Was planen die Parteien für Wissenschaft und Wissenschaftskommunikation nach der Wahl? Wir haben alle Parteien, die realistischerweise nach dem 24. September im Bundestag sitzen werden, direkt danach gefragt. Bis auf die AfD haben alle unsere drei Fragen beantwortet. Wir präsentieren die Antworten in alphabetischer Reihenfolge. Heute geht es weiter mit der FDP.
#btw17: Drei Fragen an die FDP
1. Welchen Stellenwert wird die FDP der Wissenschaft im Bundestagswahlkampf beimessen?
Wir Freie Demokraten messen der Wissenschaft einen fundamentalen Stellenwert bei – nicht nur im Wahlkampf, sondern für unsere gesamte Gesellschaft. Hier wird die Grundlage für Innovation und damit Zukunft gelegt. Weltbeste Wissenschaft braucht dabei Freiraum und Unabhängigkeit sowie eine zuverlässige Finanzierung. Zudem sollen alle am Erkenntnisgewinn soweit wie möglich teilhaben können. Folglich steckt unser Wahlprogramm voller kreativer Ideen, wie die Rahmenbedingungen für Wissenschaftler und Forscher verbessert werden können. Dazu setzen wir uns auch für ein stärkeres Verständnis von technologischen Zusammenhängen und der Kooperation unterschiedlicher Disziplinen in der Forschung ein. Kreative Entwicklung und neue Ideen hat nur, wer den Blick über den Tellerrand wagt. Diese Notwendigkeit steigt im digitalen Zeitalter. Daher müssen wir schon von Kindesbeinen an ein Verständnis für technologische Zusammenhänge schaffen. Doch diese Verbundenheit darf nicht in der Schule enden: Auch in Wissenschaft und Forschung wollen wir die eigenverantwortlichen Hochschulen ermutigen, fächerübergreifende Themenverbünde zu stärken und setzen uns für eine Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen ein.
2. Was sind die Pläne der FDP im Bereich Forschung und Wissenschaft nach der Wahl?
Wir Freie Demokraten setzen uns für wissenschaftsfreundliche und forschungsaktivierende Rahmenbedingungen ein. Neben der generellen Grundlagenforschung wollen wir dabei verstärkt in zukunftsorientierte Bereiche, wie u.a. E-Health, Mobilität, aber auch Energie- und Meeresforschung investieren. Wir setzen uns für ein stärkeres Verständnis von technologischen Zusammenhängen und der Kooperation unterschiedlicher Disziplinen in der Forschung ein. Diese Notwendigkeit steigt im digitalen Zeitalter. In Wissenschaft und Forschung wollen wir die eigenverantwortlichen Hochschulen ermutigen, fächerübergreifende Themenverbünde zu stärken und setzen uns für eine Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen ein. Wir Freie Demokraten fordern die Unterstützung von Gründungen an und aus Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen heraus. Auch die Stipendienkultur muss sich stark verbessern. Wissenschaft und Forschung sind zudem die Impulsgeber für die Wirtschaft. Um Wissen und Fortschritt generieren zu können, müssen Hochschulen verstärkt mit anderen Akteuren außerhalb der Hochschule zusammenarbeiten und insbesondere zusammen forschen. Die oftmals artikulierte pauschale Forderung nach strikter Trennung von Wissenschaft und Wirtschaft verneint diese Tatsache und wird von der FDP abgelehnt.
Wir Freie Demokraten wollen schnellstens eine technologieoffene steuerliche Forschungsförderung einführen. Dadurch sollen die Unternehmen in Deutschland einen bestimmten Prozentsatz ihrer Personalaufwendungen für Forschung und Entwicklung als Steuergutschrift (Forschungsprämie) erhalten. Forschung und Innovationen werden also indirekt über das Steuersystem gefördert, ohne das aufwendige Antragsverfahren betrieben werden müssen. Das hilft insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen. Und gerade hier kommen oft neue Ideen her. Denn die Stärke unserer Wirtschaft liegt in der Innovationskraft der Unternehmen, in Spitzentechnologien, -produkten und -dienstleistungen.
Mit Blick auf die Innovationskraft unseres Landes und den internationalen Wettbewerb um die besten Wissenschaftler, sind exzellente Rahmenbedingungen, Planungssicherheit und Entwicklungsperspektiven im deutschen Wissenschaftssystem essentiell. Damit begabte und motivierte Hochschulabsolventinnen und -absolventen ihre Potenziale optimal entfalten können, bedarf es vor allem Verbesserungen in Bezug auf Anstellungskonditionen, Aufstiegsmöglichkeiten und Planbarkeit. Wir Freie Demokraten sind der Ansicht, dass es Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern ermöglicht werden muss, frühzeitig eine Assistenz-Professur (associate professor) zu erhalten. Diese Stellen sollen unbefristet sein und in die Besoldungsgruppen W2 und W3 eingeordnet werden. Die Assistenz-Professuren sollen Freiheiten bei der Personal- und Mittelbewirtschaftung sowie das Promotionsrecht erhalten. Für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler müssen darüber hinaus Möglichkeiten geschaffen werden, auf vollen Stellen an den Hochschulen zu bleiben und zu forschen, ohne dass sie hauptsächlich in Lehre und Verwaltung tätig sind. In einer modernen Arbeitswelt ist es auch wichtig, die Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Karriere zu stärken, zum Beispiel durch mehr Krippen- und Kita-Plätzen an Hochschulen und Doppelkarrieren für Top-Forscherinnern und -Forscher sowie deren Lebenspartner an beziehungsweise im Umfeld der Hochschule.
3. Die FDP schreibt in ihrem Beschluss “Chancen der digitalen Gesellschaft”, dass sich im Zuge der Digitalisierung die Frage “nach den Quellen, denen wir vertrauen können” (S. 8) stellt. Diese Frage stellt sich auch im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Informationen. Welche Aufgabe sehen Sie hier für die Wissenschaftskommunikation und welche politischen Maßnahmen wären dafür nötig?
Für uns Freie Demokraten ist wissenschaftlicher Fortschritt eine wesentliche Voraussetzung für gesellschaftlich Wohlstand und die freie Entfaltung des Einzelnen. Eine Teilhabe möglichst vieler Menschen am wissenschaftlichen Fortschritt streben wir an. Dabei geht es uns nicht nur darum, dass Menschen vom Fortschritt passiv profitieren, sondern dass sie auch verstehen, wie er erlangt wurde. Dafür ist die Wissenschaftskommunikation zentral. Ihre Aufgabe ist nicht nur, immer komplexer werdende Forschungen allgemeinverständlich aufzubereiten. Es werden zusätzlich klassische Übersetzungsleistungen erforderlich, da Wissenschaft immer stärker in englischer Sprache betrieben wird. Gleichzeitig können nur so unseriöse Quellen und Methoden enttarnt werden. Wir Freie Demokraten sind überzeugt, dass das heute notwendige Ausmaß an Wissenschaftskommunikation nicht aus den aktuellen Budgets finanziert werden kann. Wir wollen daher die Budgets der Hochschulen insgesamt erhöhen. Wissenschaftskommunikation muss auch in den so genannten Overheadkosten von Drittmitteln stärker berücksichtigt werden. Wir Freie Demokraten fordern den öffentlichen Zugang zu Forschungsergebnissen, die wesentlich aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Deutschland hat starke Köpfe in der Forschung. Damit auch die Allgemeinheit von den Ergebnissen profitieren kann, setzen wir uns für eine Open-Access-Politik ein: Ergebnisse und Publikationen, die wesentlich mit öffentlichen Geldern finanziert wurden, sollen unter Berücksichtigung eines Erstverwertungsrechts auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Wir fordern zudem die Online-Bereitstellung von Unterrichts- und Lehrmaterialien im Zusammenhang mit der universitären Lehre, sofern keine Rechte Dritter verletzt werden.