Warum schwimmen Menschen begeistert bei Wind und Wetter in der Elbe? Was hat Schwimmen mit Wissenschaft und deren Kommunikation zu tun? Wie konnte die Elbschwimmstaffel Bürger bewegen und die Meere und Ozeane auch Menschen im Inland nahegeringen? Dazu äußern sich Claudia Bernarding, Referentin des BMBF, und Anna-Maria Meller, Projektleiterin für die Aktion auf Seiten der Kommunikationsagentur, im Interview.
Elbschwimmstaffel – Schwimmen für die Wissenschaft!
Frau Bernarding, was ist die Idee hinter diesem Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)? Was hat Schwimmen und Wissenschaft miteinander zu tun?
Zwar haben die Schwimmerinnen und Schwimmer selbst nicht direkt geforscht, kamen aber, ebenso wie die Zuschauer, mit Wissenschaft in Berührung. Sie wurden begleitet von einem Forschungsschiff, auf dem „echte“ Forschungsprojekte durchgeführt werden. Und hier gab es täglich regen Austausch zwischen Schwimmern, Bürgern und Wissenschaftlern: bei Mittagspausen, Etappenstart und –ende, Fernsehinterviews und Veranstaltungen entlang der Strecke, bei denen auch das Forschungsschiff besichtigt werden konnte. Zusätzlich haben wir die Aktion online flankiert, zum Beispiel mit dem Forscherblog: Die Wissenschaftsteams auf dem Forschungsschiff haben jeden Abend einen anderen Forschungsparameter der Fließgewässerforschung – der am Ende jeder Etappe gemessen wurde – im Blog erläutert.
Außerdem steht hinter der Elbschwimmstaffel eine gewisse Symbolik. Schon seit Beginn des Wissenschaftsjahres kommunizieren wir bei allen Aktionen: „Das Meer beginnt hier!“. Wir wollen die Fragen und Bedeutung der Meeresforschung ins Binnenland tragen. Die Elbschwimmstaffel transportierte symbolisch die Botschaft, dass die Meere von unserem Verhalten an Land und an den Flüssen abhängig sind: Was die Elbe hinunter schwimmt, landet irgendwann in der Nordsee, zum Beispiel Verschmutzung durch Plastik. Auch Wanderfische benötigen intakte Flüsse wie Meere gleichermaßen. Sie sind ein weiteres Symbol, das während der Aktion aufgegriffen wurde. Es gab eine große Mitmach-Besatzaktion von Stören in die Elbe am Abschlusstag der Elbschwimmstaffel.
Frau Meller, wie kamen Sie auf diese Idee? Gab es im Vorfeld bereits eine ähnliche Aktion?
Die Idee für die Elbschwimmstaffel ist in einer sehr frühen Phase der Kampagnenentwicklung für das Wissenschaftsjahr 2016*17 – Meere und Ozeane entstanden und löste im Bundesforschungsministerium direkt Begeisterung aus. Die Mobilisierungsaktion im Wissenschaftsjahr ist an sich kein neues Format gewesen – wir hatten bereits im Wissenschaftsjahr 2015 – Zukunftsstadt mit der Aktion Stadtklang eine niedrigschwellige Mitmach-Aktion umgesetzt, die deutschlandweit ein großes Medienecho hervorgerufen hat. Und mit dieser Intention sind wir auch an die Elbschwimmstaffel herangegangen: Wir wollten eine Aktion schaffen, an der sich jeder beteiligen kann und die das Thema des Wissenschaftsjahres Meere und Ozeane mit möglichst viel Aufmerksamkeit ins Binnenland trägt – dort, wo die Meeresküste eben nicht direkt vor der Haustür liegt. Die Elbe, mit ihrer Geschichte als ehemals dreckigster Fluss Europas, der heute wieder Badewasserqualität hat und die direkt in unsere deutsche See mündet, bot sich hierfür besonders gut an.
Was war die größte Herausforderung bei der Umsetzung dieses Projektes?
Es gab viele unterschiedliche Herausforderungen in der Vorbereitung und in der Umsetzung, weshalb wir auch bereits im Juni 2016 mit der Planung und der Ansprache wichtiger Partner und Unterstützer begonnen haben.
Die größte Herausforderung bei dieser Aktion, die an 19 aufeinanderfolgenden Tagen im Freien stattfand, war wohl das nicht beeinflussbare Wetter. Bis kurz vor Start in Bad Schandau war beispielsweise nicht gewiss, ob unser Forschungsschiff, die „MS Elbegrund“, aufgrund von Niedrigwasser überhaupt starten kann. Der Wasserstand hat ja auch einen wesentlichen Einfluss auf die Fließgeschwindigkeit der Elbe und damit auf die Ankunftszeiten an den Etappenzielen. Logistisch war das eine große Herausforderung, denn die Staffel wurde am Ziel häufig von Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen sowie von Angehörigen der Schwimmer und interessierten Bürgerinnen und Bürgern erwartet. Natürlich gab es auch einige Etappen auf denen es ununterbrochen geregnet hat und der Fluss vom Wind richtig aufgewühlt war, aber die Schwimmerinnen und Schwimmer haben es immer sportlich genommen, nach dem Motto: Nass werden wir sowieso.
Wen sprechen Sie an und wo kommen all die Teilnehmer her?
Die Wissenschaftsjahre richten sich grundsätzlich an Bürgerinnen und Bürger aller Altersgruppen. Auch bei der Elbschwimmstaffel war ein großer Querschnitt der Bevölkerung dabei: von sehr jungen bis hin zu sehr erfahrenen Schwimmerinnen und Schwimmern, echten Freiwasserprofis und leidenschaftlichen Hobby-Schwimmern. Die Nachricht, dass das BMBF eine Elbschwimmstaffel ins Leben ruft, hat sich Ende April 2017 verbreitet wie ein Lauffeuer, und innerhalb von zwei Wochen nach Start der Anmeldephase waren alle Start- und Wartelistenplätze belegt. Wir waren überrascht von dem großen Ansturm auf die Aktion, denn wir hatten kein Mediabudget eingesetzt, um die Elbschwimmstaffel zu bewerben. Aber durch gezielte Presse- und Medienarbeit entlang der Elbe und die direkte Ansprache von Schwimm- und Sportvereinen ist es uns gelungen die Aktion erfolgreich in den Regionen zu verankern.
Dies ist ein umfangreiches Projekt, Frau Bernarding. Wie wurde es realisiert?
Vorteil des Wissenschaftsjahres Meere und Ozeane war, dass es länger als ein Kalenderjahr lief, nämlich vom 1.6.2016 bis 31.12.2017. Dies hat Planungsspielraum geschaffen, denn es brauchte eine etwa zwölfmonatige Vorbereitung der Elbschwimmstaffel.
Wesentlich für die Realisierung war die frühzeitige Ansprache unabkömmlicher externer Akteure: die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die die gesamte Streckenführung im Blick hatte und das Messschiff zur Verfügung gestellt hat, und die DLRG, die die Streckensicherung für die Schwimmerinnen und Schwimmer organisiert hat. Mit beiden waren wir von Beginn an in Kontakt.
Außerdem brauchte es wirkliche wissenschaftliche Inhalte und aktuelle Fragen der Fließgewässerforschung. Für uns war der erste Schritt, Forschungsprojekte in der Elbe und an deutschen Flüssen zu identifizieren, die ihre Forschungsfragen auch Bürgern und Medien präsentieren konnten und wollten. Erst als wir diese geprüft hatten und spannende Forschungsfelder umrissen waren, haben wir uns für die Umsetzung entschieden.
Die schönsten Momente der Elbschwimmstaffel in bewegten Bildern:
Eine umfangreiche Dokumentation der „Elbschwimmstaffel“ gibt es in Bildern, Videos oder dem Forscherblog auf der Internetseite des Projektes.