Wie arbeiten Kommunikationsabteilungen an Hochschulen? Was sind ihre Ziele? Und welchen Stellenwert hat ihre Arbeit in der Institution? Erste Ergebnisse einer Studie dazu stellt das Forschungsteam morgen bei der Jahrestagung des Bundesverbands Hochschulkommunikation vor. Einen Einblick gibt Christiane Hauser hier im Interview.
Hochschulkommunikation zwischen den Stühlen
Frau Hauser, Sie erforschen mit einem Team am Karlsruher Institut für Technologie* und der RWTH Aachen die Organisation, Form und Zielsetzungen von Kommunikationsabteilungen an Hochschulen. Warum machen Sie dieses Forschungsprojekt?
Wir sind schon länger an dem Thema Hochschulkommunikation interessiert. Das Feld hat sich in den letzten Jahren stark verändert und verändert sich auch weiter. Es gibt viele Diskussionspunkte zwischen den Praktikerinnen und Praktikern – auch über die Rahmenbedingungen in der Hochschule und im gesamten Hochschulsystem. Die wirken sich stark darauf aus, was Kommunizierende erreichen können und welche Erwartungen an sie gestellt werden. Studien gibt es zu diesen Fragen aber nur sehr wenige und die meisten sind schon älter. Diese Forschungslücke wollten wir schließen.
Was haben Sie dann genau erhoben?
In einer ersten Welle haben wir 400 Kommunikationsabteilungen an Hochschulen angeschrieben und mit einem Fragebogen erst einmal Fakten zu den Kommunikationsabteilungen abgefragt, etwa zu Stellen, Budget, Zielen und Aufgaben, aber auch, welche Kanäle sie bespielen. In einer zweiten Befragung haben wir uns dann noch mehr auf Kommunikationsstrukturen konzentriert und zum Beispiel erfragt, wie die Zusammenarbeit mit verschiedenen Gruppen in der Hochschule läuft, oder auch mit den dezentral angesiedelten Kommunikatorinnen und Kommunikatoren an einzelnen Fakultäten oder Forschungsbereichen.
Was sind für Sie die spannendsten Ergebnisse aus dieser quantitativen Befragung?
Interessant war zum einen, dass es eine unheimlich große Vielfalt gibt, etwa in Bezug auf Organisationsstruktur, Aufgabenverteilung oder Qualifikation der Mitarbeitenden. Man kann also nicht von ‚der‘ Hochschulkommunikation in Deutschland sprechen. Es gibt gemeinsame Linien, aber auch viele Faktoren, die dafür sorgen, dass Kommunikationsabteilungen extrem unterschiedlich aufgestellt sind. Überrascht hat uns außerdem, dass die Hochschulkommunikation oft eher wenig in strategische Prozesse der Hochschulen eingebunden ist. Das ist ungewöhnlich, weil sie ja nach außen hin sehr wichtig und auch organisatorisch oft zentral an den Hochschulen angesiedelt ist.
Was bedeutet es für die Kommunikatorinnen und Kommunikatoren, dass die Aufgaben immer vielfältiger werden?
Bei den größeren Hochschulen mit größeren Kommunikationsabteilungen ist es oft so, dass entweder eine Reihe von Parallelabteilungen – klassische Pressearbeit, Marketing, Veranstaltungen – entsteht. Oder die Abteilungen wachsen sehr stark. Weil neue Kanäle hinzukommen, finden dann in recht kurzen Abständen, etwa alle 2 bis 3 Jahre, Aufgabenverschiebungen statt; Strukturen werden neu organisiert. An kleinen Hochschulen arbeiten meist nur eine oder wenige Personen, die trotzdem die ganze Bandbreite an Formaten und Kanälen bespielen. Das haben auch viele Teilnehmende an unserer qualitativen Interviewstudie bestätigt, die wir im Anschluss an die quantitative Befragung durchgeführt haben. Diese kleineren Abteilungen machen nicht jede Entwicklung sofort mit, sondern beobachten erst mal, wie sich ein Kanal oder ein Format entwickelt. Trotzdem haben sie eine relativ große Arbeitslast und auch einen Erwartungsdruck von außen, also von anderen Gruppen in der Hochschule. Die sehen, dass andere Hochschulen zum Beispiel Studienberatung per WhatsApp machen und fragen sich dann, warum die eigene Kommunikationsabteilung das nicht auch macht.
Mit den Informationen aus der quantitativen Befragung haben Sie qualitative Interviews entwickelt und auch bereits geführt. Welchen Fragen sind sie darin nachgegangen?
Auf Basis der „harten“ Fakten aus der ersten Umfrage haben wir noch mal mit knapp 60 Leitenden über Details gesprochen und konnten Anschlussfragen stellen. In dieser oft sehr offenen Gesprächsatmosphäre haben sich einige Spannungsfelder aufgetan. Eins ist zum Beispiel das Thema Anerkennung. Kommunikatorinnen und Kommunikatoren werden nicht unbedingt als Fachleute für ihr Themengebiet – die Kommunikation – wahrgenommen. Beispielsweise wurde die Zusammenarbeit mit den Forschenden als nicht immer einfach beschrieben. Einige von ihnen erkennen an, dass die Kommunikation wichtig ist und es dafür auch Expertinnen und Experten gibt, die eben in der Kommunikationsabteilung sitzen. Es gibt aber auch Akteurinnen und Akteure, die denken, dass jeder kommunizieren kann. Da wird es für die Kommunikationsabteilung schwer, ein einheitliches Bild von der Hochschule nach außen zu vermitteln.
Es hängt aber auch viel davon ab, welchen Stellenwert die Kommunikation bei der Hochschulleitung hat und wie sie das intern kommuniziert. Ein Beispiel: Es wird ein Flyer gedruckt und das Logo der Hochschule fehlt. Da kann sich die Rektorin hinstellen und sagen: „So geht das nicht, das machen wir neu.“ Oder sie kann sagen: „Ist ja nicht so schlimm. Beim nächsten Mal dann.“ Damit schwächt sie aber die Position der Kommunikationsabteilung, die ihre Standards einhalten möchte. Das ist ein Fall, den wir so oder in ähnlicher Form mehrfach gehört haben, und solche Vorfälle führen zu viel Unzufriedenheit bei Kommunikatorinnen und Kommunikatoren.
Mit der Auswertung der Interviews sind Sie noch beschäftigt. Welche Themen schauen Sie sich dabei noch genauer an?
Zum Einstieg ging es uns um die Fragen: Was ist eigentlich Hochschulkommunikation? Wie sehen sich die Hochschulkommunikatorinnen und -kommunikatoren selbst? Und was sind die wichtigsten Fähigkeiten und Fertigkeiten, die man für die Kommunikation in der Hochschule braucht? Ein weiterer Komplex waren die Ziele der internen und externen Kommunikation: Was soll hier erreicht werden und wie? Und was sind die wichtigsten Formate? Der Schwerpunkt der Interviews lag aber auf der organisatorischen Einbettung. Hier ging es uns zum Beispiel um die Zusammenarbeit mit anderen Akteursgruppen an der Hochschule. Die vielen Antworten müssen wir jetzt einmal clustern und erste Schlüsse auch mit Akteurinnen und Akteuren aus der Hochschulkommunikation diskutieren, wie wir es jetzt auf der Jahrestagung beim Bundesverband zum ersten Mal tun. Das ist für uns als Forschungsteam auch ein Test dafür, ob die Tendenzen und Thesen, die wir jetzt näher untersuchen wollen, auch aus Sicht der Praxis plausibel erscheinen.
Welche ersten Tendenzen haben Sie denn bei der Sichtung der Interviews ausgemacht?
Können die Ergebnisse Ihrer Erhebung zur Lösung solcher Probleme beitragen?
Es sind natürlich erst einmal nur Informationen. Mit ihnen kann man Spannungsfelder sichtbar machen oder Konstellationen, die bestimmte Spannungen nach sich ziehen. Wenn Kommunikatorinnen und Kommunikatoren diese erkennen, dann können sie sie auch intern benennen und gezielt an einer Lösung mitarbeiten.
*Das Karlsruher Institut für Technologie ist auch einer der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.
Weitere Informationen
Das Projekt Hochschulkommunikation erforschen: Organisation von Hochschulkommunikation in Abhängigkeit von Hochschulformen auf der Website des KIT
Die Ergebnisse der 1. und 2. Onlinebefragung zum Nachlesen: