Die Wissenschaftskommunikation der Wissenschaftskommunikationsforschung will gut gemacht sein: Sie sollte Ergebnisse in Kontexte stellen, Debatten aufgreifen und auch Grenzen oder Widersprüche in der empirischen Forschung abbilden. Wie wir das machen wollen, erklären wir hier in einem kleinen Selbst-Interview.
Wozu braucht es einen Forschungskanal über Wissenschaftskommunikationsforschung?
Es gibt im Berufsfeld häufig Fragen der Art: „Was ist eigentlich gute Wissenschaftskommunikation, und wie misst man sie?“, oder „Wie kommt das, was ich da mache – z. B. ein Science Slam – eigentlich beim Zuschauer an?“. Verknüpft mit der Frage: „Gibt es Forschung dazu, und wenn ja, wo finde ich sie?“ Wir wollen versuchen, relevante Forschungsergebnisse zu analysieren und für die Praxis aufzubereiten.
Das heißt, ihr befragt die Forschung im Namen der Praxis?
Das versuchen wir, ja. Das ist nicht einfach, denn Theorie und Praxis arbeiten auf dem Gebiet Wissenschaftskommunikation noch nicht so Hand in Hand, wie man sich das als Praktikerin vielleicht wünschen würde. Außerdem weiß jeder gute Wissenschaftsjournalist und Wissenschaftskommunikator, dass man den Theorie-Praxis-Transfer nicht nach dem Motto „Die Wissenschaft hat festgestellt“ hinbekommt, denn wie jede andere Wissenschaft auch ist die Wissenschaftskommunikationsforschung Wandlungen unterworfen und revidiert auch schon einmal zentrale Ergebnisse.
Welche Praktiker habt Ihr als Zielgruppe vor Augen?
Alle Wissenschaftskommunikationspraktiker, und da wir einen weiten Begriff von Wissenschaftskommunikation pflegen, wirklich alle: Aus PR, Journalismus, Museumsarbeit etc., aber auch Wissenschaftler, die nach außen kommunizieren, sprechen wir an. Wir können uns auch vorstellen, dass unsere Rubrik für Studierenden und Doktoranden im Bereich „Science of Science Communication“ interessant ist.
Was genau erwartet den Leser in dieser Rubrik?
Zum einen wollen wir aktuelle Forschungsergebnisse verständlich präsentieren. Bei der Gelegenheit machen wir transparent, welche Journals in dem Fach relevant sind und welche Verlage sich hier engagieren. Das hilft ja auch schon für die Eigenrecherche der Leser. Zum anderen sollen Grundsatzfragen und Forschungsdebatten aufbereitet werden. Welche Rolle spielt beispielsweise Vertrauen in der Wissenschaftskommunikation? Welche Misstrauen? Und was heißt das für die Praxis?
Lernt man auch Forscher und Forscherinnen kennen?
Ja, wir wollen immer wieder auch tiefere Einblicke in den Forschungsprozess liefern, Methoden und laufende Forschungsprojekte im Bereich Wissenschaftskommunikationsforschung vorstellen und Forscher zu ihrer Arbeit interviewen.
Apropos Forschung: Die macht ja noch viel mehr als z. B. „Formate evaluieren“.
Ja. Aus der Wissenschaftskommunikationsforschung kommen auch Ergebnisse, die bestimmte Grundannahmen oder auch Vorurteile erschüttern, z. B. „Aufklärung der Bevölkerung geschieht, indem man rational und sachlich über Forschungsergebnisse berichtet“ oder „man muss Forschung nur verständlich aufbereiten, dann verstehen das schon alle“…
Stimmt das denn nicht?
Gerade aus der Kognitionspsychologie bekommen wir Ergebnisse, die zeigen, wie wichtig Einstellungen zu Sachverhalten sind. Wenn Sie eine starke und vielleicht sogar emotionalisierte Meinung zum Impfen haben, dann nützt es wenig, wenn man Ihnen eine Studie nach der anderen an den Kopf wirft, die Impfkritik entkräftet. In so einem Fall muss die Wissenschaftskommunikation an die Einstellungen ran. Dann erst ziehen die Fakten. Solche Ergebnisse können der Praxis sehr nützlich sein.
Gibt es denn so etwas wie „Wissenschaftskommunikationsforschung“?
Es formt sich dieser Forschungszweig schon seit einiger Zeit, ja; im Englischen ist das etwas luftiger formuliert als „Science of Science Communication“. Da er interdisziplinär ist – Psychologie, Kommunikationswissenschaft, Medienwissenschaft, Soziologie, Linguistik, auch Wissenschaftstheorie, d.h. Philosophie – ist er sehr stark in Bewegung und alles andere als einheitlich. Es gibt dort auch verschiedene Begriffe von „Wissenschaftskommunikation“. Das ist für uns eine Herausforderung, unseren Lesern hier Wege durch den Dschungel zu weisen.
Macht Ihr also Wissenschafts-PR über Wissenschaftskommunikationsforschung?
Das ist eine gute Frage, denn sie führt uns mitten hinein in die Diskussion, was eigentlich PR ist. Wir machen insofern PR, als wir die Forschung im Berufsfeld bekannt machen. Wir versuchen also, Öffentlichkeit herzustellen. Unser Herangehen ist aber journalistisch: Wir erlauben uns, im Sinne unserer Leser auszuwählen, zu gewichten, Kontexte herzustellen und auch zu kritisieren. Wenn wir eine Studie nicht gut finden, dann sagen wir das. Oder wir zeigen einfach auch mal Grenzen der Methode auf und notieren, was eine Studie erklären kann – aber auch, was sie nicht erklären kann.
Schreibt Ihr nur über Publikationen, die frei verfügbar sind?
Dann müssten wir leider sehr viele Dinge unberücksichtigt lassen. Das wäre schade. Wir versuchen, einigermaßen ausgewogen sowohl über Open Access-Publikationen als auch über solche, die bezahlt werden müssen, zu berichten. Eine möglichst gute Zusammenfassung sowie Kurzbewertung einer Publikation, die hinter einer Paywall steckt, ist für unsere Leser vielleicht auch hilfreich.