Silvia Zerbe kommuniziert in der Redaktion des Helmholtz-Zentrums Berlin vor allem Themen aus der Physik. Dabei war das ursprünglich gar nicht ihr Steckenpferd. Warum sich das Einarbeiten jeden Tag lohnt und was sie sich für die kommende Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wünscht, erzählt sie im Jobprofil.
Im Profil: Silvia Zerbe
Karriereleiter, Karrieresprungbrett oder Karrierekarussell – Wie war Ihr Weg in die Wissenschaftskommunikation?
Die Wissenschaftskommunikation ist für mich auf jeden Fall ein Karrieresprungbrett – wobei Karriere für mich nicht heißt, möglichst schnell die Hierarchieebenen nach oben zu klettern. Was ich zum Arbeiten brauche, ist Freiheit, ein kreatives, spannendes Umfeld und Entscheidungsspielraum – und das bietet mir die Wissenschaftskommunikation. Wie war mein Weg dorthin? Ich wollte unbedingt „was mit Medien machen“, also habe ich Kommunikationswissenschaften, Politik- und Wirtschaftswissenschaften studiert. Ich habe längere Praktika bei zwei Automobilherstellern gemacht, war Praktikantin in der Pressestelle eines Ministeriums und habe anschließend als freie Mitarbeiterin in einer kleinen PR-Agentur gearbeitet, wo ich das Handwerk sehr gut lernte. Dann bekam ich einen Job als studentische Mitarbeiterin im Wissenschaftszentrum Berlin – das war eine ganz andere Welt. Ich saß plötzlich mit Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt in der Kantine, wir diskutierten offen und kontrovers über politische Themen, das packte mich. Nach meinem Studium ging ich zum Hahn-Meitner-Institut (seit 2009: Helmholtz-Zentrum Berlin – eine der weltweiten Top-Einrichtungen in der Energie- und Materialforschung). Ich organisierte zunächst Veranstaltungen und wechselte nach drei Jahren in die Redaktion. Die Themen waren eine Herausforderung, denn Physik war damals nicht unbedingt mein Steckenpferd. Aber wenn man sich für die Dinge wirklich interessiert und ihnen offen begegnet, dann kann man sich gut einarbeiten.
Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job und warum lohnt es sich trotzdem jeden Tag?
Eine große Herausforderung ist das Zeitmanagement. In den letzten Jahren sind immer mehr Kanäle und Formate hinzugekommen, die wir bespielen. Wir sollten uns, finde ich, mehr Zeit nehmen, unsere Arbeit zu hinterfragen. Was erwarten Menschen von unserer Wissenschaftskommunikation und wie kann man ein Verständnis für die Arbeit von Wissenschaftlern erreichen? Wen erreichen wir wie? Und wann lohnt es sich, auch mal ein Format aufzugeben? Mich beschäftigt sehr, wie wir besser auf Bürgerinnen und Bürger zugehen können. Mit ihnen in einen wirklichen Dialog zu treten, erfordert viel Zeit, Ideen und Engagement. Das darf nicht nur die Aufgabe der klassischen Pressestellen bleiben. Vielmehr sollten sich das auch die Forscherinnen und Forscher zu ihrer Aufgabe machen. Für mich lohnt sich die Arbeit jeden Tag, ich empfinde es als Privileg, in einem spannenden Wissenschaftsumfeld zu arbeiten und interessante Menschen zu treffen, die mir begeistert von den Höhen und Tiefen ihrer Arbeit erzählen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation?
Wenn ich eine gute Fee träfe, würde ich mir wünschen, dass die Wissenschaftsredaktionen bei den Zeitungsverlagen wieder aufgestockt werden bzw. der Personalabbau gestoppt wird. Wir brauchen für eine glaubwürdige Wissenschaftskommunikation auch die Medien. Breite Diskussionen zu gesellschaftlich wichtigen Themen können von einzelnen Institutionen nur schwer alleine geführt werden. Mein zweiter großer Wunsch für die Wissenschaftskommunikation ist, dass noch mehr Forscherinnen und Forscher bereit sind, auf Menschen außerhalb der Wissenschaft zuzugehen und den Mut haben, eigene Standpunkte zu vertreten. Ich bin optimistisch, dass gerade eine neue Generation von Wissenschaftlern heranwächst. Unsere Aufgabe als Wissenschaftskommunikatoren sollte es sein, sie zu ermutigen und sie zu unterstützen. Das ist im Zweifelsfall wichtiger, als die x-te Pressemitteilung zu einem Thema herauszugeben.
Bonusfrage: Was war Ihr #Wisskomm-Highlight der letzten Jahre?
Es sind gleich zwei Highlights: Den March for Science, bei dem zehntausende Menschen für eine evidenzbasierte Wissenschaft auf die Straße gegangen sind. Solche Veranstaltungen sind wichtig, um zu zeigen: Zu Themen wie dem Klimawandel gibt es einen wissenschaftlichen Konsens, das ist keine Glaubenssache. Das zweite Highlight ist die Lange Nacht der Wissenschaften. Ich war bisher in jedem Jahr dabei, habe mit Kindern experimentiert und so viele interessante Gespräche geführt, die mich selbst auf neue Fragen gestoßen haben. Ich kann nur sagen: Das ist ein tolles Format, diesen Austausch brauchen wir unbedingt!