Foto: Alexander Sinn

Eine Stiftung zur Rettung des Schweizer Wissenschafts­journalismus

Die neue Stiftung „Wissen für alle“ hat sich zum Ziel gesetzt, den Wissenschaftsjournalismus in der Schweiz zu fördern. Präsident und Gründungsmitglied Christian Burger erklärt im Interview, wo die Stiftung ansetzt, was das Konzept dahinter ist und wie es finanziert werden soll.

Herr Burger, wie wollen Sie mit der Stiftung „Wissen für alle“ dem Wissenschaftsjournalismus in der Schweiz eine neue Perspektive geben?

Wir wollen dem Wissenschaftsjournalismus generell jenen Stellenwert geben, den er verdient, weil Wissenschaft relevant ist für die Gesellschaft. Wir hatten in den letzten Jahren in der Schweiz einen starken Rückgang im Wissenschaftsjournalismus. Im Moment gibt es noch drei Medienhäuser, die überhaupt Wissenschaftsredaktionen unterhalten. Darauf hat Beat Glogger in den letzten Jahren schon reagiert: Mit dem Journalistenbüro Scitech-Media hat er die Plattform Higgs.ch gegründet, deren Modell wir mit der Stiftung unterstützen möchten.

Christian Burger ist Gründungspräsident der Stiftung Wissen für alle. Er ist diplomierter Elektro-Ingenieur, Unternehmer und fördert als Business-Angel Start-Ups. Er ist Inhaber einer IT-Firma und zudem bei verschiedenen weiteren Firmen als Advisor und Verwaltungsrat tätig. Er wohnt mit seiner Familie in Zürich. Foto: Eda Gregr
Christian Burger ist Gründungspräsident der Stiftung Wissen für alle. Er ist diplomierter Elektro-Ingenieur, Unternehmer und fördert als Business-Angel Start-Ups. Er ist Inhaber einer IT-Firma und zudem bei verschiedenen weiteren Firmen als Advisor und Verwaltungsrat tätig. Er wohnt mit seiner Familie in Zürich. Foto: Eda Gregr

Wie funktioniert das Modell von Higgs?

Es ist ein eigentliches Mediensystem: Higgs produziert Content nach journalistischen Kriterien und stellt ihn verschiedene Medien frei zur Verfügung. Die abnehmenden Medien verpflichten sich dafür zur regelmäßigen Publikation. Bezahlt wurde das bisher vor allem durch die Gebert-Rüf-Stiftung. Die Medienhäuser wollen zwar die Inhalte, haben aber wenig bis kein Budget dafür. Jedoch geben sie dem Content eine große Reichweite, die Higgs alleine nicht schaffen könnte. Die Ausgangslage ist also, dass es bisher eine Stiftung gibt, die das Projekt maßgeblich gefördert hat. Hier wollen wir langfristig mit unserer neuen Stiftung mehr Gelder akquirieren und die Finanzierung breiter aufstellen.

Wie sieht das Finanzierungskonzept der Stiftung aus?

Wir haben mit einem Startkapital von 65.000 Schweizer Franken gegründet. Das ist natürlich nicht besonders viel. Aber wir haben bereits Zusicherungen von verschiedenen Stellen, die uns weiteres Geld geben wollen. Da kann ich aber im Moment noch keine Namen nennen. Außerdem sind wir im Gespräch mit weiteren Institutionen der Wissenschaft, also den Hochschulen, Fachhochschulen, Akademien und Förderagenturen. Wir sind auch mit der Wirtschaft im Gespräch und natürlich mit der öffentlichen Hand und mit anderen Stiftungen. Außerdem möchten wir die Community, also die Leserschaft, um Beiträge bitten.

Woher kommt in der Praxis der Anstoß für neue Themen und Beiträge?

Higgs recherchiert und arbeitet wie jede andere Redaktion auch. Aber es bietet auch eine Plattform an für Journalistinnen und Journalisten, die hier bereits Geschriebenes publizieren können. Bei der Stiftung Wissen für alle können freie Journalistinnen und Journalisten ihre Themen oder Rechercheideen einreichen und die gehen dann vor eine Jury. Diese entscheidet, ob die Idee finanziert werden soll oder nicht. Dafür entwickeln wir gerade noch Rahmenbedingungen und Förderrichtlinien. Klar ist, dass es sich um Wissenschaftsthemen handeln muss – sie müssen (nicht exklusiv aber auch) auf Higgs veröffentlicht werden und sie sollen für eine breite Öffentlichkeit interessant sein.

Werden hier nur Schweizer Journalistinnen und Journalisten gefördert oder auch andere?

Anbieten und publizieren können Freelancer von überall, also auch aus Deutschland. Bei der Verbreitung fokussieren wir uns zunächst auf die deutschsprachige Schweiz. Wir führen aber bereits Gespräche, um das Projekt auf die französischsprachigen Gebiete auszuweiten. Es gibt auch da Medien, die die Inhalte übernehmen wollen. Dann können wir überlegen, die Verteilung langfristig auch über die Grenzen hinaus zu erweitern. Da hätte wohl die eine oder andere Zeitung auch Interesse an einer regelmäßig erscheinenden Wissen-Seite.

In Deutschland gibt es auch den Gedanken, eine Stiftung für Wissenschaftsjournalismus zu gründen, getragen von den Wissenschaftsinstitutionen. Diese Idee erntet aber auch Kritik. Wie sehen Sie die Debatte?

Ich glaube, dass wir die Bedenken, die in dieser Debatte genannt werden, entkräften können. Durch die Form der Stiftung, die verschiedene Finanzierungsquellen mischt und weil wir Higgs als Intermediär haben, können wir die Unabhängigkeit der Berichterstattung gewährleisten. Mit den Kontrollmechanismen, die wir gerade aufbauen – wie der Jury – werden wir weniger angreifbar. Wir wollen es uns auch leisten können, dass uns mal ein Geldgeber abspringt, falls er vielleicht mit der Berichterstattung nicht einverstanden ist.

Außerdem ist auch den Akademien bewusst, dass sie den Journalismus brauchen, um ihre Inhalte zu vermitteln. Da wächst die Bereitschaft, unsere Plattform zu unterstützen und dabei vielleicht auch mal Kritik einzustecken. Das gehört einfach dazu, um als Unternehmen glaubwürdig zu bleiben. Ich schätze die Schweizer Bildungslandschaft so ein, dass die Institutionen durchaus damit umgehen können und uns als unabhängige Instanz trotzdem fördern.