Jahresrückblick #3 – Alles digital, Journalismus und Corona, #FactoryWisskomm

Wissenschaftskommunikation ist in diesem Jahr so präsent in der öffentlichen Debatte wie noch nie. Wir schauen zurück auf die Themen, die die Community neben, trotz und wegen der Corona-Pandemie beschäftigt haben und geben Tipps zum (wieder) lesen aus der Redaktion. Heute: Juli bis September 2020.

Alles digital oder was?

„Vieles war Learning-by-doing und ist im laufenden Betrieb durch die Zusammenarbeit mit Filmemachern und Youtube-Experten entstanden“, sagt Sveda Gettys von Science-Slam.com in einem Artikel in unserem Portal. Im August 2020 blickten sie und ihre Kolleginnen und Kollegen auf die Umstellungen, die sie in ihrem Projekt aufgrund der Pandemie machen musste. Damit spricht sie vielen aus der Seele, denn die Corona-Pandemie hat die Wissenschaftskommunikation vor die Herausforderung gestellt, alles zu digitalisieren und auch Veranstaltungen in den virtuellen Raum zu heben.

Ob Museen, Podiumsdiskussionen, Großevents oder Lehre – alles lief plötzlich online ab. Vieles klappte dabei gut, einiges wurde aber auch vermisst, wie unser Schwerpunkt zum Thema Virtuelle Angebote und die Gespräche mit unzähligen Kolleginnen und Kollegen zeigten. Tipps und Tricks durften dabei natürlich auch nicht fehlen. Diese lieferte Jörg Weiss von der Agentur con gressa, deren öffentliche Liste mit Tools bereits seit Beginn der Pandemie eine echte Bereicherung für die Branche darstellt. Seine fünf Don’ts bei digitalen Events hier noch mal im Schnellformat:

  1. Präsenzveranstaltung 1:1 ins Digitale zu übersetzen
  2. Konzeptluftschlösser bauen
  3. In ein Tool verlieben und nur noch dieses nutzen
  4. Unbedingt auf Nummer sicher gehen
  5. Personal- und Betreuungsaufwand unterschätzen

Vertrauen und Unsicherheiten

Doch die Corona-Pandemie beschäftigte die Wissenschaftskommunikation auch noch auf anderer Ebene und zwar hinsichtlich des Vertrauens der Menschen in Wissenschaft und Forschung. Im Interview mit dem Medienpsychologen Tobias Rothmund ging es dabei speziell um das misstrauische Viertel der Bevölkerung und die Gestaltung von Wissenschaftskommunikation im Bezug auf Menschen, die an Wissenschaft zumindest zweifeln. 

„Vorzugaukeln, dass Wissenschaft immer eindeutig sei, kann auch gar nicht die Lösung sein – denn oft genug stellen sich simple Antworten in der Forschung später als falsch heraus.“ Tobias Rothmund
Sein Fazit: „Vorzugaukeln, dass Wissenschaft immer eindeutig sei, kann auch gar nicht die Lösung sein – denn oft genug stellen sich simple Antworten in der Forschung später als falsch heraus. Das zieht dann wieder neue Vertrauensprobleme nach sich. Aber an der Stelle hat die Wissenschaftskommunikation eine offene Flanke. Es bleibt wohl nichts anderes übrig, als die wissenschaftliche Methode und die Bedeutung von Unsicherheiten immer wieder verständlich zu erklären.“

Der Frage, ob die Kommunikation von Unsicherheiten gut oder schlecht für das Vertrauen ist, beschäftigt sich auch die Psychologin Anne Marthe van der Bles. Auch ihre Forschung zeigt: „Es gibt nach dem derzeitigen Stand der Forschung zumindest keinen Grund, nicht über Unsicherheit zu kommunizieren.“ Einer, dem es besonders gut gelingt Unsicherheiten zu kommunizieren ist Christian Drosten. Die Kommunikations­wissenschaftlerin Hannah Schmid-Petri erklärt, warum sie diese Auszeichnung für gerechtfertigt hält. Und weil es so gut passt, nehmen wir das Interview hier noch einmal mal mit rein, obwohl es aus dem April ist und damit in einen anderen Teil des Jahresrückblicks gehört. 

„Bei einem so multidimensionalen Problem muss ich mich als Journalist fragen: Habe ich die Vielfalt der Disziplinen und Fächer, die zur Lösung benötigt werden, abgebildet?“ Holger Wormer
Und gleich noch mal Corona und Vertrauen: Für die Vertrauensbildung könnte nämlich der Journalismus eine entscheidende Rolle spielen. Wissenschaftsjournalismus-Professor Holger Wormer setzt sich mit dessen tatsächlicher Reaktion auf die Krise in einem Interview auseinander. Vor diesem Hintergrund ebenso spannend ist das Gespräch mit den Chefredakteuren von Zeit Wissen nach einem Jahr Ressortreform. Neben dem Fazit ging es dabei natürlich auch, um die Rolle des Journalismus in der Corona-Pandemie und es gab erneut Lob für Christian Drosten und seine Art der Kommunikation. Diesmal von Andreas Sentker, einem der beiden Chefredakteure des Wissensressorts: „Es war noch nie so wichtig wie heute, Wissenschaft als Prozess zu vermitteln. Darüber wurde früher zu wenig diskutiert und kommuniziert und hier liegt ein fundamentaler Fehler. Christian Drosten ist hier eine absolute Ausnahme, da er seine Unsicherheiten und sein Rollenverständnis sichtbar macht.“

Die Zukunft der Wissenschaftskommunikation

War sonst noch was? Ja, und zwar potenziell Wegbereitendes für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation. Die bereits im letzten Jahr angekündigte #FactoryWisskomm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ist im September gestartet. Einen ersten Einblick gibt es in kurzen Interviews zum Auftakt. 

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Um die Zukunft der Wissenschaftskommunikation und deren systematischer Stärkung geht es auch im Interview mit Georg Schütte über ein Förderprogramm der Volkswagenstiftung. Aus Schüttes Sicht mangelt es in Deutschland vor allem an einem und so fordert er im Interview: “Wir brauchen ein besseres Verständnis für die Ursachen des Gelingens und Misslingens von Wissenschaftskommunikation.” Keine ganz neue Forderung, aber eine, die von der Volkswagenstiftung nun mit dem neuen Förderprogramm einen weiteren Schritt vorangetrieben werden soll. 

Und natürlich gab es auch im dritten Quartal des Jahres wieder jede Menge spannender Projekte, die nichts mit der Corona-Pandemie zu tun haben. So befasst sich die Umweltwissenschaftlerin und Buchautorin Denise Müller-Dum in einem Gastbeitrag mit der Frage, wie Geschichten die Kommunikation rund um das Thema Klimawandel bereichern können. Und Carla Reinhardt vom Wettbewerb „Fast Forward Science“ nahm unsere Leserinnen und Leser mit auf eine Reise in die internationale Welt der Wissenschaftsvideos und stellte Youtuberinnen und Youtuber aus anderen Ländern vor. 

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Weitere Jahresrückblicke

Jahresrückblick #1 – Neue Zielgruppen, Vertrauen in Wissenschaft und ein unbekanntes Virus

Jahresrückblick #2 – Gesundheitskommunikation, Vertrauen, junge Zielgruppen und digitale Lösungen

Jahresrückblick #4 – Politik, Diversität und das Wissenschaftsbarometer