Foto: Die Debatte

Die Debatte – Fakten, Forschung, Positionen

Die Wissenschaft kommt zu Wort in Diskussionen um Bienensterben, autonomes Fahren und social Bots – bei „Die Debatte“. Was hinter dem Wissenschaftskommunikations-Projekt steckt, verrät Nico Dannenberger, Projektmanager von „Die Debatte“ bei Wissenschaft im Dialog.

„Flüchtlinge bringen gefährliche Krankheiten nach Deutschland! E-Zigaretten sind viel weniger schädlich als Tabakzigaretten! Wenn die Bienen sterben, sterben auch wir!“

Altbekannte Parolen von Stammtischen. Und tatsächlich: Viele Debatten, sind emotional aufgeladen und werden nur selten auf wissenschaftliche Fakten gestützt. Das möchten wir in dem Projekt  “Die Debatte” ändern – mit dem Ziel, durch wissenschaftliche Fakten und Perspektiven konstruktive Diskussionen anzuregen.

Das machen wir in diesem gemeinsamen Projekt von Wissenschaft im Dialog, dem Science Media Center Germany und der Technischen Universität Braunschweig Wissenschaftskommunikation auf vielfältige Weise:  Auf unserer Webseite www.die-debatte.org behandeln wir über einen kurzen Zeitraum von maximal zwei Wochen ein kontroverses Thema. Höhepunkte sind dabei die Live-Diskussion, die Experten und Bürger zusammenbringt und bei der sich die Experten den Fragen und Meinungen der Zuschauer stellen müssen. Wie die Leserinnen und Leser auf die Beiträge der Website reagieren und wie sie die Live-Debatte und die Wirkung der Experten wahrnehmen, wird dazu noch durch unser Forschungsteam an der TU Braunschweig begleitet. So wollen wir auch von wissenschaftlicher Perspektive einen Mehrwert zur Erforschung der Wirkung von Fakten und Experten auf unsere Gesellschaft leisten.

Die Debatte begann autonom

Startschuss war der 11. Mai als unsere Seite online ging und gleich mit einer Debatte um autonome Fahrzeuge begann. Wie weit ist eigentlich die technische Entwicklung? Dürfen autonome Fahrzeuge überhaupt schon auf deutschen Straßen fahren? Wie werden sich unsere Städte und Konzepte der Mobilität dadurch verändern? Wollen wir überhaupt das Lenkrad abgeben?  Das waren Schwerpunkte in unseren ersten Hintergrundartikeln, Interviews, Infografiken und Kartenstapeln, die wir im Vorfeld der Debatte geschrieben, geführt und gebastelt haben.

Ein weiterer Bestandteil des Projekts sind Umfragen über das Online-Tool Opinary. Besucher der Webseite finden in den einzelnen Artikeln eingebettet Umfragen und können sich selbst in Bezug auf die Fragestellung innerhalb des Spektrums zwischen den Wissenschaftlern verorten. Zwar entsteht kein repräsentatives Abbild der Bevölkerung, aber man kann auf einen Blick sehen, wie andere Leser über eine bestimmte Frage denken.

„Ich finde die Diskussion um die Unfälle von autonomen Fahrzeugen etwas eigentümlich. Die Forschung setzt sich immer das Ziel, autonome Fahrzeuge zu entwickeln, die nie einen Unfall verursachen. Aber wenn autonome Fahrzeuge auch nur zehn Prozent besser wären als Menschen, wäre das doch schon ein Erfolg!“ meint Chris Boos, als ich ihn zu Unfällen mit autonomen Fahren befragte. Ganz anders die Position von Prof. Oliver Bendel zur selben Frage. Im Interview sagte er mir: “Es erstaunt aber, dass plötzlich das autonome Auto der Heilsbringer sein soll. Auf Autobahnen könnten die Unfälle abnehmen, in den Städten aber zunehmen. Der Einzelfall wird am Ende entscheidend sein, die konkrete Tötung eines bestimmten Menschen durch eine bestimmte Maschine.”

Unter den Beiträgen und auf Facebook fordern wir auch die Leser auf zu diskutieren. Das funktioniert recht gut auf unserer Facebook-Seite. So erzielen einzelne Beiträge bis zu 40 Kommentaren und auf der Webseite ging es zu einigen Themen hoch her. Unterstützt wird dieses bunte Potpourri an Informationen durch das Video „4 Gedankenexperimente zum autonomen Fahren“ der Youtuberin Mai Thi Nguyen-Kim (ZDF/funk).

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Die Debatte live

Drei Experten, zwei Moderatoren, ein Publikum vor Ort und eins zu Hause vor dem Computer – und alle dürfen mitreden. So sieht es aus, wenn Die Debatte live vor Ort geführt wird. Das ist nicht bei jeder Debatte der Fall, aber immerhin insgesamt achtmal in den ersten zwei Projektjahren.

Bei der ersten Live-Debatte im Braunschweiger Haus der Wissenschaft am 19. Mai befragte Stern-Journalist Christoph Koch Experten zu technischen, rechtlichen, ethischen und visionären Aspekten des autonomen Fahrens. Doch wie immer blieb es bei uns nicht bei einer reinen Podiumsdiskussion: Das Publikum war aufgerufen, sich mit ihren Fragen und Meinungen aktiv an der Diskussion zu beteiligen und auch über die Social-Media-Kanäle Twitter, Facebook und YouTube konnten Zuschauer sich einbringen. Die Fragen und Meinungen der Bevölkerung wurden von Moderatorin Mai aufgegriffen und so stellte sie den Experten auf der Bühne als “Anwältin des Publikums” immer wieder spannende und unbequeme Fragen, wie “Müssen autonome Autos eigentlich öfter zum TÜV? Und fahren die da selber hin?”, oder “Wird es irgendwann verboten sein, selber Auto zu fahren?”

Begleitet durch ein Forscherteam

Mehr Einsicht in die Ansichten der Besucher bringt die Begleitforschung zu dem Projekt “Die Debatte”, die von Prof. Monika Taddicken und ihrem Team an der TU Braunschweig durchgeführt wird. Sie befragen sowohl die Besucher der Live-Debatten wie auch die Onlinebesucher über Motivation, Interesse, Wahrnehmung der Wissenschaftler und ihren Gewinn an Informationsgehalt. So erfuhren wir beispielsweise bereits, dass bei der ersten Debatte die Zuschauer überwiegend männlich und im Schnitt 31 Jahre alt waren. Ein wertvolles Feedback und vor allem spannende Info darüber, wen wir mit den Debatten eigentlich erreichen.

Im Rückblick auf die bereits geführten Debatten – Flucht und Migration, autonomes Fahren, Social Bots, E-Zigarette, Bienensterben – wissen wir: Geflohene bringen keine Krankheiten nach Deutschland, die E-Zigarette ist gesünder, aber nicht gesund und wir müssen unsere Bienen besser schützen. Und vor allem wissen wir, die Debatte kommt an, sowohl bei Experten, als auch bei der Öffentlichkeit. Denn “Die Debatte” nimmt sich einer großen Breite an Themen an, die in Wissenschaft und Gesellschaft aktuell diskutiert werden. Auch das derzeitige Thema passt in die Diskussionen kurz vor der Bundestagswahl: Wir beschäftigen uns seit Mitte August mit Themen rund um die Meinungsforschung.

Einblick gefällig? Dazu wird es auch eine Live-Debatte geben: Vor der besonderen Kulisse der Berliner Hörsaalruine auf dem Gelände der Charité (Charitéplatz 1, 10117 Berlin) wird die Expertenrunde am 31. August unter dem Motto „Die Macht der Meinungsforschung – wer weiß, wen wir wählen“ mit dem Publikum und im Live-Stream über Meinungsforschung, Meinungsmache und Wahlumfragen diskutieren.