Josef König nimmt Abschied. Ende September verlässt er den Informationsdienst Wissenschaft (idw), für den er seit seiner Gründung in verschiedenen Funktionen tätig war. Im Interview sprechen er und seine Nachfolgerin, Daniela Behrens, über die Ziele des idw und den Wechsel an der Spitze.
Führungswechsel beim Informationsdienst Wissenschaft
Der idw steht mit ihrem Abschied vor einem Umbruch, Herr König. Sind Sie schon in den Vorbereitungen für den Ruhestand oder laufen noch ihre letzten Projekte beim idw?
Josef König: Nein, es gibt noch einiges an Arbeit, bevor ich mich verabschiede. Aktuell sind wir dabei, die letzten Tests für ein Magazinlayout durchzuführen, welches demnächst freigeschaltet wird und die Attraktivität unserer Meldungen erhöhen soll. Außerdem entwickeln wir derzeit eine App mit einem besonderen Suchalgorithmus, um unsere Informationen besser verfügbar zu machen. Es ist also noch einiges los.
Fällt Ihnen der Abschied schwer?
König: Es ist natürlich ein lachendes und ein weinendes Auge. Ich freue mich auf die Freizeit und neue Aktivitäten. Aber natürlich ist man auch wehmütig, wenn man seit der Gründung dabei war und seit 24 Jahren für eine Institution arbeitet. Allerdings denke ich auch, dass man irgendwann loslassen muss und dafür ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Außerdem haben wir eine aus meiner Sicht eine tolle Nachfolgerin gefunden und deshalb bin ich sehr zuversichtlich.
Frau Behrens, was fanden Sie an der Herausforderung spannend, zum idw zu wechseln?
Daniela Behrens: Ich komme ja ursprünglich aus dem Bereich, es ist also eine Rückkehr in die Kommunikationsbranche. Ich habe insgesamt sieben Jahre lang eine Pressestelle geleitet beziehungsweise mit aufgebaut und in dieser Zeit tolle Erfahrungen gemacht. Die Wissenschaftskommunikation liegt mir also seit Langem am Herzen. Auf die Stelle beim idw bin ich dann eher zufällig gestoßen, kurz nachdem ich mich entschieden hatte, dass ich aus der Politik wieder raus ins richtige Leben möchte. Da ist also vieles zusammengekommen und ich freue mich sehr, dass es geklappt hat.
Ein Abschied ist auch immer eine Gelegenheit für einen Rückblick. Was war ihr größter Erfolg, Herr König?
König: Der größte Erfolg ist die Gründung. Wir sind im Prinzip mit Bordmitteln gestartet und dann die Finanzierung vom BMBF zu erhalten, war ebenso ein großer Erfolg wie, dass wir es geschafft haben den idw letztlich auf eigene Beine zu stellen. Auch der Strategieprozess der letzten fünf Jahren war ein Erfolg und ich empfinde es als Belohnung, wenn bei Veranstaltungen wie dem Forum Wissenschaftskommunikation die Qualität unserer Arbeit gelobt wird.
Frau Behrens, Wie nehmen Sie den idw denn von außen war?
Behrens: Für mich ist der idw eine zentrale Nachrichtenplattform für die Wissenschaft. Gerade in Zeiten von Fake News ist der idw aus meiner Sicht daher eine wichtige Plattform, die es erlaubt, eine riesige Bandbreite an wissenschaftlicher Information sichtbar zu machen. Jetzt gilt es, dieses Portal und sein tolles Angebot in die digitalisierte Welt zu tragen und weiterzuentwickeln. Ebenso wichtig wird es sein, die Reichweite weiter zu steigern und die Vernetzung in andere Bereiche weiter zu verbessern.
Sie sagen, dass der idw auch beim Vorbeugen gegen Fake News eine wichtige Rolle spielt. Dazu müsste er ja aber auch eine breite Öffentlichkeit erreichen. Tut er das?
König: Ja, in erster Linie sind zwar Journalisten die Zielgruppe. Inzwischen haben wir aber 37.000 Nutzer, von denen 7.900 Journalisten sind. Sprich, wir erreichen auch andere Leute. Außerdem sind unsere Nachrichten gesichert, weil sie einer Qualitätskontrolle unterzogen sind. Wir verbreiten also gesichertes Wissen und stellen Fakten und Informationen zur Verfügung. Unsere Aufgabe ist es aber natürlich nicht, die Fake News aktiv zu bekämpfen oder politisch zu werden.
Wie genau wird die Qualität denn überprüft? Im Prinzip kann doch erst mal jeder alles beim idw einstellen, oder?
König: Das ist nicht richtig. Es können nur idw-Mitglieder Infos einstellen und wer als Mitglied aufgenommen wird, wird vorher sorgfältig von uns geprüft. Richtig ist, dass wir keine Qualitätskontrolle vorab machen. Was wir allerdings tun, ist stichpunktartig Meldungen anschauen. Außerdem beobachten wir Institutionen, die wir neu aufnehmen zunächst eine Weile und wir haben eine Woche der Qualität etabliert. Da werden eine Woche lang die Nachrichten auf Qualitätskriterien überprüft. Wir schulen jedes neue Mitglied aufwendig und ahnden Verstöße und schließen – sehr selten – „Uneinsichtige“ aus. Darüber hinaus arbeiten wir mit dem Lehrstuhl von Holger Wormer an der TU Dortmund zusammen, um die Qualität der Meldungen sukzessive auszuwerten. Schließlich belohnen wir herausragende Arbeit seit Jahren mit dem idw-Preis für Wissenschaftskommunikation. Das sind wichtige Schritte hin zu hochwertigen Meldungen.
Frau Behrens, sie sprachen ja konkret von Fake News. Soll der idw sich da tatsächlich stärker einbringen und wenn ja, wie?
Behrens: Aus meiner Sicht ist der Bereich der Fake News ein Beispiel für die Wirksamkeit guter Wissenschafts-PR. Die Wissenschafts-PR verpflichtet sich ja bestimmten Qualitätsmerkmalen. Das ist ein großer Unterschied zu Unternehmenskommunikation, die ein Produkt vermarktet. Der idw hat den großen Vorteil, dass er das ganze Wissen, das an den Hochschulen generiert wird, bündelt und in der Breite zur Verfügung stellt. Damit gibt es einen großen Fundus bei uns, mit dessen Hilfe man zu vielen gesellschaftlichen Debatten einen Beitrag leisten könnte. Jetzt gilt es aus meiner Sicht, dieses Portfolio so zur Verfügung zu stellen, dass es eine größere Reichweite erzielt und auch noch andere Zielgruppen außerhalb des Journalismus erreicht. Das muss auch in den digitalen Medien geschehen und hier wurden bereits erste Bausteine gelegt. Die Reichweitenvergrößerung und die digitale Kommunikation sind unsere größten Entwicklungspotenziale.
Ist denn die Pressemitteilung, Ihr Kerngeschäft, wirklich noch ein zeitgemäßes Medium, um große Reichweiten zu erzielen?
König: Zunächst einmal ist die Pressemitteilung ein Angebot von Institutionen an Journalisten, Informationen zu nutzen. Wie sie genutzt wird, ist eine andere Frage. Die Frage, ob sie zeitgemäß ist, wird sehr unterschiedlich diskutiert. Es gibt aber Leute, die sagen, dass die Fake News aufgekommen sind, weil viele ungesicherte Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Dem wirkt unserer Service entgegen und der basiert eben auf gesicherten Pressemitteilungen. Damit haben sie nach wie vor eine Relevanz im System. Allerdings ist ihre Bedeutung natürlich gesunken.
Behrens: Diese Ansicht teile ich, aber es hat sich auch etwas verändert. Die Pressemitteilung ist heute eine Grundlage und nicht mehr die einzige Quelle. Sie hat da eine vielfältige Funktion und erscheint seltener eins zu eins in den Medien, aber sie stellt oft die Basis für Blogbeiträge oder Recherche dar. Und in dieser Rolle ist der idw nach wie vor ein wichtiger Service.
Die bisher angekündigten Pläne und bereits eingeleiteten Entwicklungen sind ja eher Weiterentwicklungen des bestehenden Konzepts. Stehen noch andere grundlegende Veränderungen an?
Behrens: Der idw wird ja von seinen Mitgliedern getragen und von diesen hängt natürlich auch die Weiterentwicklung ab. Die Mitglieder erwarten eine Reichweitensteigerung und dafür brauchen wir eine Entwicklung hin zu mehr digitalen Formaten. Allerdings muss man immer schauen, was im Rahmen der Möglichkeiten überhaupt umsetzbar ist.
Welche Rolle spielt der idw denn ganz konkret in der Wissenschaftskommunikation in Deutschland?
König: Der idw ist einer von vielen Akteuren. Er ist schon seit fast 25 Jahren dabei und nichts ganz Neues mehr. Ich denke aber, er hat eine wichtige Funktion und vergleiche uns gerne mit der Telekom. Wir führen keine Gespräche, sondern ermöglichen Gespräche zwischen anderen Akteuren, indem wir die Kanäle und Plattformen bereitstellen.
Behrens: Ich glaube, alle Akteure der Wissenschaftskommunikation einen ja die Ziele die Reputation der Wissenschaft zu stärken, neue Erkenntnisse für eine breite Öffentlichkeit bereitzustellen und den Dialog auf Augenhöhe zu betreiben. Das ist unser aller Ziel. Der idw ist darin ein Akteur von vielen und deshalb sollten wir mit anderen Akteuren interagieren und uns stärker vernetzen.
Wie genau erfolgt eigentlich die Übergabe zwischen Ihnen beiden?
Behrens: Wir nutzen den September für eine klassische Übergabe und ich werde ihn natürlich nutzen, um möglichst viel von der Expertise und Erfahrung von Herrn König mitzunehmen, um die aktuellen Prozesse danach bestmöglich fortzusetzen. Und dann verabschieden wir Herrn König gebührend in den Nicht-Ruhestand.
Nicht-Ruhestand trifft es vermutlich ganz gut. Was machen Sie denn danach Herr König?
König: Eine meiner Überlegungen ist, noch mal Philosophie oder Psychologie zu studieren. Darüber hinaus könnte ich mir vorstellen, als Berater zur Verfügung zu stehen für Wissenschaftsorganisationen, aber das ist auch eine Frage der Nachfrage. Und bei schönem Wetter setze ich mich auf mein Fahrrad und fahre entspannt in der Gegend herum.