Bild: Freepik

Generative KI ist in der Hochschulkommunikation angekommen

Die Nutzung generativer KI-Tools wie ChatGPT hat die Hochschulkommunikation grundlegend verändert. Neue Umfragedaten aus dem Jahr 2024 zeigen, dass immer mehr Hochschulen die Technologien einsetzen, um effizienter und personalisierter zu kommunizieren. Hochschulforscher Justus Henke schildert, was das für die Praxis bedeutet.

Stellen Sie sich vor, Sie sind in der Kommunikationsabteilung einer Hochschule und verfassen täglich eine Vielzahl an Pressemitteilungen, Blogposts und Social-Media-Beiträgen. Bis vor kurzem war dies eine zeitraubende Aufgabe, doch jetzt unterstützt Sie ein KI-Tool dabei, diese Texte in Minuten zu erstellen. Oder denken Sie an ein Tool, das Übersetzungen und Transkriptionen nahezu fehlerfrei und blitzschnell erledigt. Generative Künstliche Intelligenz macht all dies möglich und verändert damit die Hochschulkommunikation grundlegend. Doch können wir solchen Inhalten vertrauen? Und wie viel menschliche Kontrolle ist weiterhin nötig?

Generative KI basiert auf großen Sprachmodellen wie GPT-4, die mit riesigen Datenmengen trainiert werden, um menschenähnliche Texte zu erzeugen. Diese Modelle können Texte verfassen, Übersetzungen erstellen und sogar Bilder und Videos generieren. Durch die Nutzung von Mustern und Strukturen in den Daten können sie Kontext analysieren und relevante, kohärente Inhalte erzeugen. Diese Fähigkeiten stellen gerade nicht nur in der Wirtschaft viele Prozesse auf den Kopf, sie haben bereits massive Auswirkungen auf die Wissenschaft – zum Beispiel innovative KI-Unterstützung in Forschungsprozessen, Anpassung von Prüfungsverfahren in der Hochschulbildung, aber auch hochproblematische wie KI-generierte Forschungsaufsätze oder automatisierte Peer Reviews.

Die Studie

„Einsatz generativer KI-Tools in der Hochschulkommunikation“ ist ein institutionelles Projekt des HoF, dass sich mit der Nutzung und den Herausforderungen generativer KI beschäftigt und dafür Kommunikationsabteilungen deutscher Hochschulen in den Blick nimmt. Aktuell sind zwei Befragungswellen (2023 und 2024) durchgeführt worden. Weitere Informationen die Forschungsberichte dazu unter: https://www.hof.uni-halle.de/projekte/hochki/

Neue Daten zur Nutzung von KI

Unsere aktuelle Erhebung unter Pressestellen deutscher Hochschulen aus dem Mai 2024 zeigt, dass 59 Prozent der befragten Kommunikationsabteilungen regelmäßig Textgenerierungstools wie ChatGPT nutzen. Übersetzungstools wie DeepL sind sogar bei 80 Prozent der Hochschulen im Einsatz. Private Hochschulen nutzen diese Werkzeuge sogar noch häufiger regelmäßig (75 Prozent) als öffentliche (60 Prozent). Andere KI-Tools etwa zur Bild- und Videoerstellung werden dagegen nur von wenigen Hochschulen regelmäßig genutzt. Dabei ist die Zufriedenheit mit den KI-Tools dennoch moderat. Qualität und Faktentreue sind hier häufig genannte Probleme. Dennoch werden die Effizienzsteigerung und die Anpassungsfähigkeit von Inhalten an verschiedene Kommunikationskanäle als Hauptvorteile dieser Technologien genannt.

Und es hat sich viel seit letztem Jahr verändert. Im Vergleich zur Vorgänger-Studie von 2023 hat sich die Nutzung von Textgenerierungstools deutlich erhöht – um 37 Prozentpunkte gegenüber 22 Prozent im Vorjahr und damit fast verdreifacht. Auch Übersetzungstools wie DeepL werden häufiger genutzt. Die Zufriedenheit bei der Nutzung ist allerdings nur leicht gestiegen. Bereits zuvor geäußerte Bedenken hinsichtlich der Faktentreue und des Datenschutzes bestehen weiterhin, während technische Probleme weniger bedeutsam geworden sind. Die Gewöhnung an die KI-Tools und der Gewinn an Erfahrungen über deren optimalen Einsatz werden hier gut erkennbar.

Der Einsatz von generativer KI in der Hochschulkommunikation bietet zahlreiche Vorteile: Effizienzsteigerung, Zeitersparnis und die Möglichkeit, Inhalte zu personalisieren. Viele Kommunikator*innen haben dies auch bereits erkannt. Doch es gibt auch erhebliche Herausforderungen, die die Bereitschaft zur Nutzung bremsen. Datenschutzbedenken und die Frage nach der Faktentreue der generierten Inhalte sind zentrale Themen. Jede siebte Hochschule hat der Studie zufolge bereits einen eigenen Chatbot eingerichtet und damit wichtige Datenschutzprobleme adressiert. Auch ethische Überlegungen spielen eine Rolle: Wie verändert sich die Rolle der Kommunikator*innen, wenn eine KI einen beträchtlichen Teil der Arbeit übernimmt? Wie können Hochschulen KI-gestützt kommunizieren und zugleich authentische Sprachrohre der Wissenschaft bleiben?

Nutzung generativer KI-Tools. Bild: Erhebung unter Pressestellen deutscher Hochschulen (Mai 2024). N=82

So gelingt der verantwortungsvolle Umgang mit KI

Die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten. Hochschulen müssen also lernen, KI-gestützt zu kommunizieren, indem sie klare Richtlinien und Schulungen zur Nutzung generativer KI-Tools entwickeln. Gleichzeitig müssen sie die Auswirkungen dieser Technologien auf Forschung und Lehre berücksichtigen. Die Vertrauenswürdigkeit und die Ziele der Kommunikation müssen – zumindest teilweise – neu definiert werden. Mit einer pragmatischen Perspektive kann man den Hochschulen nur dazu raten, die Chancen der KI nutzen, um ihre Kommunikationsstrategien zu optimieren, dabei aber stets die ethischen und datenschutzrechtlichen Herausforderungen im Blick zu behalten.

Es geht in den nächsten Jahren also darum, dass Hochschulen einen verantwortungsvollen Umgang mit KI – nicht nur in der Kommunikationsarbeit – finden und dabei auch die sich wandelnden Anforderungen und Erwartungen ihrer Zielgruppen berücksichtigen. Die Reflexion über die Authentizität der Kommunikation und die Produktion wissenschaftlichen Wissens unter den Bedingungen generativer KI wird dabei eine zentrale Rolle spielen.

Tipps für die Praxis

  • Jede siebte Hochschule hat bereits einen eigenen Chatbot implementiert und damit den Datenschutz deutlich verbessert. Grundsätzlich ist das gut möglich, da es zahlreiche datenschutzkonforme Lösungen gibt und auch mit selbst gehosteten Open-Source-Modellen wie Llama-3 sehr gute Ergebnisse erzielt werden können. Das Ziel sollte nicht sein, nun massenhaft KI-generierte Inhalte zu veröffentlichen. Stattdessen sind kleine Erfolge leicht zu organisieren, wenn man sich anschaut, welche redaktionellen oder organisatorischen Prozesse von KI-Unterstützung profitieren.
  • Viele Dienste sind erst dann professionell nutzbar, wenn man Geld für Abonnements und API-Zugänge in die Hand nimmt. Derzeit wird in den Kommunikationsabteilungen noch wenig für KI ausgegeben, was die Qualität und die Zufriedenheit mit den Ergebnissen beeinträchtigt. Dabei geht es nicht einmal um riesige Summen, aber mehr Investitionsbereitschaft zahlt sich aus. Die Nutzung von generativer KI ist noch stark von Effizienzgedanken getrieben. Dabei lohnt es sich, Einsatzmöglichkeiten für qualitative Verbesserungen der Kommunikation mit KI-Unterstützung zu prüfen, etwa passfähige multimodale Kommunikationsangebote für Studieninteressierte.
  • Mittelfristig sollten aus der Community Leitlinien guter Praxis der KI-Unterstützung in der Hochschulkommunikation heraus entwickelt werden, die neben den Chancen auch Maßnahmen zur Absicherung vertrauenswürdiger Kommunikation klar benennt.

Weiterlesen

Henke, J. (2024). Navigating the AI era: university communication strategies and perspectives on generative AI tools. Journal of Science Communication23(3), A05. https://jcom.sissa.it/article/pubid/JCOM_2303_2024_A05/

Die redaktionelle Verantwortung für diesen Gastbeitrag lag bei Anna Henschel. Gastbeiträge spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung unserer Redaktion wider.