Vertrauen, Offenheit, eine gemeinsame Werteorientierung – das sind die Grundpfeiler der Zusammenarbeit zwischen dem Präsidenten Walter Rosenthal und der Kommunikationsleiterin Katja Bär an der Uni Jena. Ein Gespräch über Strukturen, Wissenschaftskommunikation und strategische Zusammenarbeit.
„Kommunikation und Führung sind für uns zwei Seiten einer Medaille“
Herr Rosenthal, Sie haben in Frau Bär seit März eine neue Kommunikationschefin. Wie hat sich die Zusammenarbeit seither entwickelt?
Rosenthal: Sehr gut. Die Besetzung der Stelle war gleich in mehrfacher Hinsicht ein Neuanfang und ging mit grundlegenden strukturellen Veränderungen einher. Wir haben mit externer Begleitung eine neue Abteilung Hochschulkommunikation geschaffen, in der wir die vier Bereiche Marketing, Presse und Information, Webentwicklung und Alumni zusammengefasst haben. Wir wollten einen Neustart schaffen, auch mit dem Ziel, dass es eine strategische Kommunikation über alle universitären Bereiche hinweg gibt.
Die Position, die Frau Bär jetzt einnimmt, ist in diesem Prozess entstanden. Ich finde, seitdem hat sich bei uns vieles positiv entwickelt, sowohl in der Kommunikation nach außen, als auch in der internen Kommunikation. Gerade in der internen Kommunikation gibt es einige Defizite, die wir nun gemeinsam angehen. Frau Bär ist – und das ist ein Novum – in strategische Entscheidungen eingebunden. Insbesondere diesen Aspekt erlebe ich als Bereicherung, auch wenn ich mich noch daran gewöhnen muss, und es passieren kann, dass ich bei einem Termin vergesse, sie dazu zu nehmen. Ihre Stimme und Perspektive wird hier jedoch bereits geschätzt. Kommunikation und Führung sind für uns zwei Seiten einer Medaille und das bildet sich jetzt endlich auch strukturell bei uns ab.
Frau Bär, Ihr Wechsel von Mannheim nach Jena war auch für Sie ein Neuanfang. Wie war der Start für Sie?
Bär: Ich habe es als sehr positiv empfunden, dass es beim Präsidenten und innerhalb der gesamten Hochschulleitung bereits ein großes Bewusstsein dafür gab, dass die Leitung einer Universität und die strategische Kommunikation eng miteinander verbunden sein müssen. Das ist vor allem auch wichtig, da es eine meiner Aufgaben ist, darauf zu schauen, ob und wie Entscheidungen intern und extern zu vermitteln sind. Das geht nur, wenn man eng miteinander arbeitet und die Kommunikation in die Diskussionen der Leitung involviert ist. Wir hatten auch relativ am Anfang schon einige Krisenkommunikationsthemen, bei denen wir vertrauensvoll zusammenarbeiten mussten und es auch taten. Ich meine, wir sind trotz der kurzen Zeit der Zusammenarbeit bereits jetzt ein gutes Kommunikationstandem.
Was sind die wichtigsten Faktoren, damit eine Zusammenarbeit funktioniert?
Rosenthal: Die Weichen für eine gute Zusammenarbeit werden aus meiner Sicht sehr früh gestellt und das ist uns gelungen. Das hat schon mit dem Vorstellungsgespräch begonnen und hat sich dann gut entwickelt. Mir lag sehr daran, dass Frau Bär Gestaltungsfreiraum innerhalb ihrer Abteilung erhält, damit sie optimal arbeiten kann. Was sich sehr schnell eingestellt hat, ist ein Grundvertrauen, und das ist der wichtigste Grundpfeiler der Zusammenarbeit. Weitere wichtige Faktoren sind Offenheit in beide Richtungen, eine gemeinsame Wertorientierung und natürlich Professionalität.
Bär: Kompetenz, Integrität und Klarheit – diese Qualitäten zeichnen Herrn Rosenthal aus und haben mir den Start und das Vertrauen sehr leicht gemacht. Es war hilfreich, dass wir uns auch einmal außerhalb des Büros – also als Menschen – begegnen konnten, schließlich muss man als Pressesprecherin Gedanken antizipieren können. Und noch wichtiger: Man muss einschätzen können, wo es Hybris wäre, dies zu versuchen und beides ist nicht immer ganz einfach. Da hilft es, wenn man den anderen gut kennt.
Gibt es Themenbereiche, in denen Sie besonders viel zusammenarbeiten?
Bär: Besonders eng ist die Zusammenarbeit bei hochschulpolitischen Themen und bei allen Fragen, die etwas mit Krisen- oder Risikokommunikation zu tun haben. Aber auch, wenn es um Weichenstellungen innerhalb der neu geschaffenen Abteilung geht, etwa um den Aufbau des Fundraisings.
Die Uni Jena hat für sich die Profillinien „Light, Life, Liberty” entwickelt, in denen sie agiert. Was bedeuten diese Profile für die Kommunikation?
Rosenthal: Zunächst einmal sind die Profillinien eine geniale Wortschöpfung meines Vorgängers. Die Wurzeln für diese drei Linien reichen sehr weit zurück und sind eng mit der Geschichte der Universität verbunden. Es gibt hier eine starke Tradition in diesen drei Bereichen und die Begriffe bezeichnen das Verständnis der Universität heute und in der Vergangenheit. Wir verstehen uns als eine moderne Volluniversität, in deren Portfolio die Profillinien klar und gut nachvollziehbar verankert sind. Die Profillinien sind übrigens auch im Senat vertreten, was ein Novum in der deutschen Universitätslandschaft ist.
Die Profile spielen also sowohl strukturell als auch kommunikativ eine große Rolle. Auch nach innen. Intern gibt es immer das Risiko, dass eine Profilsetzung als Einschränkung der Freiheit wahrgenommen wird. Eben dies ist aber nicht das Ziel der Profile, vielmehr sollen sie die Zusammenarbeit der Disziplinen ermöglichen und fördern, indem sie einen Rahmen dafür bieten. Ein solches Konzept ist nie unumstritten und deshalb war es besonders wichtig, es kommunikativ zu begleiten.
Bär: Die Profillinien definieren einen Markenkern und schaffen einen hohen Wiedererkennungswert, was für die Hochschulkommunikation natürlich ein Glücksfall ist. Wir nutzen die Linien in der Kommunikation sehr gezielt und werden von anderen Universitäten um dieses Alleinstellungsmerkmal auch beneidet.
Wie funktioniert Ihre Zusammenarbeit denn ganz praktisch?
Rosenthal: Die ist sehr vielfältig und erfolgt auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Zum einen gibt es regelmäßige Treffen, bei denen wir vor allem strategische Themen besprechen. Zum anderen sind wir eigentlich auch täglich per Email im Austausch, um uns auf dem Laufenden über aktuelle Entwicklungen zu halten. Wir kommunizieren also sehr viel und sehr häufig miteinander und ein bisschen erinnert es an ein laufendes Gespräch, welches man unterbricht und wieder aufnimmt.
Bär: Wir nutzen tatsächlich alle Kommunikationskanäle, um uns auszutauschen. Und trotz vollem Kalender wird mir im Präsidium meist die Tür geöffnet, wenn ich etwas Wichtiges habe.
Wie genau läuft die Zusammenarbeit denn, wenn es zu einer Krise kommt?
Rosenthal: Wir hatten tatsächlich schon einige solcher Situationen. Wir versuchen, die Dinge früh anzugehen und gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, um dann schnell kommunizieren zu können. Dazu muss man sich einig sein, was die allgemeine Kommunikationsstrategie angeht, sonst funktioniert es in der Krise nicht. Ich habe in meiner Zeit am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) viel mit dem Thema Tierversuche zu tun gehabt und da haben wir für uns eine sehr klare und offene Kommunikation festgelegt. Darüber waren Josef Zens, der damalige Kommunikationsleiter, und ich uns sehr einig und deshalb konnten wir auch erfolgreich agieren.
Bär: Von dieser professionellen Einstellung des Präsidenten zu Transparenz in der Krise profitieren mein Team und ich sehr. Nicht zu unterschätzen ist die gemeinsame Krisenprävention. Dazu gehört auch, ein Gespür für Stimmungen zu haben, um Krisen möglichst vorbeugen zu können. Außerdem ist es natürlich sehr wichtig, dass wir in Krisenzeiten besonders intensiv im Austausch stehen. Die berühmte Standleitung ist hier gefragt.
Welchen Stellenwert hat Wissenschaftskommunikation für Sie allgemein?
Rosenthal: Die Wissenschaftskommunikation spielt eine ganz große Rolle und wird immer wichtiger. Das Vertrauen in die Wissenschaft hat abgenommen und ich glaube, dass die Wissenschaftskommunikation – und damit meine ich ausdrücklich nicht das Marketing – deshalb einen ganz hohen Stellenwert haben muss. Das hat auch der March for Science aus meiner Sicht gezeigt. Auch wenn ich finde, dass es einige Macherinnen und Macher des Marches ein wenig zu weit getrieben haben in ihrer Botschaft. Aus meiner Sicht sollte Wissenschaft beraten, Entscheidungsgrundlagen bieten, aber sie ist kein politischer Entscheider. Trotzdem war es eine gute Bewegung.
Was wir in diesem Bereich machen, ist im Prinzip ein andauernder und nachhaltiger March for Science, auch wenn es natürlich nicht immer so spektakulär ist. Wir wollen Wissenschaft in die Gesellschaft tragen, mit ihr in den Austausch kommen und so ein wechselseitiges Verständnis ermöglichen. Dafür gehen wir auch neue Wege. Wir gründen in Jena derzeit das JenaForum, wo sich unsere Profillinien treffen können. Gleichzeitig soll es dort Raum für die Kommunikation nach außen geben. Wir schaffen also einen Begegnungsraum sowohl für die Wissenschaft, als auch für die Öffentlichkeit. Außerdem werden wir Wissenschaft und Kultur in Jena enger verbinden und entwickeln dafür derzeit neue Formate.