Für das Projekt „Finja forscht!“ schreibt Isabell Harder ein Kinderbuch über aktuelle Bremer Forschung – finanziert über ein Crowdfunding. Was hinter der Idee steckt, wie so eine Geschichte über Wissenschaft entsteht und und warum die Finanzierung das Projekt überhaupt möglich macht, erklärt die Autorin im Interview.
„Finja forscht!“ – Bremer Forschung als Kinderbuch
Frau Harder, Sie haben für das Kinderbuchprojekt „Finja forscht!“ 17.685 Euro über Crowdfunding eingeworben – sogar mehr, als Sie sich zum Ziel gesetzt hatten. Was passiert als Nächstes?
Es geht los mit der Recherche: Die Termine mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Bremen, die im ersten Buch vorkommen könnten, stehen. Wir, also die Illustratorin Hendrikje Kraus und ich, treffen jetzt die erste wichtige Figur: den Forscher Martin Castillo vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) in Bremen. Er entwickelt innovative Materialien, die im freien Fall erzeugt werden, und das passt gut zum Thema des ersten Buches: Materialwissenschaften.
Warum haben Sie dieses Thema ausgewählt?
Die Idee war, Kinderbücher über echte Forschung aus Bremen zu machen. Das genaue Thema für das erste Buch kam dann über das Crowdfunding zustande. Wir haben verschiedene Dankeschöns angeboten und das größte davon war, dass man sich bei einer Spende von 3.000 Euro das Thema aussuchen konnte. Zur Auswahl standen die fünf Wissenschaftsschwerpunkte des Landes Bremen: Meereswissenschaften, Materialwissenschaften, Informations- und Kommunikationswissenschaften, Gesundheitswissenschaften und Sozialwissenschaften. Diese Spende kam dann vom Sonderforschungsbereich 1232 „Farbige Zustände“, der sich die Materialwissenschaften als Thema gewünscht hat.
Und wie entsteht die Geschichte dazu?
Zuerst habe ich mir Gedanken über den roten Faden gemacht. Ein Kinderbuch muss besonders gut strukturiert sein – die Story, die einzelnen Stationen, welche Figuren auftauchen etc. Als Identifikationsfigur habe ich dafür Finja erfunden. Sie ist neugierig und stellt viele Fragen, die ihre Eltern nicht beantworten können. Und so geht es im ersten Buch auch los: Sie geht mit ihrem Kumpel in den Bremer Bürgerpark und dort finden die beiden einen mysteriösen Gegenstand. Zufällig arbeitet die Nachbarin des Jungen an der Uni Bremen. Sie hilft den beiden, sich dort auf die Suche nach jemandem zu machen, der ihnen sagen kann, was das für ein Gegenstand ist. Sowohl den Jungen als auch seine Nachbarin, eine Wissenschaftsmanagerin, gibt es wirklich. Das heißt, die Abenteuer sind zwar konstruiert, aber die Figuren, die vorkommen, sind real. Der kleine Junge bekommt einen anderen Namen aber die Erwachsenen tauchen mit ihren echten Namen auf. Als nächstes treffen wir also Personen, die als Figuren in der Geschichte mitspielen können.
Wie kommen Sie dafür mit den Forschenden in Kontakt?
Ich war zwar in den letzten Monaten in Elternzeit, habe aber nach dem Studium fünf Jahre an der Uni Bremen gearbeitet. Mit Julia Gantenberg zusammen habe ich das Netzwerk Wissenschaftskommunikation für Bremen und Bremerhaven gegründet und aufgebaut. Dadurch habe ich viele Kontakte in die Kommunikationsabteilungen der Region. Die schreibe ich an und frage sie, welche Experten Sie für das Themengebiet haben. Das funktioniert super, die Kolleginnen und Kollegen einzubinden.
Welches Feedback bekommen Sie von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf Ihre Anfrage?
Bisher hatten wir hauptsächlich per E-Mail Kontakt, daher kann ich das noch nicht so genau sagen. Es haben aber alle zugesagt und auch in der Fundingphase habe ich schon Unterstützung von einigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bekommen – vor allem von denen, die Kinder oder Enkel haben. Aber ein offizielles Feedback von einer Institution haben wir noch nicht bekommen.
Das erste Fundingziel lag bei 11.000 Euro. Was ist da alles einkalkuliert?
In den 11.000 Euro sind mein Honorar – ich mache das Projekt nebenberuflich zu meinem Job an der Uni Bremen –, das Honorar für die Illustratorin und die Kosten für die Dankeschöns drin. Außerdem zahlen wir einen Druckkostenzuschuss an den Verlag. Der ist noch etwas vorsichtig bei dem Projekt. Mit den zusätzlichen 5.685 Euro möchte ich außerdem eine Lesereise durch Bremer Grundschulen machen und jeder Schulbibliothek ein paar Exemplare schenken. Was dann noch übrig bleibt, werde ich schon für das nächste Buch verwenden.
Wieso ist der Verlag vorsichtig?
Weil man noch nicht weiß, wie so ein Buch angenommen wird. Es ist einer der wenigen Bremer Verlage und ich wollte das Projekt gerne mit einem Unternehmen von hier umsetzen. Also habe ich sie angeschrieben und die haben mich erst mal eingeladen, das Projekt vorzustellen. Sie fanden es super und haben eingewilligt, das Buch zu verlegen, wenn das Crowdfundig erfolgreich ist. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass es Interesse an dem Buch selbst gibt. Ein Teil der Druckkosten wird also vom Crowdfunding getragen und dafür übernimmt der Verlag das Lektorat und den Vertrieb.
Wenn das erste Buch gut läuft, wie geht es dann weiter?
Dann möchte ich direkt das zweite Buch in Angriff nehmen und das dann auch nicht mehr über Crowdfunding finanzieren. Das war eine gute Methode, um den Piloten zu realisieren. Ich habe aber die Hoffnung, dass es für mich mit dem Belegexemplar leichter wird, Institutionen zu überzeugen, den Nachfolger zu fördern. Die Kosten von etwa 10.000 Euro pro Buch sind für größere Organisationen keine wahnsinnig hohe Summe und da sind unsere Arbeitszeit und der Druckkostenzuschuss bereits mit drin. Ich kann mir also schon vorstellen, dass das klappt. Und auch der Sonderforschungsbereich, der das erste Buch unterstützt, hat die 3.000 Euro aus seinem Budget für Wissenschaftskommunikation bezahlt. Da kann es also gut sein, dass ich ein Forschungszentrum oder eine Stiftung überzeugen kann – vor allem, weil es ja inhaltlich sehr direkt um die Bremer Forschung geht.
Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, ein Kinderbuchprojekt über die Bremer Forschung zu machen?