Wohin verschwindet unser Müll? Warum brennen die Wälder? Und was hat das alles mit dem Klimawandel zu tun? In ihrem Podcast „Hitzefrei“ geht die Medienpädagogin Hannah Weber gemeinsam mit zwei Kindern auf die Suche nach Antworten auf diese Fragen. Im Interview berichtet sie, wie sie dazu kam und erlaubt einen Blick hinter die Kulissen.
„Ich möchte Kinder aufklären, ohne Angst zu schüren“
Wie sind Sie auf die Idee gekommen „Hitzefrei“ , einen Podcast über den Klimawandel für Kinder, ins Leben zu rufen?
In meinem Studium der Medienpädagogik und Mediengestaltung habe ich mich oft mit Themen beschäftigt, die etwas mit sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit zu tun haben. Gleichzeitig habe ich angefangen, als freie Medienpädagogin zu arbeiten und dabei viele Projekte, wie zum Beispiel Film-, Radio- oder Coding-Workshops, mit Kindern durchgeführt. Deshalb wollte ich das Thema Nachhaltigkeit und Medienpädagogik mit Kindern verbinden und habe im letzten Herbst zum Thema „Bildung für nachhaltige Entwicklung mit digitalen Medien“ meine Bachelorarbeit geschrieben. Im Praxisteil dieser Arbeit habe ich dann den Podcast konzipiert und mit zwei Kindern, Max und Helen, umgesetzt. Wir drei hatten dabei sehr viel Spaß und die Resonanz war so gut, dass wir dann einfach weitergemacht haben.
Warum haben Sie dieses Format gewählt?
Seit 2017 bin ich im Hochschulradio aktiv, habe dort verschiedene Ausbildungen gemacht und Audio als Format für mich entdeckt. Im Bereich Podcast gibt es bis jetzt nur wenige Angebote für Kinder und auch keine zum Thema Klimawandel. Also dachte ich: Es macht mir Spaß, ich habe ein Studio, in dem ich etwas aufnehmen kann und zwei Kinder, die Lust haben mitzumachen. Das passte perfekt zusammen.
Welches Ziel verfolgen Sie mit Ihrem Podcast?
Mein Ziel ist es, auf eine einfache und spielerische Weise einen Einstieg in das Thema Klimawandel und damit verknüpfte Fragen, zu geben. Ich möchte aufklären, ohne Angst zu schüren. Dabei ist es mir sehr wichtig, in den einzelnen Folgen zunächst mit Expertinnen und Experten zu sprechen, die wissenschaftlich korrekte Informationen an Kinder vermitteln. Gleichzeitig möchte ich es so verpacken, dass das Zuhören Spaß macht. Ich sehe es als Pflicht der älteren Menschen auf der Welt – und dazu zähle ich mich auch – den Kindern früh beizubringen, was sich verändern muss, um noch möglichst lange auf der Welt leben zu können.
Hatten Sie von Anfang an die Idee, Kinder mit an Bord zu nehmen?
Am Anfang wollte ich es auf jeden Fall ohne Kinder machen, da das mehr Aufwand bedeuten würde. Max und Helen kenne ich allerdings schon sehr lange und wir haben auch schon verschiedenste Projekte gemeinsam umgesetzt, also haben wir es probiert. Ich merkte schnell, dass die beiden so viel Mehrwert in den Podcast bringen, ihn so für andere Kinder viel authentischer machen und es auch beim Zuhören mehr Spaß macht.
Welche Rollen nehmen Max, Helen und Sie in dem Podcast ein?
In den Folgen kommen Max und Helen einmal am Anfang und am Ende zu Wort. Für die beiden wäre es zu anstrengend, beim gesamten Entstehungsprozess dabei zu sein. Mir helfen sie dabei herauszufinden, welche Themen Kinder besonders spannend finden und welcher Einstieg geeignet wäre. Als ich sie zum Beispiel am Anfang gefragt habe, was sie interessiert, kamen wir direkt auf das Thema Müll zu sprechen. So hat sich unsere zweite Podcast-Folge auch direkt damit beschäftigt. Dabei versuche ich die Erlebnisse der Beiden und ihre alltäglichen Berührungspunkte mit den Themen einzubeziehen. So möchte ich Identifikationsmöglichkeiten für Kinder schaffen, die den Podcast hören. Es wäre etwas ganz anderes, wenn ich aus meiner Perspektive darüber berichte. Am Ende der Folge ist es mir wichtig, zusammen mit Max und Helen zu überlegen, wie wir uns den angesprochenen Problemen im Alltag stellen und Lösungsansätze finden können. Helen und Max schlagen dann Ideen vor, die die Hörerinnen und Hörer vielleicht auch in ihrem Leben implementieren.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Themen für neue Folgen aus?
Als ich mich für die Bachelorarbeit entschied, habe ich erstmal ein großes Brainstorming gemacht und mich mit Helen und Max ausgetauscht, um relevante Themen herauszufiltern. Jetzt habe ich eine sehr lange Liste, die abgearbeitet werden will. Ich überlege, zu welchem Zeitpunkt welches Thema gut passen könnte. Zum Beispiel haben wir die Folge zum Thema Wald produziert, als im Amazonas die Regenwälder brannten und diese Information mit einfließen lassen.
Wie verpacken Sie das Gesagte so, dass es für Kinder verständlich ist?
Das ist wirklich das Schwierigste am Podcast. Manche Themen lassen sich leichter erzählen als andere. Wenn ich mich mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern treffe, die den ganzen Tag im Labor forschen und nichts mit Kindern zu tun haben, ist es tatsächlich sehr schwierig. Einige benutzen Fachwörter, ohne es zu merken und haben wenig Erfahrung in der Kommunikation mit jungen Menschen. Dann muss ich sie unterbrechen, damit sie es noch einmal einfacher formulieren. Für den Podcast übernehme ich dann nur die verständlichen Teile der Interviews und fasse die andere Teile auf Grundlage dessen selbst zusammen. Tatsächlich gehe ich oft aus einem Interview mit der großen Frage raus, wie ich das Gesagte nun in Kinderworte verpacke. Trotzdem ist es immer wieder eine schöne Herausforderung und bisher hat es gut geklappt.
Sie haben den Nickelodeon Kids’ Choice Award 2020 in der Kategorie „Lieblingspodcast“ gewonnen. Was gefällt Ihren Hörerinnen und Hörern so sehr an dem Podcast?
Es fällt besonders positiv auf, dass Max und Helen in den Folgen dabei sind und dass wir immer Tipps geben, die man mit in den Alltag einbauen kann. Ich höre auch immer wieder, dass wir das Gefühl vermitteln, mit dabei zu sein. Ich versuche, die Atmosphäre der jeweiligen Situationen einzufangen, indem ich auch typische Töne und Geräusche aufnehme. Wenn ich den Podcast nur im Studio ohne Interviews oder zusätzliche Geräusche aufnehmen würde, würden die Hörerinnen und Hörer vermutlich nicht so lange dabeibleiben.
Was macht die Kommunikation mit Kindern und für Kinder aus?
Viele Leute denken, dass man Kindern komplexe Zusammenhänge nicht erklären kann und probieren es deshalb gar nicht erst. Ich glaube, Kinder verstehen viel mehr, als man denkt. Man muss sich nur die Zeit nehmen und sich selbst in die Kinder hineinversetzen. Daraufhin kann man sich die Fragen stellen, wie Kinder ein Thema wohl am besten verstehen würden und was die für sie coole und witzige Fakten sind. Das klingt bei einem abstrakten Thema wie dem Klimawandel zunächst schwierig, aber ich glaube, es gibt immer etwas, womit man das Interesse der Kinder gewinnen kann. Also muss man zwischen wichtigen und nicht wichtigen Fakten unterscheiden und diese zum Schluss spannend und verständlich erzählen. Wichtig ist in jedem Fall, es einfach mal zu probieren.