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Durch Stephen Hawking zur Wissenschaftskommunikation

Kerstin Göpfrich ist Physikerin mit einer Leidenschaft für die Kommunikation. Gepackt hat sie diese Begeisterung während ihres Studiums in Cambridge. Wir haben mit Ihr darüber gesprochen, was dort anders ist und wieso sie so gerne Wissenschaft kommuniziert.

Frau Göpfrich, wann und weshalb haben Sie angefangen über Ihre Forschung auch mit der nicht-wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu kommunizieren?

Wirklich begonnen habe ich damit während meiner Promotion in Cambridge. In England promoviert man mit einem Stipendium und sucht sich dann, um zusätzliches Geld für den Lebensunterhalt zu verdienen, unterschiedliche Möglichkeiten und Wege im wissenschaftlichen Bereich. Die Vermittlung von Wissenschaft an andere spielt dabei oft eine viel größere Rolle als in Deutschland und man erhält viel mehr Möglichkeiten dazu. Ich habe eigentlich ganz klassisch mit Besuchen und Vorträgen in Schulen angefangen. Das hat mir viel Spaß gemacht und von da an habe ich eigentlich immer neben meinem Alltag als Wissenschaftlerin auch kommuniziert.

Irgendwann habe ich die Schulbesuche durch Skypeunterricht und kleine Videos ersetzt und nebenbei angefangen an Fernsehsendungen und Radiosendungen mitzuwirken. Das habe ich dann in Deutschland auch beibehalten, beispielsweise durch meine Arbeit für die Zeitschrift Spektrum oder ich habe beim FameLab mitgemacht.

In den Sozialen Medien bin ich dagegen erst relativ kurz unterwegs, aber auch das gehört inzwischen zu meinem Alltag.  

Wieso finden Sie es wichtig, dass Wissenschaftler selbst kommunizieren?

<b><a href="http://kerstin-goepfrich.de/" target="_blank">Kerstin Göpfrich</a></b> arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am <a href="https://is.mpg.de/de" target="_blank">Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung</a> in Stuttgart. Zuvor hat sie an der Universität Cambridge zum Thema DNA Origami Nanoporen promoviert. Foto: privat
Kerstin Göpfrich arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Stuttgart. Zuvor hat sie an der Universität Cambridge zum Thema DNA Origami Nanoporen promoviert. Foto: privat

Neben den immer wieder genannten Gründen, wie zum Beispiel der Pflicht zur Kommunikation, da Forschung aus Steuergeldern finanziert wird, ist es für mich ganz persönlich auch ein bisschen Eigennutz. Im Labor gehen manchmal Sachen schief und dann tut es gut, sich daran zu erinnern, warum man eigentlich Wissenschaft betreibt. Über seine Wissenschaft zu kommunizieren bietet einem die Chance, das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren. Ich brauche es also auch ein bisschen zur Eigenmotivation.

Haben Sie ein Lieblingskommunikationsformat?

Inzwischen würde ich sagen: Podcasts und Videos. Aber natürlich schätze ich die direktere Kommunikation bei Schulbesuchen oder beim FameLab. Da kriegt man dann unmittelbares Feedback beziehungsweise interagiert mehr, was mir auch gut gefällt.

 

Haben Sie eine Kommunikationsstrategie oder gibt es bestimmte inhaltliche Schwerpunkte in Ihrer Kommunikation?

Das kommt ein bisschen auf den Kanal an. Ganz allgemein kommuniziere ich schon auch viel über meine eigene Forschung, weil ich mich da natürlich am Besten auskenne. Ich habe aber auch viel Spaß an Review-Formaten. Hierbei prüft man beispielsweise Erklärvideos auf die wissenschaftliche Konsistenz und die weichen inhaltlich natürlich auch immer wieder von meiner eigenen Spezialisierung im Bereich des DNA-Origami ab. Auch in Schulen spreche ich über andere Themen aus der Physik.

Twitter hingegen nutze ich in erster Linie, um mir einen Überblick über mein eigenes wissenschaftliches Feld zu verschaffen oder mich mit anderen kommunizierenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu vernetzen. Da geht es nicht primär um die Kommunikation nach außen, sondern um die wissenschaftsinterne Kommunikation, die ich für ebenso wichtig halte.

Gibt es Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler, die Sie besonders beeindruckt haben in ihrer Art zu kommunizieren?

In der Schule war es ganz klar Stephen Hawking. Deshalb habe ich Physik studiert. Ihn in England als Wissenschaftler zu erleben und auch zu sehen, dass es ihm nicht immer leicht fiel zu kommunizieren und wie er es dann trotzdem geschafft hat, war sehr beeindruckend. Auch sonst gibt es sowohl im englischsprachigen als auch im deutschsprachigen Raum ganz viele tolle Vorbilder. Gerade bei den Science Slammern gibt es eine ganze Reihe, die mich sehr beeindrucken.

Es gibt also aus Ihrer Sicht durchaus auch viele gute kommunizierende Wissenschaftler  in Deutschland. Glauben Sie, dass in Deutschland die von Forschenden selbst betriebene Wissenschaftskommunikation schon so richtig angekommen ist?

Es gibt auf jeden Fall einen Unterschied zu England, aber die Entwicklung geht in die richtige Richtung. Ich war zum Beispiel total überrascht, wie viele Science Slams es gibt. Das Format kannte ich bis zu meiner Rückkehr noch nicht. Der Unterschied liegt nicht im Können, sondern in der institutionellen Verknüpfung: In England gab es zum Beispiel Public Engagement Fellowships für Wissenschaftler ab dem Post-Doc-Level, die dann 20 Prozent ihrer Zeit auf Kommunikation und Engagement verwenden können. So etwas gibt es in Deutschland meines Wissens noch nicht. Deshalb braucht es hier mehr Eigenmotivation und persönliches Engagement in der Freizeit, um wirklich neben der Arbeit noch zu kommunizieren.

Sie sprechen den Faktor Zeit an, wie viel Zeit wenden Sie denn für Kommunikation auf?

Das ist sehr unterschiedlich und einiges sehe ich auch als Teil meiner Freizeit an. Aus meiner Sicht ist es wichtig, den Kommunikationsweg zu finden, der zu einem passt. Schulbesuche haben mich beispielsweise früher einen ganzen Tag gekostet. Das ist natürlich viel Aufwand, weil man nicht ins Labor kann. Das ist aber durchaus ein Problem, das viele haben. Ring-a-Scientist ist da ein ganz spannendes Projekt, weil es einem ermöglicht, per Skype zu interagieren. Dadurch lässt es sich dann flexibler in den Alltag im Labor integrieren und man muss sich nicht mehr zwischen beidem entscheiden.

#Wisskomm oder Wissenschaft – wo sehen Sie Ihre persönliche Zukunft?

Eigentlich mag ich die Kombination am liebsten. Ich bin von Herzen Wissenschaftlerin, aber eben auch von Herzen Kommunikatorin und beides gehört für mich auch zusammen. Ich sehe da aber auch keinen Interessenkonflikt und glaube auch die meisten meiner Kolleginnen und Kollegen teilen diese Sichtweise inzwischen.