Was zeichnet souveräne Wissenschaftskommunikation aus? Und wie kann man den persönlichen Auftritt verbessern? Darüber spricht Medientrainer und Autor Volker Hahn im Interview, gibt handwerkliche Tipps und nennt Vorbilder.
Kompetent, professionell, zielorientiert – Die souveräne Expertin
Herr Hahn, Sie haben gerade das Buch „Die souveräne Expertin*“ geschrieben. Wann ist man in der Wissenschaftskommunikation souverän?
Eine souveräne Expertin ist fachlich kompetent, tritt professionell auf und kommuniziert zielorientiert. Ich finde, der Begriff Souveränität fasst das gut zusammen. Ich bin souverän, wenn ich weiß, was ich kann, wenn ich weiß, was ich will und wenn ich weiß, wie ich das rüberbringe. Das Buch soll mit 77 Tipps helfen, sich diese Kompetenzen anzueignen.
Wie wird man souverän(er) in Kommunikationssituationen?
Verbale Wissenschaftskommunikation ist ein Handwerk, dass man sich als Wissenschaftlerin zusätzlich zur Forschungskompetenz aneignen muss. Dafür gibt es verschiedene Wege. Ich hoffe natürlich, dass mein Buch helfen kann … Medientrainings finde ich sehr wichtig … und am Ende muss man es einfach machen – Learning by Doing. Man muss Wissenschaft kommunizieren, um darin besser zu werden. Wie bei ganz vielen Dingen.
Was sind für Sie ganz konkret die wichtigsten Tipps?
Allgemein ist wichtig, dass man seine Kernbotschaften vorbereitet hat und sich darauf konzentriert. Sich nicht zu sehr ablenken lässt. Dass man im Zweifel auch nicht alles exakt so beantwortet, wie es gefragt wurde, sondern dass man immer wieder zu seinen Kernbotschaften zurückkommt. Ganz konkret ist es wichtig, dass man verständlich kommuniziert. Man muss inhaltlich vereinfachen, wenn man mit Laien spricht. Dazu gehört auch, dass man eine einfache Sprache verwendet, Fachbegriffe erklärt und in kurzen Sätzen spricht. Außerdem ist es wichtig, konkret zu sein. Im Wissenschaftsjargon wird oft abstrakt gesprochen. In der Kommunikation mit Laien ist es dagegen wichtig, immer anschauliche Beispiele zu bringen, um auch Bilder im Kopf des Gegenübers entstehen zu lassen. Das waren jetzt in aller Kürze 4 bis 5 meiner 77 Buchtipps. Man kann natürlich auch viel lernen, wenn man sich die Kommunikation anderer genau anschaut. Deshalb gebe ich Beispielen für gelungene Wissenschaftskommunikation viel Raum in meinem Buch. Die meisten Tipps veranschauliche ich mit solchen Positivbeispielen, die ich übrigens auch persönlich sehr inspirierend finde.
Von welchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kann man sich in der Kommunikation noch etwas abschauen?
Welche Chancen und Risiken gibt es bei öffentlichen Auftritten von Forschenden?
Erst mal glaube ich, dass es mehr Chancen gibt als Risiken. Die große Chance ist, dass man andere Menschen mit dem erreichen kann, was einem selbst wichtig ist. Wenn man es gut macht, dann kommen auch genau diese Inhalte beim Zielpublikum an. Hier liegt aber auch das Risiko. Denn wenn man es schlecht macht, dann nimmt das Publikum etwas anderes mit als geplant oder es bleibt nur Nebensächliches hängen. Dann habe ich Zeit vergeudet – meine eigene und die des Publikums. Es gibt natürlich auch Fälle, wo die Risiken größer sind und kommunizierende Wissenschaftlerinnen angefeindet werden – man denke an Christian Drosten und Sandra Ciesek. Hier sind aber auch die Chancen besonders groß; denn wenn Wissenschaftskommunikation zur medizinischen Intervention wird, dann rettet sie ganz konkret Leben.
Wie bleibt man souverän, wenn jemand aus dem Publikum in der Kritik persönlich wird?
Warum steht im Titel ihres Buches explizit „Die souveräne Expertin“ und nicht „Der souveräne Experte“?
„Die souveräne Expertin“ ist generisches Femininum – grammatisch weiblich, aber gemeint sind alle Geschlechter. Das ist übrigens keine Erfindung von mir. Eine „Erfindung“ von mir ist eher, dass alle, die nicht Wissenschaftlerinnen sind bzw. waren, im generischen Maskulinum bleiben. Das führt dazu, dass – rein grammatisch – die Wissenschaftlerin dem Journalisten oder dem Zuhörer die Welt erklärt. Mir ging es zum einen darum, dass in der Vorstellung der Leserinnen und Leser nicht das männliche Forscher-Stereotyp dominiert. Zum anderen wollte ich im Sinne des Buches kurz und leicht verständlich formulieren – also nicht „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ schreiben. Neutralisierende Verrenkungen wie „Forschende“ mag ich persönlich nicht. Meine Entscheidung ist eine Möglichkeit für geschlechtergerechte Sprache. Mich würde durchaus interessieren, wie andere das finden.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation?
*Normalerweise nennen wir bei Beschreibungen von Personengruppen zwei Geschlechtsformen. Hier verzichten wir ausnahmsweise darauf und nehmen die Wortwahl des Interviewpartners mit auf, die er auch in seinem Buch und in diesem Interview so verwendet (siehe Antwort auf Frage sieben).