstein am meisten. Das Alter der Befragten spielte eine kleinere Rolle. Signifikante Unterschiede zeigten sich nur zwischen den 30- bis 39-Jährigen und den über 80-Jährigen. In der jüngeren Altersgruppe stimmten 30 Prozent zu, in der älteren acht Prozent. Menschen mit Abitur stimmten der Aussage etwas weniger häufig zu als Menschen mit Hauptschulabschluss. Auch die politische Einstellung spielte keine große Rolle – abgesehen von Menschen am rechten Rand, die der Aussage im Vergleich häufig zustimmten. Große Unterschiede zeigten sich beim Faktor Migrationshintergrund. Neun Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund stimmten der Aussage zu, im Vergleich zu 43 Prozent derjenigen mit Migrationshintergrund. Wer eine positivere Einstellung zur Wissenschaft hat, stimmte der Aussage seltener zu. Wer weniger stark in wissenschaftliche und offizielle Informationsquellen vertraut, stimmte hingegen häufiger zu. 

Die Ergebnisse zeigen auch: Menschen, die häufiger Twitter nutzen, glauben eher an die Impfstoff-Verschwörung – allerdings gilt das nur für Menschen mit Migrationshintergrund. Bei Messaging-Apps wie Whatsapp, Telegram oder Threema konnten die Forscher*innen einen nur mäßigen Zusammenhang, bei Facebook und Youtube gar keinen erkennen. Wer der die Impfstoff-Verschwörung weniger zustimmte, war eher bereit, sich impfen zu lassen. Allerdings sei der Zusammenhang nur moderat, schreiben die Autor*innen. 

Schlussfolgerungen: Ein deutlicher Zusammenhang scheint zwischen dem Wohnort der Befragten und ihrer Neigung zu bestehen, an die Impf-Verschwörung zu glauben. Das lässt sich laut der Autor*innen nicht mit demographischen Faktoren erklären, da die Bevölkerung in Berlin jünger und migrantischer ist als beispielsweise in Brandenburg. Beide Faktoren aber tragen tendenziell eher zu einer stärkeren Zustimmung bei. Ein erklärender Faktor könnte laut der Forscher*innen sein, dass die Corona-Maßnahmen in Berlin sichtbarer und teilweise strenger waren. Auch die Berichterstattung der lokalen Presse könnte ein Anhaltspunkt für Unterschiede sein, die weiter erforscht werden müssten. 

In Bezug auf politische Orientierungen legen die Ergebnisse nahe, dass das konventionelle Links-Rechts-Spektrum wenig mit dem Hang zu Verschwörungsmythen zu tun hat – von ganz Rechten abgesehen. Deutlich zeigt sich hingegen der Zusammenhang zum Migrationshintergrund. Eine Erklärung könnte laut der Autor*innen sein, dass marginalisierte Gruppen, die nur ein geringeres Gefühl von Sicherheit und Kontrolle haben, eher empfänglich für Verschwörungsmythen seien.

Für die Wissenschafts- und Gesundheitskommunikation könnten diese Ergebnisse Hinweise darauf geben, welche Zielgruppen bisher schlecht erreicht werden – darunter jüngere Menschen und solche in bestimmten Bundesländern. Die Gründe hierfür und Möglichkeiten der Ansprache wären Fragestellungen für weiteren Studien. 

Einschränkungen: Aus den Ergebnissen der Studie können nur Zusammenhänge, aber keine ursächlichen Wirkungen abgeleitet werden. Die Kategorie „Migrationshintergrund“ ist sehr vage. Darunter fallen beispielsweise Menschen mit deutscher und nichtdeutscher Staatsbürgerschaft, mit muttersprachlichen oder geringen Deutschkenntnissen. 

Um zu erforschen, welche Faktoren beim Hang zu Verschwörungsglauben ausschlaggebend sind – beispielsweise eine etwaige Marginalisierung oder ein Gefühl von mangelnder Kontrolle – sind weitere Untersuchungen und eine Differenzierung des Faktors Migrationshintergrund notwendig. 

Jensen, E. A., Pfleger, A., Herbig, L., Wagoner, B., Lorenz, L., Watzlawik, M. (2021) What Drives Belief in Vaccination Conspiracy Theories in Germany? Frontiers in Communication. https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fcomm.2021.678335/full

Zwischen Optimismus und Skepsis: Medienberichterstattung über autonomes Fahren

Wann und wie sich autonomes Fahren in Deutschland durchsetzen wird, hängt nicht nur von der technischen Entwicklung, sondern auch von der gesellschaftlichen Akzeptanz ab. Weil traditionelle, journalistische Medien für Lai*innen immer noch die wichtigste Informationsquelle zu technischen Innovationen sind, haben sich Lena Jelinski, Katrin Etzrodt und Sven Engesser von der TU Dresden mit dem medialen Diskurs zum Thema auseinandergesetzt.

Methode: Das Forschungsteam analysierte den Inhalt von 359 Artikeln, die unter dem Stichwort „autonomes Fahren“ zwischen Anfang Mai 2017 und Ende Oktober 2018 in folgenden deutschen Medien gefunden wurden: Frankfurter Allgemeine Tageszeitung, Süddeutsche Zeitung, Spiegel Online, Bild.de und Zeit Online. Dabei wollten die Wissenschaftler*innen herausfinden, wie detailliert die Artikel in Hinblick auf technische und wissenschaftliche Aspekte sind. Andererseits interessierte sie, ob ausgewogen berichtet wird. Dazu wurden positive und negative Argumente ausgewertet. Auch der Grundton von Überschriften und Texten wurde als positiv, negativ, ambivalent oder neutral kategorisiert. Um zu analysieren, ob Unfälle mit selbstfahrenden Autos etwas an der Berichterstattung ändern, wurden Artikeln gesondert betrachtet, die innerhalb von zwei Wochen nach einem Unfall veröffentlicht wurden. 

Ergebnisse: Die Forscher*innen stellten fest, dass die Artikel insgesamt nur wenige technische Details liefern. Ein Problem sei, dass wenig Einheitlichkeit bei den Begrifflichkeiten und Klassifikationen von selbstfahrenden Autos herrsche. Der Grad der Automatisierung der Fahrzeuge wurde in 42 Prozent der Artikel überhaupt nicht erwähnt. In 71 Prozent der analysierten Texte wird die Funktionsweise von autonomen Fahrzeugen nicht erklärt. Über bestimmte Einsatzmöglichkeiten, wie im Taxi-Bereich, werde viel geschrieben. Andere Bereiche, wie die Landwirtschaft, würden hingegen vernachlässigt, berichten die Autor*innen.

Sowohl bei Pro- als auch Contra-Argumenten spielen Sicherheitsaspekte eine große Rolle.
Der Tonfall der meisten Überschriften und der Artikel sei neutral. In den Texten aber dominieren positive Argumente leicht. Optimistisch sind vor allem Artikel zu den Themen Verkehr, Technik und Fortschritt. Wenn es um Sicherheit und ethische Fragen geht, ist der Tenor pessimistischer. Auch direkt nach einem Unfall ist der Gesamtton deutlich negativer. Auch zeigt sich, dass die Überschriften insgesamt negativer sind als die Artikel selbst.

Sowohl bei Pro- als auch Contra-Argumenten spielen Sicherheitsaspekte eine große Rolle. Das wichtigste positive Argument ist die Wirtschaftlichkeit, während die rechtliche Situation als größte Hürde angesehen wird. In Bezug auf die Detailliertheit spielen Thema, Zeitung, Quelle, Darstellungsform und Unfallhäufigkeit eine Rolle. Beiträge zum Thema Technik und Fortschritt sowie Verkehr sind beispielsweise deutlich differenzierter als Beiträge zu anderen Themen. 

Schlussfolgerungen: Um sich eine Meinung über neue technische Entwicklungen bilden zu können, sind umfängliche und ausgewogene Informationen notwendig. Die Autor*innen schlussfolgern aus den Ergebnissen ihrer Studie, dass im Bereich des autonomen Fahrens nicht genügend Wissen vermittelt wird. Es fehle an technischen Details, Informationen zum Grad der Autonomie des Fahrzeuges, zu Anwendungsgebieten und möglichen Nutzungsszenarios. Obwohl es mehrere offizielle Klassifizierungssysteme gibt, würden diese in den Artikeln fast nie genannt. 

Im Gegensatz zu anderen technologischen Entwicklungen sei beim Thema autonomes Fahren keine grundsätzlich negative oder positive Haltung der Medien erkennbar – obwohl insgesamt positive Argumente dominieren. Allerdings überlegen die Autor*innen, dass die eher negative Haltung von Überschriften eine ablehnende Haltung von Leser*innen fördern könnte. 

Wie die Ergebnisse zeigen, können sich Unfälle auf die Berichterstattung auswirken und zu einer Neuinterpretation des autonomen Fahrens führen.
Wie die Ergebnisse zeigen, können sich Unfälle auf die Berichterstattung auswirken und zu einer Neuinterpretation des autonomen Fahrens führen. Ihnen sollte in der Forschung deshalb besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, fordern die Forscher*innen. Für die Wissenschaftskommunikation könnten die Ergebnisse der Studie ein Anreiz sein, detaillierter über das in der Öffentlichkeit noch wenig bekannte Thema zu informieren, dessen Einsatzmöglichkeiten noch ausgehandelt werden müssen.   

Einschränkungen: Untersucht wurde eine Auswahl von Medien in einem begrenzten Zeitraum. Für ein breiteres und aktuelleres Bild über den medialen Diskurs zum Thema autonomes Fahren wären weitere Studien notwendig. Zudem haben die Autor*innen zwar untersucht, wie detailliert berichtet wurde, aber nicht, ob die Informationen in den Artikeln auch stimmen. Um zu erfahren, wie akkurat informiert wird, wäre das ein lohnenswertes Untersuchungskriterium. Auch ein internationaler Vergleich könnte aufschlussreich sein. 

Jelinski, L., Etzrodt, K. and Engesser, S. (2021). Undifferentiated optimism and scandalized accidents: the media coverage of autonomous driving in Germany. JCOM 20 (04), A02. https://doi.org/10.22323/2.20040202

Die Rolle von „The Conversation Africa“ in der Wissenschaftskommunikation

In einer sich verändernden und digitalisierten Medienwelt sind klassische journalistische Produkte wie Zeitungen und Fernsehen nicht mehr die einzigen Möglichkeiten, sich über wissenschaftliche Themen zu informieren. Wissenschaftler*innen nutzen neue Wege, Ideen und Meinungen auszutauschen und sind dabei nicht mehr von traditionellen Gatekeeper*innen abhängig. Wissenschaftsplattformen wie „The Conversation“ gewinnen stattdessen an Popularität. Wissenschaftler*innen können hier selbst Texte über ihren Expertisebereich veröffentlichen. Sie werden bei „The Conversation“ von professionellen Journalist*innen unterstützt, behalten aber das letzte Wort. Die Rolle solcher Agenda-Setter haben Lars Guenther von der Universität Hamburg und Marina Joubert von der Stellenbosch University in Südafrika am Beispiel von „The Conversation Africa“ untersucht. 

Im Laufe der Zeit nahm die Dominanz südafrikanischer Autor*innen ab, das Feld wurde diverser, auch Autor*innen aus anderen afrikanischen Ländern wurden präsenter.
Methode: Die beiden analysierten mehr als 5.000 Artikel, die seit 2015 über einen Zeitraum von fünf Jahren veröffentlicht wurden. Sie nahmen dabei unter anderem die Autor*innen in den Blick, die Inhalte und wie oft die Artikel auf der Plattform angeklickt wurden. Um den darüber hinausgehenden Erfolg der Texte zu messen, ermittelten sie, wie häufig sie in journalistischen Medien aufgegriffen und auf Social-Media-Kanälen verbreitet wurden. Im ersten Schritt erstellten die Forscher*innen thematische Cluster anhand von Schlüsselwörtern. Dann ermittelten sie, welche Schlüsselworte und welche thematischen Sektionen der Plattform für die Verbreitung auf anderen Kanälen relevant sind. Im zweiten Schritt verglichen die Forscher*innen die Weiterverbreitung von Inhalten über journalistische Medien und über Social-Media-Kanäle. 

Ergebnisse: Durchschnittlich wurden in den fünf Jahren 89 Artikel pro Monat veröffentlicht. Die meisten Autor*innen von „The Conversation Africa“ arbeiten in südafrikanischen Institutionen. Es sind jedoch auch Autor*innen aus Großbritannien und den USA prominent vertreten. Im Laufe der Zeit nahm die Dominanz südafrikanischer Autor*innen ab, das Feld wurde diverser, auch Autor*innen aus anderen afrikanischen Ländern wurden präsenter. 

Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich „The Conversation Africa“ immer weiter als Agenda-Setter etabliert.
Die meisten Artikel wurden in der Rubrik Politik und Gesellschaft (29 Prozent) veröffentlicht, gefolgt von Wirtschaft (15 Prozent), Gesundheit und Medizin (15 Prozent) und Umwelt und Energie (14 Prozent), Bildung (11 Prozent), Kunst und Kultur (9 Prozent) und Wissenschaft und Technik (8 Prozent). Insgesamt wurden mehr Artikel auf Facebook geteilt als auf Twitter. Überhaupt ging die Verbreitung über Twitter im Laufe der Zeit zurück. Bei den Social-Media-Nutzer*innen waren die Rubriken „Umwelt & Energie“ und „Wissenschaft & Technik“ beliebt, während bei Facebook-Nutzer*innen die Rubrik „Kunst & Kultur“ am beliebtesten war. Journalistische Medien favorisierten Artikel aus den Bereichen „Wirtschaft“ sowie „Politik & Gesellschaft“. Artikel zu politischen Kontroversen in Afrika waren dabei besonders gefragt.

Schlussfolgerungen: Obwohl die Anzahl der pro Monat veröffentlichten Artikel nicht zugenommen hat, sind im Laufe des Untersuchungszeitraumes die Zahl der Webseitenaufrufe, der Wiederveröffentlichungen und der Aktivitäten auf Facebook gestiegen. Warum Twitter eine immer geringere Rolle spielt, ist eine Frage, der sich weitere Forschung widmen könnte. 

Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich „The Conversation Africa“ immer weiter als Agenda-Setter etabliert. Das bedeutet auch, dass Wissenschaftler*innen mehr Einfluss darauf gewinnen, welche Themen zu Nachrichten werden. Die bereitgestellten Inhalte sind weder institutionelle Wissenschaftskommunikation noch unabhängiger Journalismus, sondern irgendwo dazwischen anzusiedeln. 

Damit folgt der Journalismus der von „The Conversation Africa“ gesetzten Agenda – im Gegensatz zu den Social-Media-Nutzer*innen, die andere Interessen zeigen.
Die Plattform selbst legt einen Schwerpunkt auf wissenschaftliche Fragestellungen in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Das weicht laut der Autor*innen von der traditionellen Wissenschaftsberichterstattung in journalistischen Medien ab, die einen starken Fokus auf Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaften legt. Gerade die politischen und wirtschaftlichen Themen aber werden besonders häufig von Journalist*innen weiterverbreitet. Das deutet darauf hin, dass die Plattform genutzt wird, um das eigene Themenspektrum zu erweitern. Damit folgt der Journalismus der von „The Conversation Africa“ gesetzten Agenda – im Gegensatz zu den Social-Media-Nutzer*innen, die andere Interessen zeigen. Für die Wissenschaftskommunikation und ihre Erforschung zeigen die Ergebnisse einerseits, dass neue Player im Feld Einfluss gewinnen – und dass die Frage, wer auf welche Art Themen setzt, weiter erforscht werden muss. 

Einschränkungen: Die Autor*innen der Studie haben sich angeguckt, welche Schlüsselwörter und welche Themen für die Wiederverbreitung in journalistischen Medien und auf Social Media relevant sind. Möglicherweise sind aber noch andere Auswahlkriterien ausschlaggebend, die nicht untersucht werden könnten. Ein Vergleich zwischen unterschiedlichen Ausgaben von „The Conversation“ könnte Hinweise auf regionalspezifische Entwicklungen der Plattformen als Agenda-Setter geben. Um zu bewerten, wie sich die Wissenschaftskommunikation durch solche neuen Player ändert, wäre interessant zu analysieren, wie kritisch die Beiträge auf dieser Plattform im Vergleich zu klassischem Wissenschaftsjournalismus sind.

Guenther, L., Joubert, M. (2021) Novel interfaces in science communication: Comparing journalistic and social media uptake of articles published by The Conversation Africa. Public Understanding of Science. https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/09636625211019312

Mehr Aktuelles aus der Forschung

Wie kann die Wissenschaftskommunikation auf Impfskepsis reagieren? Øyvind Ihlen von der Universität Oslo, Margalit Toledano von der University of Waikato in Neuseeland und Sine Nørholm Just von der Roskilde University in Dänemark haben die aktuelle Forschung zu Impfzögerlichkeit und Vertrauensbildung untersucht und fünf Prinzipien für die Gesundheitskommunikation herausgearbeitet – etwa, dass Impfzögerlichkeit nicht per se irrational ist und, dass Vertrauenswürdigkeit gestärkt werden kann, indem eine gemeinsame Basis mit dem Publikum gefunden wird.

BioBlitze sind in der Regel eintägige Citizen-Science-Veranstaltungen, bei denen Bürger*innen an der Datenerhebung für Forschungs- und Naturschutzprojekte beteiligt werden. Ein Team von Wissenschaftler*innen um Julia Lorke vom Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik und Heidi L. Ballard von UC Davis School of Education hat 15 solcher BioBlitze in den USA und Großbritannien untersucht. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass die Hürden für die Teilnahme von Jugendlichen noch weiter abgebaut werden sollten. 

Youtubevideos haben inzwischen einen festen Platz in der Bildungslandschaft und werden sowohl an Schulen als auch in der Wissenschaftskommunikation eingesetzt. Sarah Kohler vom Karlsruher Institut für Technologie und Tabea Clara Dietrich von der Universität Leipzig diskutieren in einem Aufsatz anhand aktueller Forschungsliteratur die Potenziale und Grenzen von Lehrvideos. Dabei beziehen sie sich auf Theorien aus der Medienwirkungsforschung und Lernkonzepte aus der Erziehungswissenschaft.

Welche Akteur*innen sind in der digitalen Wissenschaftskommunikation in den Niederlanden, Serbien und Großbritannien aktiv? Das hat ein Forschungsteam um Emma Weitkamp von der University of the West of England in Bristol am Beispiel der Themen Klimawandel und gesunde Ernährung untersucht. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es nur wenige Wissenschaftler*innen, Forschungseinrichtungen und Universitäten schaffen, auf digitalen Kanälen eine große Rolle im Bereich der Wissenschaftskommunikation zu spielen. 

Wie sollen Techniken zur gezielten Veränderung von DNA bei Pflanzen, Menschen und Tieren eingesetzt werden? Wissenschaftler*innen und gesellschaftliche Interessenvertreter*innen fordern, dass die Öffentlichkeit in den Entscheidungsfindungsprozess einbezogen wird. Leider sei häufig unklar, wie das konkret aussehen soll, argumentiert der Kommunikationswissenschaftler Dietram A. Scheufele. Gemeinsam mit Kolleg*innen systematisiert und diskutiert er in einem Essay Ziele und Formen öffentlicher Beteiligung. 

Der Umgang mit Unsicherheiten und Risiken ist gerade während der Covid-19-Pandemie eine große Herausforderung für die Wissenschaftskommunikation. Adalberto Fernandes von der Universität in Lissabon hat sich mit der Korrektur von Online-Nachrichten zu Corona auseinandergesetzt, die unsicher, aber nicht unbedingt falsch sind. Eine seiner Schlussfolgerungen lautet, dass mehr Fakten nicht unbedingt die beste Strategie zur Korrektur darstellen. Zusätzliche Informationen könnten die Unsicherheit sogar erhöhen, argumentiert der Doktorand.