Was planen die Parteien für Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation nach der Wahl? Wir haben alle Parteien, die realistischerweise nach dem 24. September im Bundestag sitzen werden, direkt danach gefragt. Bis auf die AfD haben alle unsere drei Fragen beantwortet. Wir präsentieren die Antworten in alphabetischer Reihenfolge. Den Abschluss bilden die Antworten der SPD.
#btw17: Drei Fragen an die SPD
1. Welchen Stellenwert wird die SPD der Wissenschaft im Bundestagswahlkampf beimessen?
Wir brauchen Forschung und Entwicklung, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen vor denen wir stehen bewältigen zu können. Mit unserer Forschungsförderung wollen wir Vernetzung, den interdisziplinären Austausch und Kooperationen stärker unterstützen. Die Freiheit der Forschung ist langfristig die wichtigste Voraussetzung für Innovation. Die Vielfalt der Wissenschafts- und Forschungslandschaft in Deutschland ist ein wichtiger Standortvorteil. Universitäten, Fachhochschulen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften, forschende Unternehmen und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen leisten hervorragende Arbeit. Wissenschaft ist gleichzeitig für die Menschen da. Wir brauchen hervorragende Lehre, exzellente Forschung, Verbund und Austausch zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, eine starke internationale Sichtbarkeit, gesellschaftliche Verantwortung und verlässliche Arbeitsbedingungen.
2. Was sind die Pläne der SPD im Bereich Forschung und Wissenschaft nach der Wahl?
Mit der SPD wird sich der Bund seiner gewachsenen Verantwortung im Wissenschaftsbereich stellen. Forschung braucht eine verlässliche Finanzierung. Deshalb wollen wir bis 2025 die gesamtwirtschaftlichen Forschungs- und Entwicklungsausgaben auf mindestens 3,5% des Bruttoinlandproduktes erhöhen. Um das zu erreichen, werden wir endlich eine steuerliche Förderung für Forschung und Entwicklung für den Mittelstand einführen und sie mit direkter Innovations- und Projektförderung kombinieren.
Wir werden die Grundfinanzierung der Hochschulen stärken sowie der außeruniversitären Forschung eine verlässliche Perspektive geben. Die befristeten Mittel der Wissenschafts- und Hochschulpakte werden wir auch nach 2019/20 erhalten und in eine verlässliche und dauerhafte Finanzierung überführen. Der Bund wird die neuen Möglichkeiten im Grundgesetz nutzen und in diesem Sinne gemeinsam mit den Ländern und der Wissenschaft die Grundfinanzierung der Hochschulen stärken. Den erfolgreichen Pakt für Forschung und Innovation werden wir als wichtige und verlässliche Säule dieser Architektur weiterentwickeln und dabei die Kooperation von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen stärken. Wir wollen zusätzliche Möglichkeiten für den Bund schaffen, Forschungseinrichtungen an Hochschulen direkt zu fördern. Insgesamt werden wir die Forschungsförderung des Bundes für Fachhochschulen verdoppeln. Für Projekte, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert werden, wollen wir die Programmpauschale (Overhead) auch nach 2020 fortführen.
Junge Talente sollen ihren Weg in der Wissenschaft gehen können. Deshalb wollen wir den Hochschulen und Forschungseinrichtungen Anreize für verlässliche Karrierewege geben. Unser Ziel ist es, Befristungen deutlich zu verringern, Gleichstellung in der Wissenschaft zu verankern und Diskriminierungen entgegenzuwirken. Wir setzen uns für einen Frauenanteil von mindestens 40 Prozent in Führungspositionen in der Wissenschaft ein. Deshalb wollen wir eine verbindliche Quote für alle direkt personalwirksamen Maßnahmen des Bundes. Darüber hinaus werden wir uns auch für verlässliche Beschäftigungsbedingungen für studentische Hilfskräfte einsetzen.
Wir brauchen eine nationale Strategie für Hochleistungsrechner, um die sprunghaft wachsende Nachfrage an Hochschulen und Forschungseinrichtungen nach Speicher- wie Rechenkapazität besser erfüllen zu können.
Wir werden zukunftsweisende Technologien fördern, die große Wertschöpfung mit neuen Arbeitsplätzen und Verbesserungen für das alltägliche Leben verbinden, beispielsweise in der Gesundheitswirtschaft, der Bio- und Nanotechnologie, den Umwelt- und Klimaschutztechnologien, in der Materialforschung oder Robotik. Hier kommt auch der Luft- und Raumfahrt eine wichtige Rolle für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland und die europäische Zusammenarbeit zu, die wir weiter stärken werden. Wir wollen die Übertragung von wissenschaftlichen Erkenntnissen auf die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen vorantreiben und für bessere Arbeitsbedingungen nutzen. Dafür werden wir die Transferförderung, die Validierungsforschung an der Schnittstelle zwischen Forschung und Anwendung sowie die Arbeits-, Berufsbildungs- und Dienstleistungsforschung weiter ausbauen. Wir stärken wissensbasierte Netzwerke von Wissenschaft, Industrie, Mittelstand und Startups, damit sie ihre zunehmenden Aufgaben in Forschung und Transfer besser wahrnehmen können.
Für Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen brauchen wir die Kreativität von Forscherinnen und Forschern. Sie benötigen für ihre Arbeit wissenschaftliche Autonomie und finanzielle Planungssicherheit. Forscherinnen und Forscher sollen aber auch mehr Spielräume erhalten, um ihre Forschungsthemen unabhängig von kurzsichtigen Aussichten auf Nutzen und Verwertungschancen wählen und verfolgen zu können. Wir werden dafür gemeinsam mit der Wissenschaft einen neuen Förderansatz schaffen, in dem potenziell disruptive Innovationen direkt und unbürokratisch ausprobiert werden können.
3. Im Positionspapier “Zukunftsvertrag für Wissenschaft und Forschung” spricht die SPD davon, dass “Deutschland ein gutes Beispiel geben [kann] für eine Wissenschaft, die ihre internationale Offenheit und Vernetzung vorantreibt und dennoch sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist, und für eine Gesellschaft, die wissenschaftliche Arbeit wertschätzt und ihre Ergebnisse respektiert – gleich ob diese politisch gefallen oder nicht”. Welche Rolle kommt für Sie dabei der Wissenschaftskommunikation zu?
Als führende Industrienation steht Deutschland in einem sich verschärfenden internationalen Wettbewerb. Innovation und Technologieentwicklung sind die entscheidenden Felder dieses Wettbewerbs. Wissenschaft und Forschung müssen gestärkt werden, auch in ihrem Renommee und ihrer internationalen Ausrichtung. Kommunikation über die wissenschaftliche Leistung ist dabei von entscheidender Bedeutung.
Deutschland beteiligt sich am gesellschaftlichen Dialog über die Chancen und Risiken neuer Forschungsfelder und Innovationen. Die großen gesellschaftlichen Herausforderungen erfordern Konzepte gegen Hunger, für Frieden, für medizinischen Fortschritt, neue soziale Kompetenzen sowie Antworten auf Veränderungen in der Arbeitswelt und Ideen für die Umwelt- und Energieforschung. Gerade auch hier muss die Vernetzung von sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen und einer umfassend verstandenen Wissenschaft stattfinden. Dazu leistet die Wissenschaftskommunikation ihren wichtigen Beitrag.
Der Trend zu Partizipation, Bürgerwissen (Citizen Science) und einer neuen Rolle der Zivilgesellschaft, eröffnet neue Chancen und Wege für die Forschungs- und Innovationspolitik. Hier müssen neue partizipative Ansätze konsequent ausgebaut und gefördert werden. Die breite Öffentlichkeit hat sich in den vergangenen Jahren in vielfältigen Partizipationsformaten eingebracht, um forschungspolitische Entscheidungen nachvollziehbar werden zu lassen.
Zu einer guten Forschung wird eine Nachwuchsförderung benötigt, die konzeptionell die Entwicklung des Menschen begleitet. Vom Wecken des frühkindlichen Interesses an wissenschaftsorientierten Fragestellungen bis zur Karriere in Forschung und Technik – Engagement und Kreativität in Wissenschaft, Forschung und Gesellschaft ist eng verbunden mit einer vernünftigen Arbeitsmarktpolitik und Kontinuität im Wissenschaftsbetrieb. Wir wollen die Akzeptanz bei Bürgerinnen und Bürgern für neue Technologien erhöhen. Mit Transparenz, Information und Beteiligung werden wir Befürchtungen abbauen und Ängsten vorbeugen. Die Zivilgesellschaft wird in den Innovationsdialog der Bundesregierung eingebunden. Die Ergebnisse des Dialogs werden veröffentlicht.