Bereits zweimal war Medizinstudentin Marlene Heckl mit ihrem Blog „Marlenes Medizinkiste“ schon für den Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus nominiert. Wie sie Studium, Forschung und Kommunikation unter einen Hut bekommt? Darüber spricht sie im Interview und gibt Tipps für den Start in die Kommunikation.
„Einfach mal einen ersten Schritt wagen“
Frau Heckl, Sie waren mit Ihrem Blog Marlenes Medizinkiste zweimal für den Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus nominiert. Was bedeutet das für Sie?
Es ist schon ein bisschen außergewöhnlich, da ich ja aus einer ganz anderen Richtung komme. In der Regel werden eher Leute aus dem Wissenschaftsjournalismus mit Festanstellungen bei überregionalen Tageszeitungen oder hochklassigen Magazinen nominiert. Ich selbst bin eher ein Neuling in der Wissenschaftskommunikation und betreibe nur einen Blog. Tatsächlich war es ein Leser dieses Blogs, der mich motivierte und sagte, ich würde da doch auch sehr gut reinpassen. Ich habe mich dann also einfach mal beworben. Das ich dann tatsächlich nominiert wurde, hat mich sehr gefreut.
Wie sind Sie zum Bloggen gekommen?
Schon relativ früh, im zweiten Semester meines Medizinstudiums, habe ich begonnen, für das Wiki auf DocCheck zu schreiben. Irgendwann hat mich ein Redakteur der dortigen Newsseite angeschrieben. Er mochte, wie ich schreibe und hat gefragt, ob ich nicht einen Probeartikel schreiben möchte. Dieser erste Artikel kam scheinbar ganz gut an und so konnte ich schließlich alle zwei bis drei Wochen einen Artikel schreiben. Vor allem zu Themen, die mich im Studium beschäftigten. Später führte DocCheck auch Blogs ein und da ich das Format spannend fand, habe auch ich einen eingerichtet. Schön daran war, dass ich so noch freier bestimmen konnte, wann und worüber ich schreibe. Schließlich bin ich mit dem Blog zu SciLogs umgezogen, wo er auch aktuell noch läuft. Man kann also sagen, dass ich in die Wissenschaftskommunikation eher zufällig reingerutscht bin.
Wonach suchen Sie Ihre Themen aus?
Manchmal bekomme ich Aufträge zu bestimmten Themen, meistens aber suche ich sie mir selbst aus. Anfänglich habe ich natürlich viel zum Medizinstudium und über Themen, die Studierende in den ersten Semestern beschäftigen, geschrieben. Aber nach und nach habe ich mich mehr für Forschung interessiert und stand dann auch selbst im Labor. Durch meine eigene Arbeit und durch die Lektüre von Publikationen anderer Forschender stoße ich eigentlich oft durch Zufall auf interessante wissenschaftliche Themen, die mich faszinieren. Im besten Fall gibt es vielleicht auch noch nicht so viele Infos im Netz dazu, dann weiß ich, es könnte ein spannendes Thema für meine Leserinnen und Leser sein.
Was ist Ihnen besonders wichtig in Ihrer Kommunikation über Forschungsthemen?
Mir ist sehr wichtig, so nah wie möglich an der Wissenschaft zu sein und richtig und korrekt zu erklären, aber auf eine Weise, die auch für Nichtwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler verständlich ist. Ein schöner Artikel, der aber zugleich mit unverständlichen Fachbegriffen zugekleistert ist, taugt nicht viel. Aber das hängt auch stark vom jeweiligen Erscheinungsort ab. Auf DocCheck schreibe ich ja für medizinische Fachkreise, muss also medizinische Fachbegriffe nicht erklären. Auf SciLogs hingegen versuche ich, Fachbegriffe weitestgehend zu vermeiden. Insofern ist das also sehr unterschiedlich, aber ich finde es sehr spannend, verschiedene Kommunikationsstile einfach mal auszuprobieren und zu schauen: Was liegt mir mehr? Was kann ich gut, was nicht? Das ist übrigens auch das Spannende an einem Blog: Dort gibt es eine Community und die Leserinnen und Leser geben direktes Feedback, stellen Fragen und diskutieren. Diese Rückmeldungen sind wirklich ein Vorteil, und ich kann so ganz gut erkennen, wo eventuell noch nachgebessert werden muss und welche Themen meine Leserinnen und Leser besonders bewegen.
Warum ist es wichtig, dass Forschende über ihre Arbeit auch extern kommunizieren?
Zum Beginn des Medizinstudiums sieht man sich mit einem Berg aus Büchern konfrontiert und in kürzester Zeit muss man alle Muskeln, Knochen, physiologischen und biochemischen Prozesse usw. des Körpers stur auswendig lernen. Zwar mochte ich es, mir dieses Wissen anzueignen, dachte mir aber gleichzeitig, dass das ja nicht alles sein kann. Ich hatte immer auch das Bedürfnis, andere Menschen daran teilhaben zu lassen und ihnen zu erklären, was ich da gerade verstanden hatte und warum mich das so fasziniert. Wissenschaft geht ja im Grunde alle etwas an. Und natürlich ist es auch später im Arztberuf sehr wichtig, den Patientinnen und Patienten wissenschaftliche Zusammenhänge zu erklären: Warum dieses oder jenes Medikament? Wie entsteht die Krankheit? Was ist der Forschungsstand? Eigentlich ist das schon eine Vorform der Wissenschaftskommunikation, denn man braucht auch als Ärztin und Arzt die Fähigkeit, komplexe Themen und Zusammenhänge in einfacher Sprache zu erklären.
Als ich dann selbst im Labor stand, war es eigentlich ähnlich und mir wurde immer bewusster, dass sich Wissenschaft nicht nur in der Fachwelt hinter verschlossenen Türen abspielen darf, sondern auch öffentlich darüber gesprochen und diskutiert werden muss. Es gibt da ein gutes Zitat von Francis Darwin, einem britischen Botaniker, der mal gesagt hat: In der Wissenschaft gebührt der Ruhm demjenigen, der die Welt von einer Idee überzeugen kann und nicht demjenigen, der die Idee zuerst hatte. Auch deshalb finde ich Wissenschaftskommunikation so wichtig, denn letztlich sind wir als Forschende auch dafür verantwortlich, dass die Gesellschaft Vertrauen in die Wissenschaft hat und die Glaubwürdigkeit nicht leidet. Gerade in den heutigen Zeiten, in denen sich pseudowissenschaftliche Theorien und Fake News sehr leicht verbreiten, ist Aufklärung über das, was wir Forschenden machen und warum wir es machen, wichtiger denn je.
Wie verbinden Sie ihre Forschung und ihre Kommunikation?
Manchmal ist das natürlich nicht einfach, weil sowohl das Studium als auch die Forschung und die Kommunikation sehr viele Ressourcen – vor allem Zeit – benötigen. Aber ich versuche recht strukturiert an die Sache heranzugehen. Ich weiß dann einfach: Am Vormittag ist Uni, am Nachmittag Labor und am Abend oder Wochenende schreibe ich bzw. arbeite an einem neuen Video. Letztlich ist das Schreiben und Kommunizieren für mich auch eine Art Hobby, das mir Spaß macht und wofür ich mir gerne die Zeit nehme.
Welche Tipps würden Sie Kolleginnen und Kollegen für den Start in die Kommunikation geben?
Welches Feedback bekommen Sie von anderen Forschenden?
Meistens wird es sehr positiv aufgenommen. Viele sind aber auch erst einmal sehr erstaunt, dass ich das mache. Vor kurzem hat mich mein Professor darauf angesprochen. Er fragte mich, wie ich denn die Zeit dazu finden würde. Aber er hat dann auch gleich angeregt, dass ich doch mal zu unserem Forschungsthema (Micro-RNAs und ihre Rolle bei der Entstehung von Herzerkrankungen) etwas schreiben könnte. Geplant ist nun eine kleine Interviewreihe mit meinen Kolleginnen und Kollegen. Ich will mit ihnen darüber sprechen, was sie an ihrer Forschung spannend finden.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft und ihre Wissenschaftskommunikation?