Seit 2012 hatte Carsten Könneker die Professur für Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsforschung am KIT inne – nun hat er sie niedergelegt. Ein Gespräch über Akteure, Entwicklungen und Herausforderungen in der und für die Wissenschaftskommunikation und über seinen Abschied.
„Der Einfluss sozialer Medien hat enorm zugenommen“
Sie haben Ihre Professur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) niedergelegt – weshalb?
Seit meiner Berufung im Oktober 2012 war ich technisch gesehen unter Wegfall aller Bezüge freigestellt seitens des KIT*. Das heißt, ich habe meist nur eine, selten zwei oder mehr Lehrveranstaltungen pro Semester gehalten und auch nicht im normalen Umfang selbst geforscht. Anders wäre es schlicht unmöglich gewesen, in den ersten drei Jahren zusätzlich noch das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik*) als Gründungsdirektor mit aufzubauen und obendrein Chefredakteur bei Spektrum zu bleiben. Die Konstruktion „berufen, aber freigestellt“ lief nun mit Ansage zum 31.10.2018 aus. Sie ist gemäß Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg schlicht nicht beliebig verlängerbar.
Wagen Sie einen Blick zurück: Was hat sich in den letzten Jahren im Bereich der Wissenschaftskommunikation geändert?
Sehr vieles. In der Praxis wurde das Portfolio von Formaten für die externe Wissenschaftskommunikation immer mehr ausgeweitet. Die Situation des Wissenschaftsjournalismus stellt sich schlechter dar – auch wenn sie im internationalen Vergleich hierzulande noch fast rosig wirkt. Vor allem aber hat der Einfluss digitaler und speziell sozialer Medien in der Wissenschaftskommunikation erheblich zugenommen: Es gibt sehr viele hinzugekommene Akteure und neuartige öffentliche Diskurse, die uns auch als Gesellschaft herausfordern. Genau darum ging es ja in meiner Abschiedsvorlesung.
Was war das Highlight Ihrer Zeit am KIT?
Ich habe es vom ersten Tag an als große Herausforderung, aber auch als enormes Privileg erachtet, einen Studiengang mit formen zu dürfen, den es in dieser Form bis dato noch nicht gab. Einen Studiengang der – wie ich finde zeitgemäß – auf einem weiten Begriff von Wissenschaftskommunikation gründet, welcher auch den Wissenschaftsjournalismus eingedenk seiner Besonderheiten und speziellen Funktionen widerspruchsfrei umschließt. Außerdem fand und finde ich es wegweisend, dass am KIT – mit dauerhafter Unterstützung der Klaus Tschira Stiftung – durch das NaWik zudem hochkarätige Lehr- und Weiterbildungsangebote in selbstvermittelter externer Wissenschaftskommunikation für Forschende entwickelt werden. Wir wissen heute, dass Deutschland hier noch Nachholbedarf hat.
Und nun? Wie geht es bei Ihnen persönlich weiter?
Jetzt bin ich nur noch Chefredakteur – und habe weiterhin eine prall gefüllte Arbeitswoche.
Was ist die größte Herausforderung in Ihrer Arbeit bei Spektrum?
Wie sehen Sie die Zukunft der Forschung zur Wissenschaftskommunikation?
Was glauben Sie, ist die wichtigste Herausforderung der aktuellen Wissenschaftskommunikation?
Antworten auf die zentralen Herausforderungen durch Social Media zu finden: Genauer analysieren, wer da im Netz Wortführerschaft innehat. Besser verstehen, welche Wirkungen wissenschaftsskeptische oder offen antiaufklärerische Informations- und Meinungsangebote auf Nutzerinnen und Nutzer haben – Stichwort: Polarisierung der Gesellschaft, Fragmentierung von Öffentlichkeit. Redaktionelle Formate, Organisationsformen und Geschäftsmodelle entwickeln, die eine unabhängige, journalistische Einordnung zu Wissenschaftsthemen für digitale Öffentlichkeiten attraktiv machen und die nachhaltig refinanzierbar sind. Mehr Forschende dafür gewinnen, die eigene fachliche Expertise auch in Social-Media-Diskursen fruchtbar zu machen für unsere demokratisch-pluralistische Gesellschaft – und sie besser darauf vorzubereiten durch Schulungen wie die am NaWik.
Hand aufs Herz: Wie viel Wehmut ist bei Ihrem Abschied mit dabei?
Wehmut ja, aber ich hadere nicht. Ich bin ja auch nicht aus der Welt. Ich blicke äußerst dankbar auf sechs Jahre Aufbauarbeit in wunderbaren, hoch engagierten und stetig wachsenden Teams zurück. Ich durfte persönlich sehr viel dazulernen. Karlsruhe steht heute in der Wissenschaftskommunikation für etwas. Und da in den ersten Jahren mit dabei gewesen zu sein – das ist doch toll.
*Das KIT und das NaWik sind zwei der drei Träger des Portals Wissenschaftskommunikation.de.