Wie kann die Planung von Wissenschaftskommunikation durch die Linse des Marketings aussehen? Michael Bernecker, Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Marketing, gibt einen Einblick und erklärt mithilfe des CBM-Modells die Schritte für eine zielgruppenorientierte Planung und Erfolgsmessung.
Von Zielgruppen bis KPIs – Ein Blick ins Forschungsmarketing
Erfolgsmessung im Forschungsmarketing – Zielgruppenorientierung und KPIs in der Praxis
In der Forschung und Wissenschaft verschärft sich der Wettbewerb um Mittel und die Aufmerksamkeit von Zielgruppen zunehmend. Damit steigt auch der Bedarf nach aktivem Marketing im Forschungskontext. Im Zeitalter von knappen Mitteln ist zugleich der Bedarf nach Wirksamkeitsmessung und Wirksamkeitsprognosen essenziell. Mit dem CBM-Modell, das messbare Ziele und zugleich Zielgruppen in den Fokus stellt und eine transparente Erfolgsmessung mithilfe von KPIs1 zulässt, steht ein erfolgsversprechender Ansatz bereit, um diesen Herausforderungen in der eigenen Kommunikation zu begegnen.
Marketing im Wissenschafts- und Forschungskontext
Forschungsmarketing umfasst dabei alle gezielten Aktivitäten, Institutionen sowie Prozesse, um Wissenschafts- und Forschungsleistungen zu entwickeln, zu kommunizieren und zu realisieren. Dabei können sie natürlich nicht nur die Gesellschaft allgemein adressieren, sondern auch die eigene Forschungsinstitution, Forschende sowie die Rezipientinnen und Rezipienten der Forschungsergebnisse. Als Teilbereich des Forschungsmarketing fungiert die Wissenschaftskommunikation.
Die konkreten Ziele des Forschungsmarketing lassen sich entsprechend herunterbrechen:
- Initiierung von Kooperationen und Vernetzung von Forschungsakteurinnen und -akteuren
- Gewinnung von internationalen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Forschung
- Erfolgssteigerung von Forschungseinrichtungen bei der Ideenvermarktung
- Gewinnung von Investitionen und Forschungsgeldern
- Aufbau von Reputation und Reichweite der Forschenden / der Forschungsinstitution
Zu den Zielgruppen zählen vor diesem Hintergrund insbesondere Studierende, (Post-) Doktorandinnen und Doktoranden, Wissenschaftsmanagerinnen und -manager verschiedener Einrichtungen, Forschungseinrichtungen, Hochschulen, freie und staatliche Gebietskörperschaften, Unternehmen, Investorinnen und Investoren, Medien, Politik oder weitere Interessensgruppen, jeweils im In- und Ausland.
Diese Aufführung zeigt, dass im Forschungsmarketing häufig sehr viele und sehr spezifische Zielgruppen zu erreichen sind. Doch viele Marketing- und Kommunikationsaktivitäten sind häufig nicht auf spezifische Zielgruppen ausgerichtet und erfüllen dementsprechend auch nicht ihre Wirkungsansprüche.
Die konkrete Ausrichtung des Forschungsmarketing an den Zielgruppen – Das CBM-Modell
Dabei ist es unabdingbar, die jeweiligen Maßnahmen konkret an die Zielgruppen anzupassen. Hierzu gehört nicht nur der eigentliche Inhalt der Maßnahme, sondern auch der Kanal, über den die Maßnahme ausgespielt wird, und der richtige Zeitpunkt. Als Basis einer solchen konkreten Ausrichtung bietet das CBM-Modell (Customer-Based-Marketing-Modell) einen zielführenden und strukturierten Ansatz.
Das CBM-Modell bringt alle relevanten Aspekte auf Zielgruppenseite mit den entsprechenden Schritten auf Institutionsseite zusammen. Dabei ist eine genaue Zielgruppenkenntnis essenziell, um die „richtigen“ Maßnahmen mit der größtmöglichen Wirkung zu realisieren. Wer beispielsweise für ein neues Forschungsprojekt Aufmerksamkeit generieren möchte und eine Kampagne über soziale Medien plant, ohne das digitale Nutzungsverhalten der jeweiligen Interessengruppen zu bedenken, riskiert große Streuverluste. Die Fokussierung auf erfahrene Forschende, Leitungsebenen oder den wissenschaftlichen Nachwuchs wird unterschiedliche Ansprüche an die Kampagne stellen.
Das Modell gliedert sich dabei in drei Phasen, die aufeinander aufbauend zu betrachten sind.
Aktivierungs-, Informations- und Aktionsphase
Der Prozess vom ersten Kontakt mit der potenziellen Zielgruppe bis zur Inanspruchnahme einer Leistung beginnt mit der Aktivierungsphase. Zu diesem Zeitpunkt besteht aus Zielgruppensicht kein Bedarf, Informationen werden lediglich passiv verarbeitet. Entscheidungstragende in der Industrie mögen von dem Forschungsinstitut gehört haben, doch inwiefern eine Kollaboration lohnenswert für sie sein mag, ist bisher nicht deutlich. Bei der Institution erfolgt in dieser Phase die Positionierung. Unter Berücksichtigung der Spezifika der Zielgruppe sollte festgelegt und kommuniziert werden, was die Institution ausmacht und was sie für die Zielgruppe leisten kann, um das Bedürfnis auf Zielgruppenseite zu wecken und in das Mindset der „Kundschaft“ zu gelangen. Dem oberen Beispiel folgend könnte dies eine Kampagne für die Innovationskraft von Kooperationsprojekten zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sein. Der entscheidende KPI zur Erfolgsmessung ist hierbei die Reichweite, etwa zum Bekanntheitsgrad oder die Zahl der erreichten Personen durch eine Maßnahme.
In der zweiten Phase stehen sich die Informationsphase der Zielgruppe und das Marketing der Organisation gegenüber. Die Zielkundschaft hat ihr Problem erkannt (etwa den Bedarf an wissenschaftlicher Expertise für ein anstehendes Projekt), kennt dessen Lösung aber nicht. Darum sucht sie in dieser Phase aktiv nach der Problemlösung. Durch geeignete Marketingmaßnahmen kann eine Institution die Zielgruppe nun zu einer Handlung animieren. Dazu ist es an dieser Stelle wichtig, die Suche der Zielgruppe zu analysieren und die Touchpoints mit der eigenen Institution – also die Orte und Gelegenheiten, bei denen Zielgruppe und Institutionen in Kontakt kommen – zu kennen: Trifft man die Zielgruppe auf Kongressen oder eher auf Wissenschaftsfestivals an? Ist sie auf LinkedIn aktiv oder häufiger bei Twitter zu finden? Basierend auf dieser Analyse können dann die zu bespielenden Kanäle mit möglichst vielen Touchpoints zu der Zielgruppe ausgewählt werden, um eine entsprechende Wahrnehmung zu erzielen und die Zielgruppe auf die Problemlösung aufmerksam zu machen. Der Erfolg dieser Maßnahmen wird an der Interaktion gemessen, die mit der Zielgruppe über die zielgruppenrelevanten Kanäle zustande kommt, zum Beispiel Besuchszeiten auf Webseiten oder das Klickverhalten von Besucherinnen und Besuchern.
Die Aktionsphase und der Vertrieb bilden den finalen Schritt im Modell: Die Zielgruppe kennt die Lösung zu ihrem Problem und stellt eine aktive Anfrage, bewirbt sich auf ein Forschungsprogramm oder meldet sich für eine Veranstaltung an. Bei der Institution ist daher der „Vertrieb“ gefragt. Dieser muss die Abwicklung der Anfragen managen, mit dem Ziel, eine hohe Zufriedenheit zu erreichen. Nur dann kommt es zu einem erfolgreichen Ergebnis der eingesetzten Maßnahme beziehungsweise einer Inanspruchnahme der Leistung und möglichen Folge-Projekten. In der Aktionsphase soll ein konkreter und messbarer Mehrwert für die Institution entstehen. Der KPI für die Vertriebsmaßnahmen ist die Transaktion, also beispielsweise der Zuwachs an Interesse am Forschungsthema oder die Anzahl der generierten Conversions2 beziehungsweise Folgeprojekte.
Die konkrete Erfolgsmessung: Reichweiten-, Interaktions- und Transaktions-KPIs
Ausgehend vom CBM-Modell sind die Erfolge in den einzelnen Phasen in den drei Dimensionen Reichweite, Interaktion und Transaktion abbildbar, die systematisch aufeinander aufbauen. Werden konkrete Maßnahmen innerhalb des Forschungsmarketing geplant, so sollten stets KPIs in den einzelnen Dimensionen definiert werden. Ergänzend sorgen Zielwerte für die einzelnen definierten KPIs als Ausgangsbasis, um nach Auswertung der Maßnahme den tatsächlichen Erfolg ableiten zu können. Wird ein Zielwert nicht erreicht, so sollte als logischer Schluss die Ursache analysiert und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden, um bei erneuter Durchführung die entsprechenden Ziele zu erreichen.
Für gängige Maßnahmen und Instrumente im Forschungsmarketing bieten sich beispielsweise die folgenden KPIs in den einzelnen Dimensionen an, um die Wirkung sichtbar zu machen:
Maßnahme / Instrument | Reichweiten-KPIs | Interaktions-KPIs | Transaktions-KPIs |
Webseiten und Internetportale |
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