Das Projekt TRANSFER TOGETHER an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg bringt bildungswissenschaftliche Innovationen in außerschulische Lernorte. Wie Region und Hochschule gegenseitig voneinander profitieren, erklärt Max Wetterauer im Gastbeitrag.
Jedes Mal, wenn „Transfer“ zur leeren Worthülse verkommt, stirbt irgendwo ein Einhorn.
Wer im Hochschulbetrieb arbeitet, kann mit Transfer sofort etwas anfangen. Third Mission wird die häufigste Assoziation sein. Vernetzung, Bidirektionalität, Austausch und Kooperation gehören mit in diese Schlagwortblase. In den letzten Jahren hat Transfer einen steilen Bedeutungsgewinn hingelegt. Kaum eine Hochschule lässt das Wort auf ihrer Homepage vermissen, Institute und Projekte tragen stolz das Fähnlein Wissenstransfer vor sich her. Das Projekt TRANSFER TOGETHER trägt auch so ein Fähnlein.
Wer jedoch nicht im Hochschulbetrieb arbeitet, zieht bei dem Begriff in der Regel fragend eine Augenbraue hoch. Umso wichtiger also, dass wir verständlich kommunizieren, was wir damit meinen: „Jedes Mal, wenn ‚Transfer‘ zur leeren Worthülse verkommt, stirbt irgendwo ein Einhorn.“ Mit diesem saloppen Einladungstext haben wir nun schon zum zweiten Mal Leute ins neu eingerichtete Transferzentrum der Pädagogischen Hochschule Heidelberg gelockt, um beim TRANSFER TREFF über unser Fähnlein zu sprechen.
Was ist eigentlich Transfer?
Dabei müssen wir das Rad gar nicht neu erfinden. Transfer findet an der Hochschule längst schon statt: So schickt beispielsweise der Masterstudiengang E-Learning und Medienbildung bereits seit Jahren jedes Semester Studierende in Unternehmen und Einrichtungen der Region. Dort evaluieren sie interne, digitale Weiterbildungen, liefern Verbesserungsvorschläge und präsentieren die Ergebnisse anschließend als Prüfungsleistung. So kann bidirektionaler Transfer aussehen: Die Studierenden transportieren aktuelle Forschungsdiskussionen aus der Hochschule heraus, wenden die Erkenntnisse in der Praxis an und kehren dann mit den gewonnenen Erfahrungen an die Hochschule zurück. Die Unternehmen profitieren wiederum von dem gewonnenen Know-how und erhalten neue Perspektiven. Eine Win-Win-Situation.
Hier setzt TRANSFER TOGETHER an.
Als gemeinsames Transferprojekt der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH arbeitet das 16-köpfige Team daran, solche Transferaktivitäten zu fördern. Wir bauen Plattformen, auf denen über solche Projekte gesprochen werden kann – sei es der analoge TRANSFER TREFF oder unser Blog. Wir schaffen Netzwerke, in denen immer wieder neue Kooperationen geschmiedet und Synergien gefunden werden können. Und wir versuchen, für neue Perspektiven zu begeistern, indem wir Ideen der Start-up-Szene an der Pädagogischen Hochschule verankern: Methoden wie Design Thinking und New Work sind auf einem bildungswissenschaftlichen Campus nicht selbstverständlich.
Unser Ziel: bildungswissenschaftliche Innovationen, die an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg entwickelt werden, in außerschulische Lernorte der Region tragen und gemeinsam mit Unternehmen, Kultureinrichtungen, Vereinen und öffentlichen Einrichtungen an die jeweiligen Kontexte anpassen und dort gemeinsam weiterentwickeln. Die regionale Gesellschaft soll einen Mehrwert aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Hochschule ziehen können, und die Hochschule soll von den Erfahrungen und Perspektiven der Menschen in der Region profitieren.
Kampf der Worthülse
Wir arbeiten ganz konkret bereits mit zehn Projekten aus vier Bereichen zusammen: Interkulturelle Bildung, Prävention und Gesundheitsförderung, Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) und MINT-Bildung. Diese Vorzeigeprojekte sollen die Vorteile von Transfer greifbar machen.
Die Projektvielfalt hat auch Auswirkungen auf die Arbeitsweise innerhalb des Teams. So setzt sich das Teilprojekt ‚Leicht bewegt‘ für die Sitzreduktion im Arbeitsalltag ein. Während das langfristige Ziel ein webbasiertes und anwendungsfreundliches Toolkit ist, mit dem Unternehmen in der Region arbeiten können, wird im Kleinen schon bei uns im Team angefangen: Stehtische, Tischaufsätze, Blogbeiträge über Apps zur Sitzreduktion und Sitzqualitätsmesser haben bei uns Einzug gefunden.
So füllen wir die Worthülse schon im Kleinen mit Inhalt.
Auf ein Fähnlein passen keine Fußnoten
Eine Erkenntnis, die wir schon in kleiner Runde wahrnehmen und die für die Arbeit mit den Menschen außerhalb der Hochschule umso wichtiger ist: Kommunikation ist ein Schlüssel für gelungenen Transfer.
Die saloppe „Einhorneinladung“ ist nur ein Beispiel. Aber allgemein gilt: Auf Fähnlein passen selten Fußnoten. Wenn sich Forschende, Institutionen und Hochschulen in der Gesellschaft präsenter machen wollen, muss der Antragssprech abgelegt werden.
Daher suchen wir bei TRANSFER TOGETHER stets neue Kanäle. Vieles kommuniziert das Team über Twitter und Instant Messaging, wir nutzen Meetups, produzieren Videoformate und schaffen auf unserem Blog eine Plattform, auf dem Inhalte allgemeinverständlich verfasst werden können – eine vielfältige Spielwiese zum Ausprobieren für alle, die möchten. Im Mai fand ein Science Slam statt und die ersten Folgen unseres Projekt-Podcasts sind ebenfalls online.
Über Transfer sprechen
Die Kanäle dienen nicht nur zur Kommunikation nach außen, zum Finden neuer Kooperationspartner und zum Methodentraining, sondern verfolgen gewissermaßen auch einen Selbstzweck: Transferaktivitäten beruhen auf Freiwilligkeit. Umso wichtiger sind also Anreize, wie etwa Gehör und Sichtbarkeit. Wird Fleiß und Zeit neben dem Ergebnis mit weiterleitbarem Content belohnt, steigert das die Motivation weiterzumachen.
Das macht außerdem schöne Synergien und spannende Diskussionen sichtbar: Etwa, als via Twitter ein Wissenschaftler der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und ein Pädagogikportal aufeinanderstießen. Angelehnt an einen unserer Blogartikel vereinbarten sie ein Social-Media-Takeover – eine öffentliche Unterhaltung im Netz. Auch unser erstes Barcamp im November vergangenen Jahres stieß eine bis heute anhaltende Diskussion an: Lässt sich Wissenschaft mit einem Barcamp vorantreiben oder ist das Format eher unpassend für die Hochschule? Nachzulesen auf dem Blog.
Im ersten Jahr des Projekts TRANSFER TOGETHER waren solche Transfergeschichten ein stetiger Wind für unser Fähnlein. Wir werden es auch in den verbleibenden vier Jahren in die Region halten.
Projektsteckbrief
Träger: TRANSFER TOGETHER ist ein Projekt der Pädagogischen Hochschule Heidelberg und der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH. Es wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Förderinitiative Innovative Hochschule und von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz.
Budget/Finanzierung: Über seinen gesamten Zeitraum (01/2018 bis 12/2022) verfügt das Projekt über eine Fördersumme von ca. 5 Millionen Euro. Darin enthalten sind Personal- und Sachkosten, Reisevergütungen, Mittel für Marketing und Veranstaltungen.
Ziele: TRANSFER TOGETHER hat zum Ziel, die bildungswissenschaftlichen Innovationen, die an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg entwickelt werden, in außerschulische Lernorte der Region zu tragen. Die Menschen der Region sollen einen Mehrwert von den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Hochschule erhalten. Im Gegenzug erhalten die Forschenden wertvolles Feedback – eine Win-Win-Situation.
Zielgruppen: Das Projekt hat zum Ziel, alle Menschen der Region zu erreichen: Personen in Unternehmen, Kultureinrichtungen und Vereinen sowie in öffentlichen Einrichtungen und Privatpersonen. Gleichzeitig versteht sich das Team als Dienstleister für die Mitglieder der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Mit verschiedenen Beratungs- und Unterstützungsangeboten fördert das Projekt Transferaktivitäten der Hochschule.
Zahlen zur Zielerreichung: Die Anzahl der assoziierten Partnerinnen und Partner des Projekts ist inzwischen von 18 auf 80 angewachsen. Es wurden 77 Veranstaltungen mit Beteiligung von TRANSFER TOGETHER ausgerichtet, rund 100 Beratungsgespräche geführt und 35 Blogbeiträge von 14 Autorinnen und Autoren verfasst.
Weitere Informationen: Unter www.ph-heidelberg.de/transfertogether (Homepage), www.transfertogether.de (Blog) und auch über Facebook, Twitter, Youtube und Instagram erfahren Sie mehr über das Projekt. Falls Sie in der Region sind, können Sie uns gerne auch im Transferzentrum besuchen (Bergheimer Straße 104, 1. OG., 69115 Heidelberg).
Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.