Hochschulen kommunizieren mit der Öffentlichkeit – offline wie online. Doch bisher ist wenig bekannt darüber, wie und in welchem Umfang sie das tun. Nun liegt eine Studie vor, die sich die Onlineaktivitäten näher angeschaut hat. Wir stellen die Untersuchung hier vor und fassen die Ergebnisse zusammen.
Alle dabei? Online-Kommunikation von Hochschulen
2014 gab es in Deutschland, Österreich und der Schweiz 190 promotionsberechtigte Hochschulen. Öffentliche Sichtbarkeit und Selbstthematisierung sind für sie wichtig, um unter heutigen Rahmenbedingungen ihre Arbeit zu legitimieren. Julia Metag (Université de Fribourg) und Mike S. Schäfer (Universität Zürich) haben untersucht, ob und wie diese Hochschulen online mit der Öffentlichkeit kommunizieren.
Methodik
Die beiden Kommunikationswissenschaftler analysierten mit Hilfe einer quantitativen Inhaltsanalyse Webseiten, Facebook- und Twitterauftritte der Hochschulen sowie darauf veröffentlichte Beiträge. Erfasst wurden dabei Selbstthematisierung, Adressierung von klassischen Massenmedien, Hypertextualität, Multimedialität und Interaktivität der Auftritte im Ganzen sowie bei drei Beiträgen pro Webseite und fünf Facebook-Posts bzw. Tweets pro Hochschule. Nach Abschluss der Datenerfassung bildeten sie dann mit Hilfe einer Clusteranalyse Gruppen mit ähnlichen Merkmalen und untersuchten zudem, inwiefern sich mögliche Erklärungsfaktoren, wie Studierendenzahl oder finanzielle Ressourcen, auswirken. Die Daten selbst wurden innerhalb einer Woche im Jahr 2014 erhoben und beschränken sich auf die zentralen Webseiten der Hochschulen und hochschuleigene Social-Media-Auftritte. Kommunikationsbemühungen einzelner Lehrstühle, Institute oder Studiengänge wurden also nicht näher betrachtet.
Ergebnisse:
Metag und Schäfer gliedern ihre Untersuchungsergebnisse anhand von drei Forschungsfragen:
1. Wie gestalteten sich die Inhalte der Online-Kommunikation von deutschen, österreichischen und Schweizer Hochschulen?
Alle Hochschulen hatten eine Webseite, zusätzlich betrieben 78 % eine Facebookseite und 61 % einen Twitteraccount.
Fasst man die Hochschulen zusammen, so erreichte die Selbstthematisierung, also die Platzierung eigener Themen in der Online-Kommunikation, einen Wert von 38 Punkten bei 90 möglichen [Fußnote: Bei 90 Punkten wäre in jedem Beitrag Selbstthematisierung betrieben worden, bei 0 in keinem.]. Wobei insbesondere auf den Webseiten fast ausschließlich Selbstthematisierung betrieben wurde.
86 % der Hochschulen hatten auf ihren Webseiten ein eigenes Ressort für traditionelle Medien, aber in den untersuchten Beiträgen wurden diese nur in 22 % der Fälle direkt angesprochen, etwa durch die explizite Kennzeichnung eines Beitrags als Pressemitteilung.
Links, als Indikator für Hypertextualität, fanden sie vor allem in Beiträgen auf den Webseiten, bei Facebook und Twitter eher selten, so dass auch hier nur ein mittlerer Wert von 6,5 von 15 möglichen Punkten erreicht wurde.
Multimediale Inhalte kamen selten vor. Zwar wurden häufig Bilder in Webseitenbeiträge eingebunden, aber nur bei 55 % der Facebookposts. Videos kamen nur in 5 % aller erfassten Posts vor.
Die Online-Kommunikation zeichnet sich dagegen, so die beiden Forscher, durch eine hohe Interaktivität in den Sozialen Netzwerken aus. So war es beispielsweise auf 74 % der Seiten möglich selbst Beiträge zu posten und auf allen Facebookseiten konnten Besucher kommentieren. Auf den Webseiten der Hochschulen war dies hingegen nur in 22 % der Fälle möglich.
2. Lassen sich die Hochschulen anhand ihrer Online-Kommunikation in verschiedene Gruppen einteilen?
Metag und Schäfer identifizieren mit Hilfe der von ihnen erfassten Merkmale fünf Gruppen von Hochschulen:
- Social-Media-Spezialisten
Die 36 Hochschulen dieser Gruppe waren in ihrer Kommunikation stark auf Facebook und Twitter ausgerichtet. Sie hatten zudem die höchsten Werte bei Selbstthematisierung und nutzen am häufigstens Hyperlinks und multimediale Inhalte. Feedbackoptionen auf ihren Webseiten waren hingegen im Vergleich kaum zu finden und auch traditionelle Massenmedien wurden seltener adressiert. Als Beispiele nennen die Autoren die Universität Mainz, die ETH Zürich und die Universität Linz.
- Allrounder
Als Allrounder machen Metag und Schäfer 30 Hochschulen aus, die sowohl über Social Media als auch über ihre Webseiten kommunizierten. Die Webseiten boten zudem oftmals interaktive Elemente, z. B. Kommentarfunktionen. In diese Kategorie fallen unter anderem die Universität Köln und die TU Dresden.
- Verweigerer
Wie der Name schon vermuten lässt, werden hierunter die 21 Hochschulen gefasst, die in der Untersuchung die niedrigsten Werte bei fast allen erfassten Merkmalen hatten. Sie betrieben kaum Selbstthematisierung und hatten nur wenige interaktive und multimediale Elemente. Dazu zählen die Akademie der Bildenden Künste Wien oder die Universität Rostock.
- Traditionelle
Die ‘traditionellen’ Hochschulen waren ebenfalls zurückhaltend bei der Online-Kommunikation. Sie adressierten aber häufiger traditionelle Massenmedien als die Verweigerer. Zu finden sind in dieser Gruppe unter anderem die Universität Paderborn und viele pädagogische Hochschulen.
- Mainstream
Mit 70 Hochschulen die größte Gruppen bilden Hochschulen deren Werte meist nah am Durchschnitt liegen. Es fand sich keine überdurchschnittlich starke Selbstthematisierung und auch die Verwendung von Links, multimedialen Inhalten und interaktiven Elementen blieb im Durchschnitt. Die meisten hatten zudem ein eigenes Ressort für klassische Massenmedien auf ihrer Webseite. Die Universität Mannheim oder auch die Universität Sankt Gallen zählen zu dieser Gruppe.
3. Kann die Zuordnung zu den Gruppen mit Hilfe von Strukturmerkmalen der Hochschulen erklärt werden?
In die Gruppe der Allrounder als auch in die der Social-Media-Spezialisten fallen überwiegend die größten Hochschulen – sowohl in Hinsicht auf Studierenden- und Mitarbeiterzahl als auch hinsichtlich des Budgets. Die Kommunikationsabteilungen hatten hier durchschnittlich sechs bis sieben Mitarbeiter.
Die Verweigerer setzten sich hingegen vor allem aus Hochschulen mit kleinem Budget und relativ wenigen Mitarbeitern und Studierenden zusammen. Ihre Kommunikationsabteilungen hatten entsprechend auch im Schnitt nur zwei Mitarbeiter.
Traditionelle und Mainstream-Hochschulen wiesen ähnliche Strukturmerkmale auf: Ihre Mitarbeiter- und Studierendenzahl sowie das Budget lagen im Mittelfeld. Gemittelt beschäftigten sie vier Personen in ihren Kommunikationsabteilungen.
Statistisch erwies sich laut den beiden Autoren auch tatsächlich die Größe der Hochschulen [Fußnote: Um die Größe einer Hochschule zu bestimmen benutzen Metag und Schäfer hier die Studierendenzahl. Budget und Mitarbeiterzahl wurden nicht miteinbezogen, da diese sehr stark mit den Studierenden korreliert hätten.] als das Strukturmerkmal mit dem die meisten Zuordnungen zu den Gruppen erklärt werden können.
Schlussfolgerungen
Metag und Schäfer halten fest, dass Online-Kommunikation flächendeckend von den Hochschulen genutzt wird. Webseiten seien inzwischen Standard und sowohl Twitter als auch Facebook zumindest weit verbreitet.
Auffällig sei hingegen die geringe Adressierung der klassischen Massenmedien in den untersuchten Beiträgen. Die beiden Wissenschaftler führen dafür zwei mögliche Erklärungen an: Zum einen sei es möglich, dass die traditionellen Massenmedien gar nicht der Adressat der Online-Kommunikation sind und zum anderen könnten spezialisierte Dienstleister, wie idw oder EurekAlert, die direkte Ansprache überflüssig machen.
Insgesamt stellen sie eine Normalisierungstendenz in der Online-Kommunikation von Hochschulen fest: Ähnlich wie etwa auch in der politischen Kommunikation würden sich inzwischen offline bestehende Unterschiede auch online zeigen. Kurz: Große Hochschulen können auch online mehr kommunizieren als kleine.
Unterschiedliche Legitimationsstrategien und -zwänge halten sie hingegen nicht für ausschlaggebend. Schließlich bekämen etwa private Hochschulen oftmals ebenfalls Steuergelder und müssten gleichzeitig noch um zahlungskräftige Studierende werben – trotzdem finden sich viele in der Gruppe der Verweigerer wieder.
Einschränkungen
Die zwei Kommunikationswissenschaftler haben eine umfangreiche Analyse der Online-Kommunikation deutscher, österreichischer und Schweizer Hochschulen vorgelegt. Trotzdem hat auch diese Studie ihre Grenzen, etwa in Bezug auf die erfassten Merkmale: Das bloße Vorhandensein eines Twitteraccounts als Indikator für die Interaktivität der Kommunikation zu werten ist zu vereinfachend. Auch die Möglichkeit, auf einer Facebookseite Kommentare zu hinterlassen, ist nur ein sehr schwacher Indikator für Interaktivität.
Darüberhinaus war die Stichprobe zwar sehr groß, es wurden aber nur relativ wenige Beiträge in einem relativ kurzen Zeitraum untersucht. Zudem wurden Kommunikationsaktivitäten außerhalb der offiziellen Webseite bzw. Facebook- und Twitter-Auftritte nicht beachtet. Man kann außerdem vermuten, dass sich seit 2014 im Bereich Online-Kommunikation auch bei den Hochschulen einiges getan hat – wobei diese Zeitverzögerung sich bei Publikationen kaum vermeiden lässt, den Autoren also nicht anzulasten ist.
Ebenfalls sind keine Aussagen über Qualität, Wirkung und Erfolg der Kommunikationsaktivitäten möglich – auch wenn dies Bezeichnungen wie “Social-Media-Spezialisten” oder “Verweigerer” nahelegen. Damit bleibt ein wichtiger Teil der Online-Kommunikation unbeachtet, wie Metag und Schäfer selbst einräumen.