Seit über zwanzig Jahren besteht im Bundesverband Hochschulkommunikation die „Initiative Qualität von Hochschulkommunikation“. Ihr Sprecher Matthias Fejes gibt im Interview Einblick in den Stellenwert von Evaluationen für die Kommunikationsarbeit, wie der Verband die Mitglieder dabei unterstützt und warum auch kleine Teams Ressourcen in Evaluationen stecken sollten.
Das Bauchgefühl objektivieren
Herr Fejes, wie wichtig sind Evaluationen in der Hochschulkommunikation?
Das Thema Evaluation hat einen ganz überragenden Stellenwert. Beim Bundesverband Hochschulkommunikation ist die Initiative Qualität (IQ_HKom) bereits seit über 20 Jahren aktiv. 1998, bei der Gründung, trug der Arbeitskreis mit dem Namen Evaluation von Hochschul-PR tatsächlich noch den Begriff Evaluation im Titel. Heute umfasst die Initiative Qualität nicht nur diesen Bereich, sondern arbeitet unter anderem auch zu Themen wie Monitoring, Social Media, Interne Kommunikation und Krisenkommunikation. Man kann also sagen, dass das Thema Evaluation zur DNA des Bundesverbands gehört und das spricht natürlich auch dafür, welchen Stellenwert das Thema bei den Mitgliedern hat. Die Weiterentwicklung des Arbeitskreises hin zu einer Initiative Qualität zeigt außerdem, welche Dimensionen über die Zeit dazugekommen sind.
Warum ist das Thema so zentral für den Bundesverband?
Wir möchten unsere Arbeit natürlich immer weiter professionalisieren. Was die Qualität angeht, sind Monitoring und Evaluation also essentiell. Man hat als Kommunikationsabteilung zwar schon ein Gefühl dafür, was gut funktioniert und was nicht. Um das Bauchgefühl zu objektivieren, brauchen wir aber gute Evaluationen. Wir möchten wissen: Sind wir gut? Erreichen wir unsere Ziele? Und wenn ja, wie erreichen wir sie genau? Nur so können wir unsere Qualitätsstandards entwickeln, einschätzen und auch halten.
Was macht gute Kommunikation einer Hochschule aus? Woran wird sie gemessen?
Da muss man auf vielen verschiedenen Ebenen ansetzen und eine davon ist die Wirkung von Kommunikation. Ein guter Rahmen dafür sind die Leitlinien für gute Wissenschafts-PR, die vor ein paar Jahren überinstitutionell erarbeitet worden sind. Die geben viele wesentliche Punkte vor, was gute Wissenschaftskommunikation ausmacht. Dass Sprache klar und verständlich ist, Quellen angegeben, Ansprechpartner*innen benannt werden, Ergebnisse, auf die man sich beruft, begutachtet sein sollten – um nur einige zu nennen. Das sind die Grundlagen für fundierte Kommunikation und formale Kriterien, an denen man sich messen kann. Die andere Ebene ist der Outcome. Also die Frage: Kommen meine Botschaften bei der Zielgruppe an und wenn ja, in welcher Form werden sie wahrgenommen? Wie wird die Information reflektiert? Und bringt das einen Nutzen für die Gesellschaft?
Können Sie dafür ein Beispiel geben?
Ganz aktuell in der Pandemie kann man den Podcast von Christian Drosten und Sandra Ciesek vom NDR nennen oder auch maiLab auf Youtube. Die bringen wissenschaftliche Erkenntnisse allgemeinverständlich rüber und reagieren so direkt auf den großen Informationsbedarf zum Thema Corona. Im zweiten Schritt hat das sicher auch Einfluss auf die gesellschaftliche Debatte und auch auf politische Entscheidungen.
Neben der Wissenschaftskommunikation gibt es an Hochschulen aber noch weitere Kommunikationsthemen wie Markenbildung, Recruiting oder Studierendenwerbung. Wie unterscheidet sich da die Evaluation?
Es gibt dabei natürlich andere Zielgruppen und Ziele, also auch andere Kennzahlen und damit werden auch Qualität und Erfolg anders gemessen. Die Initiative Qualität im Bundesverband hat dafür einen Leitfaden für das Kommunikationscontrolling entwickelt, der verschiedene Werkzeuge für die Evaluation zur Verfügung stellt. Dieser verfolgt ein Stufenmodell, mit dem man zunächst ermitteln kann, welche Ressourcen man für bestimmte Kommunikationsvorhaben braucht, um bestimmte Strategien und Ziele zu verfolgen. Wie evaluiert wird, hängt dann natürlich von den Kommunikationsmethoden und den Zielen ab. Wenn wir beim Beispiel Studierendenwerbung bleiben, könnte man im Idealfall einen direkten Bezug zwischen den eingesetzten Ressourcen, einer kommunikativen Maßnahme und den Einschreibungen neuer Studierender herstellen. So etwas nachzuvollziehen ist aber wirklich schwierig und mehr oder weniger der heilige Gral des Monitorings.
Evaluationen durchzuführen ist auch immer eine Ressourcenfrage. Wie sind die Kommunikationsabteilungen der Hochschulen diesbezüglich aufgestellt?
Ganz unterschiedlich. Die Hochschulen sind schon in Bezug auf die Kommunikationsverantwortlichen sehr heterogen aufgestellt. Die Bandbreite reicht von Einzelkämpfer*innen bis hin zu wirklich großen Kommunikationsabteilungen. Das wirkt sich natürlich auch auf die Evaluationspraxis aus. Vom einfachen Monitoring der Klickzahlen und Conversionsraten auf der Website oder von Pressemitteilungen bis hin zu aufwendigen Monats- oder Quartalsberichten ist das ganze Spektrum vertreten. Das bilden wir auch in unserem Leitfaden ab, weil es dementsprechend natürlich auch viele verschiedene Werkzeuge braucht. Der Verband bietet den Mitgliedern auch eine Anlaufstelle für Beratung an. In Form der IQ_HKom beispielsweise durch die Sprecher*innen der jeweiligen Projektgruppen. Im schnellen Tagesgeschäft aber auch in Form von Mailinglisten. Außerdem gibt es Rückkopplungen. Fragen, die in den Mailinglisten diskutiert werden, können Anlass sein, dass sich eine Projektgruppe gründet, um das jeweilige Thema vertiefend zu diskutieren und Lösungen zu erarbeiten. Das war zum Beispiel bei unserer neuen IQ-Projektgruppe Interne Kommunikation so. Dieser systematische Zugang unterstützt dabei, eine gute Evaluationspraxis in verschiedenen Kontexten zu ermöglichen. Ein ähnliches Angebot, in dem Fall öffentlich und mit einen stärkeren Zuschnitt auf Wissenschaftskommunikation, erarbeitet gerade zum Beispiel auch die Impact Unit bei Wissenschaft in Dialog*.
Wie stehen die Leitungsebenen der Hochschulen zum Thema Evaluation im Kommunikationsbereich?
Da gibt es natürlich Unterschiede. Wir bekommen aber gespiegelt, dass es auch für diese Gruppe wichtig ist, das eben genannte Bauchgefühl zu objektivieren. Auf der einen Seite stehen dahinter natürlich Fragen der Ressourcenplanung. Wie viele Ressourcen brauche ich, um bestimmte Kommunikationsziele zu erreichen, die dann am Ende auch eine Rolle für die Strategie der Hochschule spielen? Insofern ist die Evaluation ein wichtiger Punkt für alle, nicht nur die Kommunikator*innen selbst. Um hierfür aber wirklich aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, muss man kontinuierlich evaluieren. Wenn ich das Feedback auf eine Pressemitteilung und die Kontakte zu Journalist*innen messe oder die Interaktionen mit einem Social-Media-Beitrag, dann ist das nur eine Momentaufnahme zu einer bestimmten Maßnahme. Wo wir für die eigene Arbeit, aber auch strategisch hinkommen müssen, ist, langfristige Reflexionen über die Kommunikationsarbeit zu ermöglichen. Nur so können belastbare Aussagen zur Qualität der Kommunikation, aber auch eine solide Ressourcenplanung erfolgen.
Die Beispiele, die Sie bisher genannt haben, nehmen vor allem quantitative Werte wie Kennzahlen, Konversionsraten oder Pressekontakte in den Blick. Welche Rolle spielen qualitative Evaluationen?
Welche Rolle spielen überhaupt digitale Tools in der Evaluation?
Eine zunehmend wichtige. Schon allein, weil die Menge der Inhalte, die die Kommunikationsabteilungen produzieren, stark angestiegen ist und noch weiter ansteigt. Da ist es fast unmöglich, das Monitoring händisch zu machen und auch die Analyse wird zunehmend komplexer. Einige Social-Media-Dienste bieten dafür schon Lösungen an, die Vorauswertungen treffen. Diese Ergebnisse muss man dann aber noch in den Kontext anderer Maßnahmen stellen. Auch hier wäre es sicher hilfreich, weitere Tools zu entwickeln.
Diese Entwicklungen betreffen ja alle Bereiche der PR- und Kommunikationslandschaft. Was sind die Besonderheiten der Wissenschaftskommunikation?
Was bedeuten diese Entwicklungen für Evaluationen in Zukunft?
Dass wir uns hier noch besser aufstellen müssen, um Evaluationen möglichst niedrigschwellig in den Kommunikationsabteilungen zu ermöglichen. Da denke ich zum Beispiel an einen Baukasten mit Werkzeugen, die für viele verschiedene Szenarios einsetzbar und skalierbar sind. Wir müssen alle Kolleg*innen in die Lage versetzen, ihre Kommunikationsarbeit sowohl qualitativ als auch quantitativ bewerten zu können.
Weitere Ausschnitte aus dem Leitfaden Kommunikationscontrolling können hier eingesehen werden.