Foto: Olloweb Solutions, CC0

Facebook: Was bedeutet der veränderte Algorithmus für die Wisskomm? (1)

Anfang des Jahres hat Facebook seinen Algorithmus umgestellt. Eine Umstellung mit Folgen? Wir haben uns bei Social-Media-Verantwortlichen aus der Wissenschaftskommunikation umgehört.

Wenn Freundinnen und Freunde einen Inhalt teilen, liken oder kommentieren, hat er für die Nutzerinnen und Nutzer von Facebook mehr Bedeutung, als wenn er von Institutionen oder Unternehmen kommt – so die These, die hinter dem neuen Algorithmus steckt. Seit Januar werden deshalb in der Facebook-Timeline verstärkt Inhalte von Freundinnen und Freunden und entsprechend weniger Inhalte von Institutionen und Co angezeigt.

Wir haben Social-Media-Verantwortliche aus der Wissenschaftskommunikation gefragt:

  • Machen sich die Veränderungen für Sie/Ihre Einrichtung bemerkbar?
  • Wie reagieren Sie darauf?
  • Und glauben Sie, Facebook wird künftig noch eine Rolle in der Wissenschaftskommunikation spielen?

Jörg Weiss, Geschäftsführer bei Congressa

Foto: Jörg Weiss

Für die Facebook-Kanäle, die wir betreuen – z. B. die Lange Nacht der Wissenschaften Berlin – spüren wir die Veränderungen sehr stark. Die Postings werden kaum an unsere Abonnentinnen und Abonnenten ausgespielt. Wir kompensieren das mit kostenpflichtigen Werbeanzeigen. Um ähnlich viele Interaktionen zu erhalten, mussten wir unser Werbebudget für Facebook verdoppeln. Wir reagieren also mit Geld. Eine andere Reaktion ist, dass wir mehr Zeit in Instagram stecken. Ich glaube, dass Facebook auch künftig noch eine Rolle in der Wissenschaftskommunikation spielen wird. Hoffentlich werden wir aber auch andere Wege finden.


Henning Krause, Social-Media-Manager in der Geschäftsstelle der Helmholtz-Gemeinschaft

Foto: Helmholtz-Gemeinschaft

In der Helmholtz-Gemeinschaft betreiben ja die 18 Mitgliedszentren sowie wir von der Helmholtz-Geschäftsstelle jeweils (mindestens eine) Facebook-Seite. Die Auswirkungen des neuen Newsfeeds sind heterogen: Manche Helmholtz-Zentren spüren fast keine Veränderungen der Reichweite, andere und auch wir von der Geschäftsstelle sehen einen Reichweiteneinbruch von bis zu 90 Prozent bei einzelnen Beiträgen. Schon vorher war es ja so, dass nicht alle, die mal Fan unserer Seite geworden sind, auch wirklich alle unsere Beiträge angezeigt bekamen (das spielte sich bei einzelnen Beiträgen zwischen 30 und 60 Prozent organischer Reichweite ab). Und diese Werte sind nun noch mal stark zurückgegangen – wie gesagt um bis zu 90 Prozent. Wenn man sich dann die monatliche Reichweite anguckt, so hatten z. B. wir von der Helmholtz-Geschäftsstelle im Mai 2017 bei damals 5.800 Fans eine (über die zwölf Monate davor gemittelte) Reichweite von 24.000 Nutzenden, die unsere Beiträge gesehen haben (durch Shares haben wir also viermal so viele Nutzerinnen und Nutzer erreicht, wie uns abonniert haben). In den zwölf Monaten darauf ist dieser Wert auf eine Reichweite von 14.000 im Mai 2018 (bzw. gemittelt über die zwölf Monate davor) zurückgegangen. Trotz ähnlich vieler Shares von ähnlich reichweitenstarken Accounts/Seiten haben wir also nicht nur 40 Prozent weniger Facebook-Nutzende erreicht, sondern der Multiplikationseffekt ist (bei mittlerweile 6.900 Facebook-Fans) etwa auf den Faktor 2 gesunken.

Zu unserer Reaktion darauf: Ich sehe Facebook als ein Angebot unter vielen. Wir bieten allen Nutzerinnen und Nutzern aber auch andere Wege an, mit uns in Kontakt zu bleiben, die sie nicht bei der Auswahl bevormunden, welche Inhalte sie erhalten möchten. Daher machen wir keinen exklusiven Content auf Facebook. Unsere Neuigkeiten kann jede und jeder auch über unseren Whatsapp-Newsletter, unseren E-Mail-Newsletter, über die RSS-Feeds unserer Webseite und unserer Blogs beziehen. Auch unser Audio-Podcast ist ohne Filteralgorithmus direkt von uns und kostenlos mit jedem Smartgerät abonnierbar. Und auf all diesen Kanälen stehen wir allen Interessierten zum Austausch bereit. Wir sind aber auch nicht so abhängig von Facebook. Trotz der in Deutschland insgesamt geringeren Verbreitung haben wir etwa auf Twitter zehn Mal mehr Abonnentinnen und Abonnenten als auf Facebook. Aber sympathischer und zukünftig wichtiger sind mir eigentlich die oben genannten direkten Interaktionswege. Und Werbung auf Facebook machen wir nicht. Das haben wir probiert und es war nicht erfolgreich. Vielversprechender ist es eher, andere, themenverwandte Seiten zu bitten, eigene Inhalte zu teilen. Den Erfolg zu messen, ist natürlich schwierig, weil man keine Vergleichsgruppe hat, in der man Alternativen ausprobieren kann. Aber ich verzweifle jetzt auch nicht, nur weil unsere Reichweite auf einem Dienst einbricht.

Ich glaube schon, dass Facebook künftig noch eine Rolle in der Wissenschaftskommunikation spielen wird. Das hängt auch ziemlich vom Thema ab. Wenn ich sehe, wie gut die Beiträge zur aktuellen ISS-Mission von Astronaut Alexander Gerst beim DLR und bei der ESA laufen, dann wird es hier auch noch zukünftig Reichweitenpotenziale geben. Aber vielleicht nicht mehr für alle Wissenschaftsinhalte.


Andreas Archut, Dezernent für Hochschulkommunikation der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Foto: Volker Lannert

Ja, unsere Facebook-Reichweiten haben sich im Schnitt etwas reduziert, aber sind immer noch in einer Größenordnung, die Facebook für uns zu einem der wichtigsten Social-Media-Kanäle macht. Dies gilt jedoch nicht für Livestreams und Videos, die besonders reichweitenstark sind und die wir in unserem Jubiläumsjahr verstärkt einsetzen. Auch die seit zwei Jahren laufende Videoserie „Frag die Bonner Forscher“ hat weiter steigende Rezipientenzahlen bei Facebook und Youtube.

Die oft gehörten Abgesänge auf Facebook halten wir daher für verfrüht. Die Herausforderung, Facebook nicht bloß zu einer einseitigen „Beschallung der Massen“ zu nutzen, sondern zu einem echten Dialoginstrument zu machen, besteht ja nicht erst, seit Facebook mal wieder an seinem Algorithmus geschraubt hat. Wir versuchen immer wieder aufs Neue, unsere Fans mit für sie relevanten Inhalten zu bedienen, sie zum Liken, Teilen und Kommentieren anzuregen. Da wir über Facebook mit sehr unterschiedlichen Personengruppen interagieren, gelingt das nicht mit einer Lösung für alle.

Und für die Zukunft: Vielfalt ist Trumpf, auch wenn zugegebenermaßen der kleinste gemeinsame Nenner am Ende doch die stimmungsvollen Fotos von unserem Hauptgebäude und dem Hofgarten sind, mit denen sich praktisch alle identifizieren können.


Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem veränderten Facebook-Algorithmus? Schicken Sie uns Ihr Statement: Redaktion@wissenschaftskommunikation.de